Mutterliebst (German Edition)
Zeugenstand war.“
Danielle blickt Doaks an. Sie sieht, dass Sevillas ihn von diesem Weg überzeugt hat, ehe er das Telefon an sie weitergereicht hatte. Er zuckt die Achseln.
Sie schweigt einen Moment. „Also gut“, sagt sie langsam. „Ich werde zurückkommen. Aber du musst mir versprechen, dass du gleich morgen früh als Allererstes in Max’ Namen die einstweilige Verfügung beantragst.“
„Abgemacht.“
„Und dass Doaks direkt nach der Anhörung nach Phoenix fliegt.“
„Also gut.“
Danielle seufzt. „Dann sehen wir uns morgen.“
„Komm gut heim.“
Sie beendet das Gespräch und gibt Doaks das Handy zurück.
Er wirft ihr einen langen Blick zu. „Was er sagt, ist vernünftig, wissen Sie.“
Sie antwortet nicht. Der Taxifahrer erreicht endlich das Terminal und hält am Straßenrand an. Doaks und sie schnappen sich ihre Taschen, bezahlen das Fahrgeld und stellen sich in der Schlange an. Doaks kramt in seiner Manteltasche und holt das Ticket hervor. „Wir haben noch ein paar Minuten. Ich muss noch mal aufs Klo.“
„Gehen Sie“, sagt sie. „Geben Sie mir Ihre Tasche. Ich checke für uns beide ein und treffe sie dann am Gate. Könnten Sie mir auf dem Rückweg einen Kaffee besorgen?“
„Sicher, sicher“, brummt er. „Ich wische auch den Boden auf, wenn ich schon mal dabei bin.“
Danielle greift nach seiner Reisetasche und schaut ihm hinterher, wie er davongeht. Sobald er außer Sicht ist, zerrt sie ihr Laptop hervor und ruft ihre E-Mails ab. Da ist die Bestätigung. Rasch schnappt sie sich beide Taschen und eilt an das entgegengesetzte Ende des Terminals, wo sie einen Flug nach Phoenix, Arizona, gebucht hat.
28. KAPITEL
Danielle blickt von ihrem Fensterplatz hinaus. Der Flug von Chicago nach Phoenix gibt ihr die Möglichkeit, zumindest zu versuchen, ruhig über das nachzudenken, was sie tun will. Natürlich ist ihr klar, in welchen Schwierigkeiten sie steckt. Tony hat absolut recht. Er hat einen scheinbar aussichtslosen Mordfall angenommen, und dennoch ist es ihm gelungen, einen brauchbaren Verdächtigen zu finden. Morgen wird er diesen Verdächtigen in den Zeugenstand berufen und vermutlich weitere Informationen erhalten, die einer ansonsten kümmerlichen Verteidigung helfen werden. Er wird tüchtig und wahrscheinlich auch sehr überzeugend dahingehend wirken, dass sie weiterhin auf Kaution frei bleibt.
Sie selbst ist dagegen völlig verrückt geworden. Vermutlich zerstört sie gerade jede Brücke, die er ihr gebaut hat. Sie ist eine tickende Zeitbombe, die Straftat nach Straftat begeht, in direkter Zuwiderhandlung seines gut gemeinten Rats. Und warum?
Weil sie ganz genau weiß, dass Marianne als Kronzeugin der Staatsanwaltschaft Max kreuzigen wird, sobald sie einmal in den Zeugenstand gerufen wurde. Als perfekte Mutter, die den brutalen Mord an ihrem autistischen Sohn nicht verwinden kann, wird sie immenses Mitgefühl erzeugen. Wenn sie tränenreich erzählt, wie gewalttätig Max sich verhalten hat, wird niemand Einspruch erheben. Danielle muss etwas finden – irgendetwas –, um einen Schatten auf sie zu werfen.
Wenn ihr das nicht gelingen sollte, fürchtet sie, dass die Geschworenen gar keine andere Wahl haben, als Max zu verurteilen. Angesichts dieser Tatsache muss sie alle Spuren verfolgen, egal wie weit hergeholt sie auch wirken mögen. Eine kleine Spur, wenn sie denn konsequent verfolgt wird, könnte diesen Beweis erbringen. Und im Moment führt sie diese Spur nach Phoenix. Wenn Tony sich nicht so viele Gedanken um ihre rechtliche Position machen würde, würde er ihr da sicher zustimmen.
Seit Chicago weiß sie, dass Marianne eine Hochstaplerin und Erpresserin ist, aber Jojanovich wird nicht gegen sie aussagen. Doch ein merkwürdiger, starker Instinkt sagt ihr, dass Marianne noch andere Menschen betrogen haben muss. Vielleicht ist sie sogar eine Verdächtige in anderen Kriminalfällen. Danielle muss zu dem Ort, an dem Marianne lebt, muss so denken wie sie – und wenn nötig ihre Wohnung auseinandernehmen.
Außerdem kann sie sich nicht vorstellen, dass Fastow Jonas und Max umbringen würde – schon gar nicht direkt in Maitland –, nur um die Tatsache zu verschleiern, dass er bei seinen Patienten experimentelle Medikamente angewandt hat. Sein einzig plausibles Motiv wäre, einer Entdeckung zu entgehen, und Tonys Theorie, dass er getötet hat, um das zu erreichen, ist schrecklich dünn. Es wäre schon mehr als leichtgläubig, dass es den Verdacht gegen ihn abschwächt,
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