Mutter bei die Fische
schon die ersten Minuspunkte eingeheimst.
Der mit dem Puschelgnom fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut und wollte Einspruch erheben. »Was soll ân das werden?«, fragte er mit unverhohlen schlechter Laune. »Wir sind hier für den Rettungsschwimmerjob, nicht bei der Musterung. Das hab ich schon hinter mir, ey.«
»So?« Thies baute sich vor ihm auf und verschränkte die Arme. »Und? Was gelernt?«
Gnom-Mann zog trotzig die Mundwinkel nach unten. »Dass ich mich nicht von jedem anscheiÃen lassen muss zum Beispiel«, gab er zurück.
»Und was ist mit Gehorsam? Hast du dich deinen Vorgesetzten gegenüber auch so benommen?« Thies schob sein Gesicht näher an das von Gnom-Mann. Dann spuckte er seinen Priem genau vor dessen FüÃe in den Sand.
Gnom-Mann verzog angeekelt die Mundwinkel und ging zwei Schritte zurück. »Sie haben doch einen an der Waffel«, murrte er, »das muss ich mir echt nicht geben.« Dann trat er, ohne sich zu verabschieden, den Rückzug an.
Falk machte in der Spalte »Gnom-Mann« einen groÃen Strich. Der Typ war ihm auf Anhieb unsympathisch gewesen, aber er musste sich eingestehen, dass er recht hatte. Was Thies da abzog, war irgendwie unverschämt und unter seiner Würde. Andererseits kannte Falk seinen Nachbarn gut genug, um zu wissen, dass es besser war, die Jungs wussten von vornherein, worauf sie sich einlieÃen. Thies war launisch und manchmal unbeherrscht. Allerdings auch eine treue Seele und ein echter Kumpel. Wer mit ihm wochenlang von früh bis spät zusammen war, hatte einiges auszuhalten, und Falk glaubte, dass das Casting zu nichts anderem diente, als dass die Bewerber die Chance hatten, sich das alles noch einmal gründlich zu überlegen, wenn sie Thies von seiner schlechtesten Seite kennenlernten. Immerhin besser, als nachher böse zu erwachen.
»Noch einer, der sich absetzen will?«, fragte Thies gerade streng in die Runde. Die verbliebenen drei Jungs sahen sich zweifelnd an und schüttelten dann die Köpfe.
Jetzt nahm Thies das Gewehr und schoss in die Luft. Als sei das ein Zeichen, erhob sich plötzlich drauÃen im Wasser eine Gestalt. Falk erkannte nun auch ein Paddelboot, das ihm vorher gar nicht aufgefallen war. Die Person schrie und winkte aufgeregt, als sei sie in Seenot.
»Der Erste, los!« Thies schubste einen der Jungs nach vorne und hielt die beiden anderen mit der Winchester zurück. Der Angesprochene zögerte nicht lange. Er riss sich den Rucksack vom Rücken, die Schuhe von den FüÃen und robbte unter das DLRG -Häuschen, wo die Kiste mit den Rettungswesten lag. Der junge Mann zog sich mit einer Hand die Weste über den Kopf und rannte zum Wasser. Falk vergaà ganz, sich zu fragen, woher so unvermittelt das Paddelboot aufgetaucht war, das noch immer weit drauÃen auf den Wellen tanzte. Während der junge Rettungsschwimmer sich nun in die Fluten warf und hinausschwamm, kippte die Person, die so aufgeregt gerufen hatte, auf einmal ins Wasser. Falk und die beiden anderen jungen Männer warfen einen besorgten Blick auf Thies, doch der hatte sich seelenruhig in seinen Schaukelstuhl fallen lassen und lächelte versonnen, während er auf eine kleine Stoppuhr sah, die er vermutlich in der Hosentasche gehabt hatte. Bei diesem Anblick war Falk schlagartig klar: Es handelte sich um eine von Thies minutiös geplante Inszenierung. Auf das Signal mit dem Gewehrschuss hin hatte ein Gewährsmann von Thies urplötzlich Seenot vorgetäuscht. Aber wer zum Teufel war so blöd und machte bei so einem Spiel mit?, fragte sich Falk und schnappte sich das Fernglas von Thies. Er hielt auf den Rettungsschwimmer, der mit weit ausholenden Zügen durchs Wasser pflügte und rasch vorwärtskam. Dann sah er eine Zeitlang nur graugrünes Wasser und weiÃe Gischt, bis er endlich einen Arm erhaschte, der aus dem Wasser ragte. Falk stellte die Schärfe noch ein bisschen besser ein, bis der Kopf der Person auftauchte, und Falk schnappte nach Luft. Es war Nille der Klabautermann! Der runde Kahlschädel tanzte wie ein Korken auf dem Wasser, und Nille riss den Mund weit auf und schrie, was das Zeug hielt. Theatralisch warf er immer wieder beide Arme hoch, gluckerte ein wenig unter, um dann sofort wieder über der Wasseroberfläche zu erscheinen, zu schreien und zu winken. Kein Zweifel: Nille gab alles. Oder war das etwa gar keine Show? Konnte
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