Mutterliebst (German Edition)
„Guten Morgen, Mr Doaks.“
„Nur Doaks“, korrigiert er. „Das reicht.“ Er lässt sich auf den Stuhl neben ihr fallen, blickt sich in dem Büro um und pfeift leise durch die Zähne. Danielle folgt seinem Blick. Der Raum strahlt ganz zweifellos die Art Macht aus, die mit dem Besitz von Geld einhergeht. Bodentiefe Fenster bieten eine Panorama-Aussicht über Downtown Des Moines, wo sich der Morgenverkehr durch die Straßen schlängelt. Die Spiegelfenster der angrenzenden Bürogebäude werfen helles Licht in den Raum, das auf vier Gemälde moderner Kunst fällt, die voller Farben strahlen.
„Heilige Scheiße, ist das ’ne Nummer“, äußert Doaks. „Verdammt feine Hütte hast du hier.“
„Vielen Dank, Kumpel.“ Sevillas schlüpft aus seinem Anzugjackett, wirft seine Manschettenknöpfe in einen Kristallaschenbecher und rollt die Ärmel seines frisch gestärkten Hemds auf. Er blickt kurz auf Doaks’ befleckte Hose und zwinkert Danielle zu. „Der äußere Schein ist nicht alles.“
„Fick dich.“ Doaks dreht sich zu Danielle um und grinst sie an. „Tut mir leid, Ma’am. Manchmal ist der Junge hier zu groß für seine eigenen Schuhe, und dann muss ich ihn wieder ein bissen herunterholen.“ Er wendet sich an Sevillas. „Gibt’s in dieser Bruchbude einen Kaffee?“
Sevillas drückt auf den Knopf an seinem Telefon und lehnt sich zurück. Kurz darauf bringt die Sekretärin ein Tablett mit weiterem Kaffee, dänischen Teilchen und Kuchen, der stark nach Zimt riecht und einen weißen Zuckerguss hat. Innerhalb weniger Minuten hat Doaks seine erste Tasse geschlürft und einen Haufen Krümel über sein Hemd verteilt. Er lehnt sich im Stuhl zurück. „Okay, die Uhr tickt. Lasst uns anfangen.“
Sevillas wendet sich an Danielle. „Ich habe Doaks eine detaillierte Zusammenfassung gegeben, wo wir stehen und was du und ich gestern besprochen haben, aber bevor wir uns der schwarzen Box widmen, möchte ich, dass er uns erzählt, was er vom Plano Police Department erfahren hat. Doaks?“
„Es war ein ganz schön raues Gespräch, wenn ihr versteht, was ich meine.“ Er kratzt sich seinen Zwei-Tage-Bart und wirft Danielle einen Blick zu. „Ich muss die Regeln des Spiels kennen. Wollen Sie unumwunden hören, wie es ist, oder soll ich es durch Big Boy da drüben abmildern lassen?“
Danielle erwidert seinen Blick. „Ich will Klartext. Ich bin Anwältin, Mr Doaks, und härter, als ich aussehe. Ich weiß, dass mein Sohn und ich uns in einer furchtbaren Situation befinden und dass wir Ihre und die Hilfe von Mr Sevillas brauchen. Also, schießen Sie los.“
Doaks schaut zu Sevillas hinüber, der nickt. Die milchig blauen Augen des Ermittlers richten sich auf Danielle. „Ich habe nur eine Regel.“
„Und die wäre?“
„Lügen Sie mich nicht an“, entgegnet er ruhig. „Wenn Sie mir die Wahrheit sagen und mich nicht verarschen, kommen wir prächtig miteinander aus.“
Ihre Stimme klingt todernst. „Ich lüge nicht, Mr Doaks. Und mein Sohn ist kein Mörder.“
Doaks schluckt den letzten Rest Kaffee hinunter und grinst sie an. „Dann dürfte das hier so leicht sein, wie eine Gans einzufetten.“
Danielle deutet mit einem Nicken auf die Box. „Lassen Sie uns mit der Arbeit beginnen.“
„Okay. Gestern Abend hatte ich ein kleines Gespräch beim Billard mit meinem Kumpel Barnes.“
„Wer ist Barnes?“, fragt Danielle.
„Mein Partner, als ich noch bei der Polizei war“, antwortet Doaks. „Er weiß, dass ich ein verdammt guter Detektiv bin und dass ich sowieso rauskriege, was sie gefunden haben. Unterm Strich geht’s darum, dass Barnes ganz genau weiß, dass ich vom selben Schlag bin wie er – als Cop, meine ich. Es ist genauso, wie katholisch zu sein, Ma’am. Sobald sie dich einmal dranhaben, gehörst du ihnen auf immer und ewig.“ Er schnippt einen Gebäckkrümel von seinem Kinn, lehnt sich zurück und blickt an die Decke, als wäre er ein Messdiener, der den Katechismus rezitiert. „Ich werde nicht noch mal wiederkäuen, was Sie und Sevillas gestern besprochen haben. Ich schildere einfach die Lage – die objektiven Beweise. Und es sieht nicht gut aus.“
Danielle verkrampft sich. Doaks richtet seine rheumatischen Augen auf sie. „Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass Ihr Junge blutüberströmt im Zimmer des toten Kids lag und Sie versucht haben, ihn vom Tatort wegzuschaffen – noch dazu mit der Tatwaffe in Ihrer Handtasche –, es gibt auch noch ein paar andere Dinge, die gegen uns
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