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Mutterliebst (German Edition)

Mutterliebst (German Edition)

Titel: Mutterliebst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoinette van Heugten
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sieht. Ganz abgesehen davon, dass Marianne sich gezwungen fühlen würde, Max’ Gewalttätigkeiten gegenüber Jonas zu berichten.
    Die einstweilige Verfügung gilt zehn Tage, danach gibt es eine Anhörung, deren Urteil bis zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren in Kraft bleibt. Danielle wird einfach abwarten müssen. Sie wird ihre eigene Klage einreichen und eine fundierte Begründung für die Verletzung der einstweiligen Verfügung präsentieren. Aber eines wird sie ganz sicher nicht tun: Sie wird Max nicht an diesem Ort zurücklassen.
    Danielle begegnet Reyes-Morenos Blick. Es ist zwecklos, bluffen zu wollen. Die Ärztin hat Poker-Augen, und sie kennt Danielles Blatt. Der Grund, weshalb Danielle eine so gute Anwältin ist, ist, dass sie genau weiß, wann sie still sein muss. Das hier ist nur eine Schlacht, nicht der gesamte Krieg. Ihr nächstes Ziel besteht darin, Max hier herauszuholen, ein Flugzeug zu besteigen und nach New York zurückzukehren.
    „Habe ich Ihre Zustimmung?“ Reyes-Morenos Worte hängen bedeutungsschwer in der Luft.
    „Absolut nicht“, erwidert Danielle. „Ich werde eine zweite Meinung einholen, und ich will Ihre schriftliche Zusage, dass Sie vollständig kooperieren, egal wen ich auswähle – inklusive einer Zusammenfassung Ihrer Diagnose und aller zugrunde liegenden Beobachtungen, die diese Diagnose stützen. Und ich will diese Zustimmung noch heute.“ Sie marschiert an Reyes-Moreno vorbei. „Haben Sie das verstanden?“
    Sie zieht die Tür fest hinter sich zu.

15. KAPITEL
    In Danielles Kopf dreht sich alles. Trotz ihres draufgängerischen Auftritts vor Reyes-Moreno und den anderen wächst eine kalte Panik in ihr, während sie den Konferenzraum verlässt und blind einen Weg aus dem Gebäude heraus einschlägt. Sie muss sich unbedingt wieder unter Kontrolle bekommen. Keinesfalls darf sie der Furcht und Hoffnungslosigkeit nachgeben, die die Ärzte in ihr zu erzeugen versuchen. Sie muss sich eine Möglichkeit überlegen, Max hier herauszuholen – eine Möglichkeit, bei der sie nicht verhaftet wird. Eines steht fest: Was auch immer sie ihm angetan haben – was auch immer er jetzt ist –, er ist nicht mehr derselbe Max, den sie hierhergebracht hat. Wenn er tatsächlich dem Wahnsinn verfallen ist, dann ist es hier in dieser schrecklichen Klinik geschehen. Jegliche verbliebene Zweifel, was ihre eigene Urteilsfähigkeit angeht, sind verschwunden. Sie bleibt kurz stehen, dann marschiert sie auf das vertraute weiße Gebäude zu.
    Sie muss Max sehen. Die einstweilige Verfügung oder Maitlands Anordnung, dass sie die Station nicht unbegleitet betreten darf, sind ihr egal. Sie wird sich in seinem Zimmer einigeln und dort bei ihm bleiben. Wenn er wirklich verrückt ist, dann weicht sie ihm nicht mehr von der Seite, bis sie es mit eigenen Augen gesehen hat. Trotzdem denkt sie, als sie dem Gebäude immer näher kommt, dass keine Veranlassung besteht, die Konfrontation zu verschärfen. Während sie die Ecke umrundet und auf den Hintereingang zugeht, wirft sie einen Blick auf die Uhr. Es ist beinahe halb zwölf. Das bedeutet, dass die Schwestern ihre Schutzbefohlenen aufgereiht und die paar Hundert Meter zum Lunch in die Cafeteria geführt haben. Es wird noch mindestens eine halbe Stunde dauern, bis sie zurückkommen, vielleicht auch mehr. Es besteht die Chance, dass Max bei ihnen ist, doch Danielle bezweifelt es. Von den endlosen Stunden, die sie im Wartezimmer verbracht hat, weiß sie, dass manche Patienten routinemäßig in ihrem Zimmer gelassen werden, um zu schlafen, vor allem diejenigen, die eine heftige Medikamentenumstellung durchmachen. So wie Max.
    Sie hängt sich ihre Handtasche über die Schulter und betritt die Station. Die Abteilung liegt verlassen da. Danielle geht den kalten Korridor entlang, wobei ihre Absätze mit jedem Schritt ein surreales, sonores Klacken erzeugen. Max’ Zimmertür öffnet sie gerade so weit, dass sie hindurchschlüpfen kann. Das Bett ist zerwühlt, aber leer. Sie nimmt die zerknüllten Laken wahr, den Abdruck im Kissen – und dann bemerkt sie etwas Neues. Dicke braune Lederschnallen hängen vom Metallgestänge des Betts herab. Die weiten Bänder, mit denen die Handgelenke ihres Sohnes festgegurtet werden, sind offen, so als warteten sie nur auf seine Rückkehr. Wie lange schnallen sie ihn schon fest? Tun sie es nur nachts oder auch tagsüber? Ihr Herz krampft sich schmerzhaft zusammen. Sie macht einen Schritt auf die Gurte zu, berührt einen von ihnen und

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