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Mutter bei die Fische

Mutter bei die Fische

Titel: Mutter bei die Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Matisek
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Richtung durch sie hindurchquetschte, und Falk entschied sich, den Gegenverkehr abzuwarten. So eilig konnte es ja wohl nicht sein.
    Doch Bertie hatte mittlerweile ein Megaphon zu Hilfe genommen, um Falk zu sich zu zitieren.
    Â»Falk, verdammt, komm doch mal her, urgent !«, scholl es durch die Flüstertüte, und Falk bekam eine schwache Vorahnung von dem Irrenhaus, in das sich Heisterhoog durch das Filmteam verwandeln würde.
    Er wurstelte sich durch die Fußgänger, die, allesamt mit Isomatten, Schlafsäcken und Zelten ausgestattet, ziellos umherirrten, und trat an den Bulli, in dem Bertie saß. Anstatt einer netten Begrüßung unter Kumpels begann Bertie sofort, hektisch auf Falk einzuquasseln.
    Â»Hör mal, du, der Statistenführer hat die Fähre verpasst, der kommt dann mit der nächsten nach. Wir brauchen jemanden, der die Leute zum Campingplatz bringt, ja?!«
    Falk starrte Bertie verständnislos an. Er sollte das Filmteam eigentlich nur begrüßen und zur Verfügung stehen, falls Fragen auftauchten. Dann wollte er sofort wieder zu Nille in die Lagerhalle fahren und darauf warten, dass Bertie Zeit hätte für ein Bierchen in der »Feuerqualle«. Jetzt erteilte Bertie ihm Arbeitsbefehle – Falk glaubte sich wortwörtlich im falschen Film.
    Bertie, der sah, dass Falk nicht sofort begeistert reagierte, setzte nach. »Nur zum Campingplatz, ja? Die wissen ja nicht, wo sie hinsollen.« Er drückte Falk das Megaphon in die Hand. »Da, das wirst du brauchen. Es sind hundertfünfzig Leute, sieh zu, dass du die alle zusammenkriegst. Ich meld mich später. Ciao, ciao!« Dann gab der Bulli Gas, ohne im Geringsten Rücksicht auf die Passanten zu nehmen, und Falk blieb mit dem Megaphon und einem undankbaren Auftrag zurück. Er war stinksauer auf Bertie, aber er erkannte auch, dass Wut ihn jetzt nicht weiterbringen würde, also wartete er, bis die Fahrzeuge der Filmproduktion sich zerstreut hatten. In der Ferne erkannte er Hubert von Boistern, der drei Figuren in seinen weißen Mercedes Jeep half und dann mit einem Affenzahn und lautem Hupen die Landebrücke verließ. Falk setzte das Megaphon an die Lippen und bat alle Statisten, die zum Campingplatz wollten, sich bei der Bushaltestelle einzufinden.
    Eine Viertelstunde später hatte sich eine Menge aufgeregter Kleindarsteller um Falk geschart, der unmöglich den Überblick behalten konnte, ob die Menge vollzählig war oder nicht. Der Bus, der laut Plan in fünf Minuten eintreffen sollte, würde aber nur achtzig Leute aufnehmen können, also müsste die andere Hälfte zu Fuß zum Campingplatz laufen. Nicht weiter tragisch, denn die Strecke führte nur ein kleines Stück aus Norderende hinaus in die Dünen, in einer halben Stunde konnte man den Campingplatz von der Mole aus erreichen. Falk war ohnehin mit seinem Fahrrad da und beschloss, den Fußtrupp anzuführen. Die anderen sollten mit dem Bus fahren und an der Haltestelle auf ihn warten.
    Er machte eine weitere Megaphondurchsage, was nervöse Aufregung in das Heer der Statisten brachte, die es offensichtlich gewohnt waren, immer nur im geschlossenen Rudel aufzutreten und einheitliche Anweisungen entgegenzunehmen. Die Entscheidung, ob sie den Bus nehmen oder zu Fuß laufen sollten, war für den Großteil der jungen Männer eine Entscheidung zu viel. Falk lief also los, und ihm folgten weit über die Hälfte der Komparsen, die mit ihren Rucksäcken und Zelten und den offensichtlich jetzt schon auf 1944 getrimmten Haarschnitten wirkten wie Bundeswehrrekruten auf ihrem ersten langen Marsch mit Gepäck. Zu Beginn gab es ein kleines Gedrängel um den Platz an der Spitze, neben Falk, aber als die Ersten mitbekommen hatten, dass Falk mit dem Filmteam gar nichts zu tun hatte, flaute das Interesse an ihm rasch ab. Die Fragen danach, wo der Produzent wohnte oder wie hoch die Gage der Hauptdarsteller war oder was man unternehmen konnte, um an einen Satz aus dem Drehbuch zu kommen, konnte Falk allesamt nicht beantworten, und noch schlimmer: Er zeigte keinerlei Interesse daran, was dazu führte, dass sich von den Komparsen kaum noch einer mit ihm unterhalten wollte. Stattdessen tauschten sie untereinander Anekdoten von ihren Erlebnissen bei anderen Drehs aus.
    Lediglich einer der jungen Männer ging beharrlich neben Falk her, und er zeigte reges Interesse, nicht am Film, sondern an Heisterhoog. Er erkundigte

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