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Mutter des Monats

Mutter des Monats

Titel: Mutter des Monats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Hornby
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– eine ihrer vielen bewundernswerten Eigenschaften –, aber heute sah sie besonders elend aus: blass, mit Ringen unter den Augen und einer tiefen Sorgenfalte auf der Stirn, die letztes Jahr noch nicht dagewesen war. Georgina wurde von einer Welle tiefen Mitgefühls erfasst.
    Joanna war ihr einfach ans Herz gewachsen. Jeder, der sie besser kannte, musste sie einfach mögen, doch auf flüchtige Bekannte wirkte Joanna vermutlich eher abschreckend. Georgina fühlte sich immer an eine liebe Schulkameradin erinnert, die ihre Eltern mit einem Unterton wie bei ansteckenden Krankheiten als »schlechten Umgang« bezeichnet hatten.
    »Bescheiden geht’s mir.« Joanna übernahm den Herd und briet die Schalotten in Butter, wobei sie den anderen in der Küche den Hintern zuwandte. »Auf die Bewerbung letzte Woche hat er eine Absage bekommen, und andere Stellen gibt es nicht. Du kannst dir das nicht vorstellen.« Sie starrte beim Sprechen unverwandt auf die Wandfliesen, sodass Georgina ganz nah herankommen musste. »Ich komme in der Früh um halb sieben von der Nachtschicht, und er hat den Tisch von halb sieben am Vorabend noch nicht mal abgeräumt. Die Spaghetti sind steinhart und auf den Tellern festgetrocknet. Und der werte Herr liegt auf dem Sofa, ist vor dem Fernseher eingeschlafen. Hat sich nicht mal bis ins Bett bequemt.«
    Georgina gab die gehackten Kräuter in die geschäumte Butter. Genau das war es, was die Leute hier nicht verstanden: Joanna war nicht nur völlig harmlos, sie war in ihrem tiefsten Inneren genauso verletzlich wie alle anderen auch. Sie posaunte es nur nicht ständig aus. Das war so erfrischend an ihr. »Er braucht einen Arzt, Joanna. Professionelle Hilfe.«
    »Ja, mag sein. Aber er will nicht. Heute Morgen konnte ich einfach nicht anders. Ich war so kaputt. Da bin ich ausgerastet.«
    »Und?«
    »Riesenzoff. Netter Weckruf für die Jungs.«
    »Ach Süße, gräm dich nicht. Das verkraften die schon.«
    »Ja, genau, alles halb so schlimm. Eigentlich geht es mir prima.« Joanna gab sich einen Ruck. »Aber manchmal glaube ich, dass es uns ohne ihn ein bisschen besser ginge.«
    Sie lachte trocken und wandte sich wieder der Küche zu. »Was soll denn das da werden, hm?« Joanna legte den Kopf schief, nickte in Richtung Tisch und schob sich eine Cocktailtomate in den Mund. »Colette und Clover? Das ist neu, oder? Eine unheiligere Allianz kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Arme Colette.« Georgina warf einen flüchtigen Blick auf die beiden Frauen und bepinselte dann weiter Brotscheiben mit Olivenöl. »Das hat ihr gerade noch gefehlt. Kaum ist das Scheidungsurteil ergangen, wanzt sich Clover an sie ran.« Sie sprenkelte etwas Steinsalz auf die Brote. »Das ist wie mit den Viren und Bakterien, die sich die Kinder in der Schule holen. Wenn du fit bist, können sie dir nichts anhaben.« Noch ein bisschen Pfeffer aus der Mühle. »Aber kaum bist du ein bisschen angeschlagen, zack, haben sie dich erwischt. Dringen in deinen Körper ein und machen dich fertig.«
    »Bei der stellen sich mir die Nackenhaare auf.« Joanna musste sich schütteln. »Wahrscheinlich kommt sie sich auch noch ganz toll vor. Bei den Sportfanatikerinnen hat sie ja bis jetzt noch nicht landen können, oder? Mit ihrer Warze in der Visage und ihren Beinen wie ein Shetlandpony.«
    »Psst!« Georgina knuffte ihre Freundin in die Rippen. Beide lachten sich ins Fäustchen, doch dann fiel ihr Blick auf die beiden Frauen, die ihnen fünfzehn Pfund entgegenhielten, und sie rissen sich zusammen.
    »Hi«, sagte die Mutigere der beiden. »Bea hat gesagt, wir sollen …«
    Georgina schob sich mit dem Arm den Pony aus der Stirn. »Ja, klar, das hat sie bestimmt gesagt.« Joanna musterte die beiden von Kopf bis Fuß und bezog neben Georgina vor dem Hackbrett Stellung. »Nur herein in die gute Stube. Macht es euch bequem, wie alle anderen.« Sie wies auf die Gruppe von Frauen, denen sie noch nicht mal ein Glas Wasser angeboten hatte.
    Die beiden Neuankömmlinge guckten verblüfft. Eine wollte ihre Geldbörse gerade wieder einstecken, als Rachel den Kopf durch die Tür steckte.
    »Na also!« Georgina trat einen Schritt vor und küsste sie herzlich auf die Wange. »Ich habe mich schon gefragt, ob du mich hier hängen lassen willst.«
    Vorsichtig betrat Rachel die Küche. »Sorry. Ich versinke in Arbeit und musste noch auf die neue Waschmaschine warten. Wem gehört der Range Rover da draußen? Hat geparkt wie ein Volltrottel. Und jetzt brauche ich was zu

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