Mutter bei die Fische
kam direkt von vorn, und er wurde stärker. Ebenso der Regen, der jetzt noch in vereinzelten dicken Tropfen fiel, aber bald schon waagerecht übers Land jagen würde. Falk verdammte sich, dass er sich von Bertie hatte einspannen lassen. War das der Dank dafür, dass er Bertie zu einer besseren Position verholfen hatte?! Jetzt hatte er das Heer der Komparsen alleine an der Backe, Bertie machte einen auf stumm und ging nicht mehr an sein Handy.
Falks Feierabend war im Eimer. Er könnte jetzt so gemütlich in seiner Halle sitzen und mit Nille Kaffee trinken. Stattdessen riss er sich hier drauÃen den Arsch auf. Na warte, Bertie, das zahl ich dir heim, dachte Falk, während er verbissen in die Pedale trat.
Am Campingplatz angekommen, war Franziska nirgendwo zu sehen, stattdessen konnte man vereinzelte junge Männer in den Dünen sehen, die sich im aufkommenden Sturm mit ihren Zwei- und Dreimannzelten abkämpften. Falk war skeptisch, ob diejenigen, die heute auf dem Campingplatz bleiben konnten, wirklich das groÃe Los zogen. Vermutlich war Franziska jetzt irgendwo auf dem weitläufigen Gelände mit ihrem Mann Roland unterwegs, um den armen Statisten beim Zeltaufbau unter die Arme zu greifen.
Die andere Hälfte der Komparsen hatte sich bereits zusammengerottet, einige hielten Zeltplanen über die Köpfe, um sich vor dem aufkommenden Starkregen zu schützen.
Falk steuerte den Komparsenführer an und erklärte ihm die Lage. Der Mann nickte nur stumm und wurde immer blasser, als ihm klar wurde, dass die nächtliche Unterbringung alles andere als gesichert war. Bei dem Anblick des Häufchen Elends vor ihm und der Menge junger Männer, die sich wie Schafe auf dem Weg zur Schlachtbank ergeben in ihr Schicksal fügten, packte Falk die kalte Wut. Er nahm das Megaphon zur Hand und brüllte Befehle hinein.
»Achtung! Wir marschieren jetzt! In Zweierreihen Aufstellung nehmen, Gepäck auf den Buckel und dann im Trab hinter mir her! Aber zackig!«
Das war so ungefähr die militärischste Ansage, die Wehrdienstverweigerer Falk auf dem Kasten hatte. Aber es funktionierte. In Windeseile hatten sich die Männer aufgestellt, und dann zogen sie in geordneten Zweierreihen durch die Dünen zur StraÃe am Leuchtturm. Dort waren vereinzelt Radler unterwegs, die es schnell noch in ihre kuscheligen Feriendomizile schaffen wollten, bevor das groÃe Nordseeunwetter losbrach. Die Urlauber warfen den jungen Männern, die von Falk auf dem Fahrrad angeführt wurden, irritierte Blicke zu, denn die Truppe wirkte tatsächlich wie Soldaten im verdeckten Einsatz: Die Haare der Jungs waren bereits in Hamburg von der Maskenbildnerin militärisch kurz geschoren worden, und das Marschgepäck und die Zweierformation taten das Ihre, um den Eindruck des Militärischen zu verstärken. Eine gute Ãbung für den morgigen Drehtag, dachte Falk verschmitzt.
SchlieÃlich erreichten sie Falks Lagerhalle, die unweit von Tüdersens Strand in den Dünen lag. Falk bedeutete seiner Einheit, dass man am Ziel angelangt sei â keine Minute zu früh, denn nun begann es aus vollen Eimern zu schütten. Falk öffnete das groÃe Metalltor, und innen, in der warmen Halle, saà ein gutgelaunter Nille vor dem Bullerofen, ölte penibel ein paar Schlösser und lauschte dem Sandmännchen, das gerade, vor den 18-Uhr-Nachrichten, den Kinderfunk beendete. Als er Falk sah, grinste er und legte den Finger an die Lippen.
»Wir haben Besuch«, platzte Falk in das Idyll. Und noch bevor er Nille behutsam auf die Ankunft von über siebzig tropfnassen Statisten vorbereiten konnte, wurde ihm das Metalltor aus der Hand gerissen, und die jungen Männer drängten sich Hals über Kopf in die Lagerhalle. DrauÃen tobte der Sturm, und alle versuchten, noch rechtzeitig das rettende Dach über dem Kopf zu erreichen.
Falk konnte es ihnen nicht verübeln und schob noch die Letzten in die Halle, bevor er das Metalltor hinter sich zuzog. In Sekundenschnelle begann die Luft in der Halle von den nassen Klamotten und den Ausdünstungen der mehr als siebzig Männer zu dampfen. Die Jungs schoben und drückten, alle sprachen durcheinander, und Falk sah keine andere Möglichkeit, als sich erneut mit Hilfe des Megaphons Gehör zu verschaffen.
»Rückt nach hinten durch, verteilt euch bis zum Ende der Halle, setzt euch in die Strandkörbe, wenn ihr könnt. Keine
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