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Mutter bei die Fische

Mutter bei die Fische

Titel: Mutter bei die Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Matisek
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und Thies hatten Widerworte gegeben, und trotz der Vermittlungsversuche von Jörn Krümmel und Pfarrer Päffgen war sofort der schönste Streit entflammt. Die Fronten blieben immer dieselben, hatte Falk gedacht und mal wieder Automatix, den Schmied, und Verleihnix, den Fischhändler, aus »Asterix« vor Augen gehabt.
    Außerdem hatte Hubsi mit großer Geste angekündigt, dass er das nächste Mal gerne einen Gast zum Chorsingen mitbringen würde, und ein ganz großes Geheimnis um dessen Identität gemacht. Auch diese Idee stieß nicht auf allzu viel Gegenliebe bei den Insulanern. Man schätzte keine Fremden beim Shantysingen, und überhaupt: Wieso sollte Hubert von Boistern sich herausnehmen, jemanden mitzubringen, ohne zu fragen, wenn das anderen auch nicht erlaubt war und so weiter und so fort.
    An diesem Samstagabend wurde also weniger gesungen als debattiert, und Falk, der von Jörn ohnehin wegen seiner Erkältung vom Singen ausgeschlossen wurde, hatte sich vorgenommen, Piet ein bisschen auf den Zahn zu fühlen. Ohne Ergebnis allerdings, denn der Fischpirat war wie immer gewesen: freundlich, ruhig und ohne besondere Kennzeichen. Falk fragte sich, was Piet für einer war, welche Absichten er mit Grit hatte und was bereits hinter ihm lag. Er war ein nett anzusehender Single um die fünfzig, der würde doch schon die ein oder andere Beziehung hinter sich haben. Eine Ehe vielleicht oder mehrere? Hatte er Kinder? Oder lebte er am Ende noch bei seinen Eltern? Aber egal, ob es nun an Falk lag, der sich scheute, Piet allzu konkrete Fragen zu stellen, oder an Piet, der typisch norddeutsch wortkarg war – Falk war nach dem Samstagabend nicht schlauer als zuvor.
    Von Grit hatte Falk das Wochenende über ebenso wenig etwas gehört wie von Bertie. So sehr sich Falk um Kontakt zu Bertie bemüht hatte (gefühlte fünfzig SMS mit der dringenden Bitte, sich wegen der Komparsen zu melden, woraufhin Bertie gefühlte hundert verschiedene Ausreden zurückgeschickt hatte, warum er sich bei Falk jetzt gerade auf gar keinen Fall melden konnte), so sehr hatte Falk es andererseits vermieden, seine Mutter über seine Erkältung zu informieren, denn diese wäre besorgt in seine Kate geeilt und hätte ihn gesund gepflegt: mit scharfer Hühnerbrühe, Lindenblütentee und Kochsalzinhalationen. Obwohl Falk sich nach nichts mehr sehnte, als im Bett zu liegen und von einer liebenden Mutter umsorgt und umhegt zu werden, wäre es ihm auch peinlich gewesen, seine Mutter damit um ihren Liebesurlaub zu bringen. Der erwachsene Sohn einer alleinerziehenden Mutter macht aus Eifersucht auf deren neuen Freund einen auf krank – diesen Beigeschmack hätte das in seinen Augen gehabt.
    Und so saß er nun, Dienstagmittag, allein und krank in seiner Strandhütte und fühlte sich elend. Den neuesten Krimi eines schwedischen Erfolgsautors hatte er nach sieben Seiten weggelegt, weil seine Augen brannten und er Kopfweh vom Lesen bekam. So badete Falk lediglich ein bisschen in Selbstmitleid.
    In diesem Zustand fand ihn sein Strandnachbar Thies. Wie immer hatte Thies sich eine Selbstgedrehte lässig in den Mundwinkel geklemmt, heruntergetretene Cowboy-Boots zur engen schwarzen Jeans, und über dem weit offenen schwarzen Hemd prangte das obligatorische rote Halstuch. Dazu trug Thies heute wieder den goldenen Sheriffstern. Im vergangenen Jahr hatte Falk noch gedacht, dass es sich bei dem Stern um einen billigen Faschingsscherz handelte, aber dann hatte er miterleben dürfen, wie Thies am Strand für Ordnung sorgte, und wusste, dass es ihm verdammt ernst war mit dem Titel.
    Thies lehnte sich in den Türrahmen, kaute nachdenklich auf seiner Kippe und musterte Falk. Eine Spur zu amüsiert, wie Falk fand.
    Â»Wann machst du heute dicht?«, knarzte Thies aus dem zigarettenfreien Mundwinkel.
    Falk schnaubte geräuschvoll in ein frisches Taschentuch und zielte auf den Mülleimer. »Nachher. Gleich.« Er nieste beim Abschuss und warf daneben. »Eigentlich fon geftern.« Falk seufzte.
    Â»Das ist gut.« Thies nickte und paffte eine dicke Wolke Tabakqualm in Falks Hütte. Woraufhin dieser prompt einen Hustenanfall bekam.
    Â»Mach die Bude ruhig mal dicht für heute«, setzte Thies nach. »Is ja nich grad viel los.«
    Falk, der langsam wieder Luft bekam, wunderte sich über Thies’ ungewohnte Anteilnahme. Es interessierte seinen Nachbarn

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