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Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)

Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)

Titel: Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rosenberg
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ihrem Rollstuhl sitzt. Sie bemerkt mich gar nicht, sondern schaut auf den Boden.
    Ich trete neben sie, lege meine Hand auf ihre Schulter und sage: »Hallo, Mutti. Ich bin’s. Deine Tochter.«
    Ganz langsam dreht sie den Kopf in meine Richtung. Ihr Blick ist leer, ihre Mimik regungslos. Kein Lächeln kommt ihr mehr über die Lippen. Ich habe das Gefühl, sie wohnt schon lange nicht mehr in diesem Körper.
    Ich setze mich auf die Couch und bin ganz froh, dass mein Vater noch schläft. So habe ich zwar meinen Besuch gemacht, mir aber vielleicht sein Gemecker erspart.
    »Dein Vater hat ganz schlecht geschlafen heute Nacht«, erzählt Inga.
    Sie setzt sich zu uns und erzählt von den letzten Tagen. Dass ihm das Essen nicht schmeckt und dass er gesundheitliche Probleme hat. Anscheinend geht es ihm nicht so gut.
    »Er ist dauernd aufgestanden in der Nacht und hatte schlimme Albträume«, fährt sie fort. »Den ganzen Vormittag hat er über seine Träume geredet, aber er konnte Traum und Realität nicht mehr auseinanderhalten. Ich weiß nicht, was mit ihm ist. Er wird auch langsam verrückt«, sagt sie.
    Inga steht in engem Kontakt zu meinem Bruder, der ja die medizinische Betreuung vor einiger Zeit übernommen hat. Wir sprechen nicht von einem gelegentlichen Besuch beim Arzt. Mein Vater hat in den letzten Jahren einen ganzen Stab von Ärzten beschäftigt. Es gab Zeiten, da waren die Besuche im wöchentlichen Rhythmus nötig. Augenarzt, Neurologe, Hausarzt, Zahnarzt, Physiotherapeut, Orthopäde usw. Im Anschluss an die Besuche waren meist Fahrten in die Apotheke notwendig oder das Besorgen weiterer Hilfsmittel. Auch die Vernetzung der Ärzte untereinander war unsere Sache.
    Dies alles kostet Zeit und noch viel mehr Nerven, die ich nicht mehr habe. So bin ich froh, dass ich davon befreit bin. Übrig geblieben ist mir die Abrechnung, die auch nicht ganz einfach ist, denn mein Vater war Beamter. Jede Rechnung muss zweimal verschickt werden, Beihilfe und Privatkasse. Möglichst auch noch zwischen Kranken- und Pflegekasse differenziert. Zurück kommen Abrechnungsbelege, versehen mit endlosen Kommentaren, die in unverständlichem Bürokratendeutsch beschreiben, warum sie hier oder da nicht alles erstatten können. Eine sehr nervenaufreibende Sache, besonders, wenn man Formulare so sehr hasst wie ich.
    Inga erzählt von den absonderlichen Sachen, die mein Vater macht, von den Dingen, die er sieht oder hört. Es könnte eine beginnende Demenz sein, doch ich kann das nicht glauben. Sollte er am Ende auch noch an Demenz erkranken? Er zeigt tatsächlich ähnliche Symptome wie meine Mutter, nur mit dem Unterschied, dass er noch einigermaßen zu Fuß unterwegs ist. Was dann dazu führt, dass er nachts in der Wohnung umherirrt und Inga ihn wieder einfangen muss. Ich höre ihr zu und denke gleichzeitig daran, wie es wohl werden kann, wenn er tatsächlich auch dement ist. Was wird, wenn mein Vater nachts aus dem Haus läuft? Ich mag gar nicht darüber nachdenken, denn ich sehe ihn schon vollgepumpt mit Beruhigungsmitteln wie meine Mutter damals. Es ist kaum zu glauben, dass wir das Gleiche vielleicht noch einmal erleben müssen.
    »Hallo, Martina!« Inga schüttelt mich und lacht. »Träumst du?«
    »Ja … aber es ist kein schöner Traum«, antworte ich.
    Im gleichen Moment geht die Tür zum Schlafzimmer auf, und mein Vater kommt heraus. Seine Jogginghose sitzt schief, der Pullover ist teilweise in der Hose, teilweise darüber.
    »Hallo, Vati!«, begrüße ich ihn. »Gut geschlafen?«
    »Servus«, brummt er. »Auch mal wieder da!« Es ist keine Frage, sondern ein Vorwurf.
    »Ich war krank, deswegen hast du mich drei Wochen nicht gesehen«, lüge ich.
    Es fällt mir nicht schwer, denn die Wahrheit zu sagen wäre um ein Vielfaches schlimmer für ihn. Ich glaube, eine kleine Notlüge hilft uns beiden.
    »Soso!«, sagt er nur.
    Ganz offensichtlich interessiert es ihn überhaupt nicht, was ich hatte. Durch sein teilnahmsloses Verhalten zeigt er mir einfach nur seine Enttäuschung darüber, dass ich nicht da war.
    »Hast wohl überhaupt keine Zeit mehr«, sagt er.
    »Na ja, so ganz stimmt das nicht. Ich bin doch da und erledige alles für euch. Ich war nur ein wenig krank die letzten Wochen. Hab ein bisschen Zeit für mich gebraucht, um wieder gesund zu werden«, erkläre ich.
    »Wie geht’s Lena?«, fragt er.
    Sie ist immer wichtig für ihn. Bei jedem Besuch fragt er nach ihr. Will wissen, wie es ihr geht und was sie in der Schule macht. Dass

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