Mutterliebst (German Edition)
erwarte sie eine Antwort.
„Absolut.“
„Danielle.“ Ihr Blick ist direkt und wahrhaftig. „Ich kann verstehen, dass Sie um dieses Treffen gebeten haben, denn Sie haben einige Fragen zur Richtigkeit unserer kollektiven Diagnose.“ Sie hebt leicht die Hand, ehe Danielle etwas sagen kann. „Ich kann auch verstehen, dass Sie sich damit schwertun, die nötigen Papiere zu unterzeichnen, die Max für ein weiteres Jahr unserer Betreuung anvertrauen.“
„Das ist korrekt.“ Danielles Worte sind wie Peitschenhiebe. „Ich möchte eine detaillierte Erklärung, wie das Team zu der Überzeugung gelangt ist, dass mein Sohn schizoaffektiv und psychotisch ist.“
Reyes-Moreno nickt mitfühlend. „Danielle, ich habe Ihnen die Gründe für unsere Diagnose genannt. Vielleicht waren Sie zu dem Zeitpunkt zu aufgewühlt, um sie ganz zu erfassen. Gibt es noch etwas, das Sie nicht verstehen? Dann werden wir es Ihnen gerne erklären.“
„Nein, Doktor“, entgegnet sie. „Was ich will, ist eine Kopie von Max’ Patientenakte – mit jeder Notiz und Beobachtung, auf die Sie Ihre Diagnose begründet haben.“
Reyes-Morenos Lächeln verblasst. „Ich fürchte, das wird nicht möglich sein.“
„Warum nicht?“
„Ich hoffe Sie verstehen, dass wir uns nicht einfach weigern, Ihre Bitte zu erfüllen, sondern dass wir ihr einfach nicht nachkommen können .“ Ihr Blick wirkt ruhig und fest. „Als Anwältin ist Ihnen sicherlich klar, dass Max’ Akte durch das Arzt-Patienten-Verhältnis geschützt wird. Wir sind zwar verpflichtet, Ihnen Max’ Diagnose zu erklären, doch es steht uns nicht frei, unsere zugrunde liegenden Beobachtungen offenzulegen. Wenn Sie jedoch das Gefühl haben, eine entsprechende Dokumentation zu benötigen, um unsere Diagnose zu akzeptieren, empfehle ich Ihnen, die geeigneten juristischen Mittel einzulegen.“
Danielles Stimme klingt wie geschmolzene Lava. „Das werde ich ganz sicher tun.“
Sie wollen es also auf die harte Tour – auch gut. Sie wird einen Prozess anstrengen und Einblick in Max’ Patientenakte – und noch mehr – erstreiten. „Dann würde ich jetzt gern wissen, was, wenn überhaupt, Sie und Ihr ‚Team‘ mir nun enthüllen wollen, das die außergewöhnliche Diagnose meines Sohnes erklärt?“
„Wir sind hier, um alle Fragen zu Max’ Medikation, zu seinen zukünftigen Behandlungsmöglichkeiten oder zur Natur seiner schizoaffektiven Störung zu beantworten.“ Die Ärztin wirft Danielle einen scharfen Blick zu. „Um ganz ehrlich zu sein, sind wir sehr besorgt, was Ihre Reaktion auf Max’ Diagnose anbelangt. Wir wollen Ihnen helfen, sie zu akzeptieren, damit Max mit seiner dauerhaften stationären Behandlung beginnen kann. Um das zu erreichen, würde ich gern ein paar Sitzungen mit Ihnen in dieser Woche anberaumen.“
Danielle runzelt die Stirn. „Mit mir? Warum?“
Reyes-Moreno schaut sie wieder aus diesen ruhigen, grünen Augen an. „Um sicherzugehen, dass Sie Max dabei helfen, im Kontext Ihrer Beziehung mit seiner Krankheit umzugehen, ehe Sie abreisen.“
Danielle ignoriert die Andeutung, dass ihre Abreise unmittelbar bevorstehe. „Haben Sie eine spezielle Frage zu meiner Beziehung zu Max?“
„Sie ist etwas, von dem wir glauben, dass es weiterer Untersuchungen bedarf.“
„Aber Sie verraten mir nicht, warum.“
Die Ärztin zeigt das erste Zögern – ein Riss in der Fassade. „Nicht zu diesem Zeitpunkt. Wir können tiefer in dieses Thema einsteigen, wenn wir in ein paar Wochen Max’ Behandlungsprotokoll vorstellen.“
Den Teufel werden wir tun, denkt Danielle. Es ist eindeutig, dass sie aus dieser eingeschworenen Gemeinschaft nicht mehr herausbekommen wird. Sie hatte auch nicht ernsthaft erwartet, dass man ihr die ungeheuerliche Diagnose erklären würde. Maitland hat zwar einen erstklassigen Ruf, aber das reicht ihr nicht. Sie wird sich jetzt höflich verabschieden, damit sie Max aus dieser Klinik herausholen kann. „Meine Damen und Herren, ich bin Ihnen dankbar für all das, was Sie getan haben.“ Danielle nickt Reyes-Moreno und den anderen zu. Alle erwidern das Nicken wie glückliche Marionetten.
So, sie hat das Fundament gelegt. Sie zeigt sich vernünftig. Bringt ihre Dankbarkeit zum Ausdruck.
„Ich will nicht respektlos erscheinen, wenn ich Ihnen jetzt sage, dass ich Ihrer Diagnose einfach nicht zustimmen kann“, fährt sie fort.
„Daher werden Max und ich die Klinik heute Nachmittag verlassen.“ Sie stützt beide Hände auf dem Tisch vor sich
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