Mutter bei die Fische
sich nach den drei Dörfern, dem Strand und den Insulanern. Er wusste auÃerordentlich gut Bescheid, und Falk, der sich wunderte, dass sich der Typ für den kurzen Aufenthalt so gut eingearbeitet hatte, unterhielt sich gerne mit dem aufgeschlossenen Jungen.
In gut zwanzig Minuten hatten sie die Bushaltestelle beim Campingplatz erreicht, wo ein versprengtes Häuflein Statisten bereits auf sie wartete. Gerade als Falk sich des Eindrucks nicht erwehren konnte, dass er vom Anlanden der Fähre bis zur Ankunft beim Campingplatz einen Teil des Komparsenheeres verloren hatte, verabschiedete sich auch der junge Mann, mit dem er sich so nett unterhalten hatte. Falk war erstaunt.
»Wohnst du nicht mit den anderen auf dem Campingplatz?«
Der Junge schüttelte den Kopf.
»Nee, ich hab mit dem Film nichts zu tun. War Zufall. Ich wollte sowieso auf die Insel, und als die Fähre da lag, bin ich halt rauf. Dass die alle vom Film sind, wusste ich nicht.«
Er lachte und hob zum Abschied lässig die Hand. »Man sieht sich!«
Dann drehte er sich um und wanderte die StraÃe weiter in Richtung Tüdersen, dem nächsten kleinen Ort nach Norderende. Schade, dachte Falk, der Einzige, der ihm vom Film einigermaÃen sympathisch war, war natürlich gar nicht vom Film. Er sah dem Typ noch kurz hinterher und hatte für den Bruchteil einer Sekunde das Gefühl, dass ihm diese Silhouette irgendwie bekannt vorkam. Doch dann verwarf er den Gedanken wieder und schlug sich, gute hundert Männer im Schlepptau, in die Dünen.
»Nee. Keine Chance.« Franziska lieà ihre Augen über die Komparsen gleiten, die sich erschöpft, als hätten sie eine Tagestour hinter sich, in den Sand hatten fallen lassen.
Franziska führte mit ihrem Mann Roland zusammen den Campingplatz von Heisterhoog, der sich zwischen Leuchtturm und Norderende unauffällig in die Dünen schmiegte. Es war ein groÃer Platz, inklusive eines FKK -Bereichs und des Quartiers für die Dauercamper, aber Franziska hatte Falk nur entgeistert angestarrt, als dieser mit den Leuten im Schlepptau angekommen war.
»Aber hat euch denn niemand angerufen und gebucht?«, fragte Falk, der seinerseits aus allen Wolken gefallen war, als Franziska ihm sagte, dass sie allenfalls für die Hälfte der Männer einen Platz hatte.
»Nee!« Franziska steckte sich eine ihrer langen weiÃen Eve-Zigaretten an und sog daran derart heftig, dass Falk befürchtete, die Glut würde in einem Rutsch die Zigarette verbrennen und dann noch Franziskas Finger. Dann stakste Franziska in ihren hautengen weiÃen Caprihosen, GröÃe 46, und den Holzclogs mit Absatz in ihr Büro. Sie winkte Falk mit der Zigarettenhand und bedeutete ihm, ihr zu folgen. Im Büro schlug sie ihr groÃes, in schwarzes Kunstleder gebundenes Buchungsheft auf und fuhr mit dem dicken Finger darin herum.
»Siesse, Falk, alles voll! Mensch, jetzt kommen erst mal die Ferienlager, Katholische Jugend, Pfadfinder, Klassenreisen. Gruppen hammwa hier, da träumse von.« Ein rasselnder Raucherhusten unterbrach Franziskas vom Gelsenkirchener Dialekt gefärbtes Lamento.
»Da müssen die vom Film woll früher aufstehn.« Sie schob die angegilbte Spitzengardine vor ihrem Bürofenster zur Seite, warf einen Blick auf die im Sand liegenden Komparsen und seufzte. »Die armen Jungens.« Sie zog an der Zigarette, kniff die Augen zusammen und sah Falk durch den ausgestoÃenen Rauch scharf an. »Die eine Hälfte nehme ich dir ab.«
Wie auf dem Viehmarkt, dachte Falk für sich, laut aber fragte er: »Und was mache ich mit der anderen?«
Franziska schlug das Buchungsheft mit einem Knall zu und zuckte mit den Schultern.
»Keine Ahnung.« Und als könnte sie Falks Ratlosigkeit damit abmildern, hielt sie ihm ihre geöffnete Blümchenpackung mit den langen weiÃen Zigaretten hin. »Auch eine?«
5.
Biggi servierte ein Teechen, während Jörn Falk über seine Halbbrille hinweg mitleidig anguckte.
»Das geht ja schon gut los«, meinte er.
Falk nickte. »Ich hab natürlich sofort Bertie angerufen. Und der hat dann irgendeinen anderen angerufen und der wieder einen und so weiter. Fazit ist: Keiner ist schuld, niemand versteht, wie das passieren konnte, groÃer Mist bla, bla, bla. Fakt ist aber: Wir haben siebzig Jungs ohne Schlafplatz. Und es sieht nach Regen aus.«
Beide blickten zum Fenster, wo der Wind
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