Mutterliebst (German Edition)
Leitung ist tot. Danielle wendet sich an Sevillas. „Sie hat einfach aufgelegt! Tony, Max ist …“
Tony legt den Hörer auf die Gabel. Sie schlägt die Hände vors Gesicht, während Schluchzer ihren Körper schütteln. Im nächsten Moment liegt sie in Tonys Armen, und er hält sie fest an sich gedrückt. Sie kann einfach nicht aufhören zu weinen. Sie erträgt es nicht – nichts von alledem. Sie presst ihr Gesicht an seine Brust, bis sein regelmäßiger Herzschlag sie langsam beruhigt. Als er ihr Gesicht umfasst, schaut sie zu ihm auf. Seine Augen schimmern warm. Ehe sie etwas sagen kann, beugt er sich vor und küsst sie. Sanft, liebevoll.
„Es wird alles wieder gut.“ Er benutzt dieselben Worte, die sie zu Max gesagt hat. „Ich kümmere mich um dich. Um euch beide.“
Sie nickt. Sprechen kann sie nicht. Tony führt sie zu ihrem Stuhl. Dort angekommen, schaut sie zu Doaks hinüber. Der hebt eine Augenbraue, was so viel besagt wie: „So ist das also.“
„Okay“, murmelt Sevillas, „lasst uns anfangen.“
Danielle wischt sich die Augen. Sie muss ihre Gefühle beiseiteschieben, andernfalls wird sie Max nicht helfen können. Sie holt tief Luft und nickt.
Sevillas’ Worte sind knapp. „Erinnert er sich an irgendetwas, Danielle?“
Sie schüttelt den Kopf. „Nein.“
Doaks schenkt ihr ein zerknittertes Lächeln. „An dieser Stelle komme ich ins Spiel. Wenn es jemand anders getan hat, dann finde ich ihn.“
Sie nickt. „Das weiß ich wirklich zu schätzen.“
„Okay, hört mir zu“, beginnt er. „Barnes hat gestern etwas zu mir gesagt, woraus ich einfach nicht schlau werde. Nach dem Mord haben sie Max’ Zimmer untersucht, und ich habe ein paar Fragen zu dem, was sie dort gefunden haben.“
„Was zum Beispiel?“, fragt Sevillas.
Doaks dreht sich zu Danielle um. „Wie kommt es, dass sie die St.-Christopher-Kette des toten Kids unter Max’ Kissen gefunden haben?“
Ihr Herz verkrampft sich. Sie kann sich nicht erinnern, dass Jonas jemals diese Kette getragen hat. Sie atmet tief ein. „Jemand muss sie dort platziert haben. Jemand, der Max den Mord in die Schuhe schieben will.“
Sevillas wendet sich an Doaks. „Haben sie Fingerabdrücke darauf gefunden?“
„Weiß ich noch nicht, aber ich schätze, sie werden eine wahre Freude haben, es uns auf die Nase zu binden, wenn es so ist. Und das ist noch nicht alles.“ Er zieht ein zerknittertes Stück Papier aus seiner abgetragenen Hosentasche und reicht es Danielle. Ihre Hände zittern, als sie das Papier auseinanderfaltet und liest. Ungeduld und Ungläubigkeit erfassen sie.
Sevillas beugt sich vor. Die Neugier steht ihm ins Gesicht geschrieben. „Was ist das, Doaks?“
Der Ermittler zuckt die Schultern. „Eine Seite aus Jonas’ Akte. Sie haben sie unter Max’ Matratze gefunden.“
„Was steht da drin?“, fragt Sevillas.
„Es ist eine Kopie des Zeitplans des toten Kids – vom Tag seiner Ermordung.“
18. KAPITEL
Danielle starrt auf die leeren Pappteller. Der Lunch, mit dem sie sich gestärkt haben, ist bis auf den letzten Krümel verzehrt. Sie hat ihr Bestes getan, um Sevillas und Doaks alles zu erzählen, was in Maitland geschehen ist. Dabei hat sie ihre Schilderungen nicht beschönigt, sondern wirklich alles, was bei der Behandlung von Max und Jonas vorgefallen ist, klar gesagt: die Tatsache, dass Fastow Max eine Überdosis gegeben hat, dass sie ihn heimlich fixiert haben; die Weigerung der Klinik, sie an dem Prozess teilhaben zu lassen, die sogar so weit ging, dass sie ihr den Zugang zu ihrem eigenen Sohn verboten haben. Danielle betont, dass Max depressiv war, aber nicht gewalttätig, und dass sich sein Zustand drastisch verschlimmert hat, seitdem er in Maitland eingeliefert wurde.
Es ist das, was sie den beiden nicht erzählt, was ihr solchen Kummer bereitet.
Mit keiner Silbe hat sie Max’ gewalttätiges Verhalten ihr gegenüber erwähnt oder die verheerenden Computereinträge – ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie sich in dieses Computersystem eingehackt hat, um an die Informationen heranzukommen. Ständig muss sie sich daran erinnern, kein weiteres strafbares Vergehen zu gestehen, indem sie Dinge enthüllt, die sie keinesfalls wissen kann. Der Staat hat bereits genug gegen sie in der Hand, um sie einen Kopf kürzer zu machen.
Die schlimmste Auslassung ist natürlich, dass sie Max blutüberströmt und zusammengerollt auf dem Boden von Jonas’ Zimmer vorgefunden hat – und zwar mit der Mordwaffe in der
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