Mutterliebst (German Edition)
beschleunigen.“
Langley tritt von einem Fuß auf den anderen. „Euer Ehren, wir geben unser Bestes, um so kurz und bündig wie möglich zu sein.“
Die Richterin trommelt mit den Fingernägeln auf den Tisch, ganz so als wäre die Vorstellung von einem Anwalt, der so kurz und bündig wie möglich ist, etwa so wahrscheinlich wie die Tatsache, dass sie sich von ihrem Richterpult erheben und durch den Gerichtssaal fliegen könnte. Sie nickt herablassend. Beide Männer kehren zu ihrem jeweiligen Basislager der Schlacht zurück. „Lassen Sie uns loslegen. Rufen Sie Ihren nächsten Zeugen auf.“
Langley erhebt sich. „Die Staatsanwaltschaft ruft Marianne Morrison in den Zeugenstand.“ Max wird ganz blass. Sevillas beobachtet, wie Langley ein großes Aufhebens darum macht, Marianne von ihrem Stuhl zu helfen und einen Arm um ihre Schulter zu legen, so als mangele es ihr an dem entsprechenden Motor, um sich eigenständig nach vorne zu bewegen. Er führt sie langsam zum Zeugenstand. Marianne trägt ein schwarzweißes Kostüm im Hahnentrittmuster, das Haar sorgfältig frisiert. Ihre weiße Bluse wirkt schlicht und professionell. Sie steht mit der Bibel in der Hand vor dem Gerichtsdiener.
„Schwören Sie, die Wahrheit zu sagen, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit, so wahr Ihnen Gott helfe?“
Sie schaut zu der Richterin herüber. „Ich schwöre.“ Ihre Stimme ist klar. Sie faltet die Hände und geht die Stufen zum Zeugenstand hinauf.
„Miss Morrison, könnten Sie uns einige generelle Informationen zu Ihnen geben?“, beginnt der Staatsanwalt.
Marianne glättet ihre Pagenkopffrisur, in der nicht ein Härchen nicht an seinem Platz sitzt. „Gerne. Ich wurde in Pennsylvania geboren. Mein Vater war Sergeant in der United States Army und meine Mutter Hausfrau – genau wie ich.“ Sie schaut zur Richterin. „Sobald ich verheiratet war, habe ich mein Leben der Aufgabe gewidmet, meinem Mann ein glückliches Zuhause zu schaffen und danach Jonas. Mein Mann praktizierte als Arzt, bis er gestorben ist.“
„Nun, Miss Morrison, war Jonas Ihr einziges Kind?“
Mariannes Augen sehen so aus, als hätte jemand einen Fingerhut voll Wasser hineingespritzt. Ganze Tropfen kullern ihre Wangen hinab. Sie holt ein schlichtes Spitzentuch aus ihrer Rocktasche und betupft beide Augen. „Ja, Mr Langley.“ Ihre Stimme zittert. „Jonas war das einzige Baby, das ich je hatte. Er war das Licht meines Lebens, mein einziger Grund, weiterzuleben, nachdem mir mein Mann genommen worden war.“
Langley seufzt theatralisch. Sevillas dreht sich der Magen um.
„Miss Morrison“, sagt der Staatsanwalt, „könnten Sie uns kurz umreißen, wie Ihr Leben mit Jonas ausgesehen hat?“
Marianne klammert sich an ihr Taschentuch. „Nun, nach dem Tod meines Mannes habe ich Jonas ganz allein großgezogen. Gott allein weiß, dass es nicht leicht war – das ist es nie für eine Witwe –, aber ich nehme an, dass man meine Situation ein bisschen … komplizierter nennen kann. Mein armer Junge hatte seine Schwierigkeiten. Er war geistig behindert, autistisch, und er konnte nicht gut sprechen.“ Sie zwingt sich zu einem kleinen Lächeln. „Aber irgendwie haben wir uns durchgeboxt, wir zwei.“
„Würden Sie sich selbst eine hingebungsvolle Mutter nennen?“
Marianne hebt den Blick. Ihre blauen Augen wirken unendlich traurig. „Ich tendiere normalerweise nicht dazu, mich selbst zu loben, Mr Langley. Aber ich muss schon sagen: Wenn ich etwas gut gemacht habe, dann dass ich mich wirklich angestrengt habe, eine gute Mutter zu sein. Kinder sind ein Geschenk, keine Belastung. Trotz all der damit verbundenen Probleme kann ich doch mit Fug und Recht behaupten, dass es der größte Segen meines Lebens war, Jonas’ Mutter zu sein.“ Mit schimmernden Augen wirft sie einen schmerzhaften Blick zu Hempstead hinüber, die ihr mitfühlend zunickt und eine Box mit Taschentüchern reicht.
Langley gibt ihr ein paar Minuten, um sich zu fassen. „Nun, Miss Morrison, könnten Sie uns die Umstände beschreiben, die Sie und Jonas nach Maitland geführt haben?“
Marianne holt tief Luft. „Natürlich. Wie Sie vermutlich wissen, habe ich die Johns Hopkins Universität besucht und bin selbst Ärztin. Ich finde, dass jede Mutter eines Kindes mit speziellen Bedürfnissen es diesem Kind schuldig ist, ihm die bestmögliche Behandlung und Medikation angedeihen zu lassen.“ Sie fährt mit ernster Stimme fort. „Ich habe mich sehr darum bemüht, alle Ärzte
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