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Mutterliebst (German Edition)

Mutterliebst (German Edition)

Titel: Mutterliebst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoinette van Heugten
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müssen. Sie ruft sich den Eintrag in Erinnerung, in dem stand, dass sich Max’ psychotisches Verhalten in der Nacht zeigt, was auch die Behauptung der Ärzte erklären würde, dass er sich morgens, wenn Danielle ihn sah, an rein gar nichts erinnern konnte. Danielle hat seine furchtbare Erschöpfung auf den einschläfernden Effekt der Medikamente zurückgeführt, doch sie könnte auch das Ergebnis seiner nächtlichen … Schübe sein.
    Genauso verwirrend ist die Tatsache, dass sich Max’ Zustand trotz der niederschmetternden Diagnose und der vernichtenden Einträge zu verbessern scheint – zumindest während der wenigen Augenblicke, die ihnen morgens gemeinsam vergönnt sind. Danielle kann das nur auf eine Variable zurückführen: Fastow. Wie gewünscht hat er ihr eine Liste mit allen Medikamenten, die Max einnehmen muss, zugeschickt. Sie sind ihr alle bekannt, die Nebenwirkungen vorhersagbar. Vielleicht ist der Mann wirklich ein psychopharmakologisches Genie, ganz wie Marianne sagt.
    Mindestens zwanzigmal hat sie den Hörer abgenommen, um Georgia von der Diagnose zu berichten und sie zu bitten, wieder herzufliegen, um ihr moralische Unterstützung zu geben, doch das würde das Ganze viel zu real machen. Ihr Verlangen, mit Marianne über alles zu reden, ist angesichts der Wärme ihrer wachsenden Freundschaft sogar noch größer. Doch sie hat Angst davor, dass Mariannes medizinische Ausbildung und ihr psychiatrisches Fachwissen – ganz zu schweigen von Max’ jüngsten Zusammenstößen mit Jonas – ihrer Freundin gar keine andere Wahl lassen, als sie dazu zu drängen, Maitlands Diagnose zu akzeptieren. Das könnte sie nicht ertragen. Am allermeisten wünscht sie sich, diese Dinge mit Max zu besprechen, doch das ist unmöglich – zumindest im Moment. Wenn Max’ Angst davor, seinen Verstand zu verlieren, so dramatisch zugenommen hat, dass er sich am liebsten umbringen will, dann kann sie es nicht riskieren, auch nur ansatzweise in die Dunkelheit seines Geistes vorzudringen.
    Sie versucht, sich zu konzentrieren. Als erster Punkt steht heute auf der Tagesordnung, herauszufinden, wieso Maitland die Frechheit besitzt, Max sofort und dauerhaft stationär unterbringen zu wollen – ganz abgesehen davon, dass sie ihn ohne ihr Wissen, geschweige denn ihre Zustimmung, mit einer Elektroschocktherapie behandeln wollten. Innerlich formuliert sie bereits die einstweilige Verfügung, mit der sie Maitlands diesbezügliche Absicht stoppt.
    Gestern Nacht hat Danielle hastig eine Internetrecherche zum Thema Elektroschocktherapie durchgeführt. Was sie dabei erfahren hat, versetzt sie in Angst und Schrecken: Im Gehirn werden durch kurze, aber starke Hochspannungsexplosionen und durch Wechselstrom Krampfanfälle ausgelöst. Dadurch werden angeblich Neurotransmitter verändert, die schwere geistige Krankheiten auslösen. Die Risiken dabei schließen schwere Gehirnschäden, epileptische Anfälle, Hirnblutungen, dauerhaften Gedächtnisverlust und letztlich den Tod ein. Die Erklärungen endeten mit der Warnung, dass die Anwendung dieser Methode – auch wenn sie sich neuerdings wieder großer Popularität erfreut und angeblich viele Erfolge bringt – immer noch als extrem kontrovers gilt. Ach wirklich, denkt Danielle zynisch.
    „Miss Parkman.“ Reyes-Morenos freundliches Lächeln ist wie eine Oase in der Wüste.
    Beinahe erwidert Danielle das Lächeln, bis sie sich an den Computereintrag erinnert, in dem ihre emotionale „Labilität“ und ihre Beziehung zu Max hinterfragt werden. Ob die Ärztin diejenige ist, die all diesen Müll, all diese Lügen geschrieben hat? „Hallo, Doktor“, erwidert sie kühl.
    Der Rest der Entourage inklusive Dwayne betritt einer nach dem anderen den Raum. Während sie Platz nehmen, macht Danielle sich klar, dass es im Leben alle möglichen Arten von Gerichtssälen gibt und alle möglichen Sorten Gegner.
    Reyes-Moreno sitzt am Kopfende des Tisches. Fastow zu ihrer Linken betrachtet Danielle aus eiskalten, unfreundlichen Augen. Sein Stuhl steht ein gutes Stück vom Tisch weg, so als wolle er auf diese Weise deutlich machen, dass er für die Vorgänge nur Verachtung übrig hat und sich deshalb distanziert. Danielle kann den Kerl immer noch nicht ausstehen – egal was für ein Genie er auch sein mag. Die anderen Ärzte setzen sich und starren angestrengt auf ihre Akten – wie geschorene Schafe, die den Verlust ihrer Wolle betrauern.
    „Sollen wir anfangen?“ Reyes-Moreno stellt die Frage nicht so, als

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