Mutterliebst (German Edition)
Schlafzimmer macht, hört sie es erneut. Auf Zehenspitzen schleicht sie ins Wohnzimmer. Es ist dunkel.
Eine Gestalt sitzt auf dem Ledersofa – ein Mann. Seine Füße liegen auf dem Couchtisch aus Glas. „Haben Sie eine Ahnung, wie verfickt dumm Sie sind?“
Sie schaltet das Licht ein. „Doaks!“
„Ja, Doaks – wen haben Sie denn erwartet?“, fragt er. „Die Bundespolizei?“
„Wie sind Sie …“
„Ich bin ein Ermittler, schon vergessen? Ich habe das Mädchen an der Rezeption beschwatzt, mir einen Ersatzschlüssel zu Ihrer Suite zu geben. Hab ihr tatsächlich weisgemacht, ich wäre Ihr verdammter Ehemann.“ Er grinst. „Außerdem ist das nun mal mein Job – ich finde Bekloppte wie Sie, die saudumme Aktionen abziehen, die sie wieder in den Knast bringen, wo sie hingehören. Es hat bestimmt nicht geschadet, dass Ihr Junge Ihrer Spur folgt und mir mittlerweile so weit vertraut, um uns zu sagen, wo Sie sind.“ Er schüttelt den Kopf. „Er ist wirklich ein Crack, was dieses Gerät anbelangt, mit dem er ständig rumspielt, daran gibt’s keinen Zweifel. Und Mann, er war vielleicht angepisst, als er rausgefunden hat, wo Sie stecken.“
So viel dazu, ihren Trip geheim zu halten.
Doaks trägt einen öligen Regenmantel und einen alten Filzhut, der so aussieht, als wäre eine Herde Elche drübergetrampelt. „Haben Sie eigentlich eine Ahnung, wie stinksauer Sevillas auf Sie ist? Seien Sie besser brav und froh drüber, dass ich ihn überredet habe, mich hierherkommen zu lassen, um Sie nach Hause zu bringen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, dann hätte er irgendeinen Cop rübergeschickt, der Ihnen Handschellen anlegt und Sie nach Plano zurückverfrachtet.“ Er zieht einen Umschlag aus seinem Regenmantel. „Von Tony.“
Auf dem cremefarbenen Papier stehen nur ein paar hastig hingekritzelte Worte.
Danielle,
bitte komm zurück – sofort. Du weißt, was ich für Dich empfinde, aber auf diese Weise kann ich weder Dich noch Max beschützen. Es wird alles gut werden, doch Du musst auf mich hören. Nur so kannst Du Max helfen.
Tony
Danielle nimmt auf dem Stuhl gegenüber von Doaks Platz. Sie fühlt sich nur noch müde – abgrundtief müde. „Ich sehe keinen Sinn darin, mich zu verteidigen.“
„Na, darauf wette ich“, erwidert Doaks. „Was in aller Welt tun Sie hier überhaupt? Ganz zu schweigen davon, wie Sie es geschafft haben, diese schicke Fußfessel abzustreifen.“ Er kichert. „Das muss ich Ihnen lassen – wenn sie es rauskriegen, bevor ich Sie zurückbringe, was ich bezweifle, dann wird der alte Reever zur Lachnummer des ganzen Reviers. Als ich den Karton unter Ihrem Bett gesehen hab, dachte ich daran, eine rote Schleife drumzubinden und es ihm zu Weihnachten zu schenken.“
„Wie sind Sie in mein Apartment gekommen?“
Er wirft ihr einen stummen Blick zu.
„Okay, okay“, seufzt sie.
„Sie hätten rangehen sollen, als ich Sie auf dem Handy angerufen habe“, sagt er mild. „Hätten uns erzählen sollen, dass Sie sich unpässlich fühlen, irgend so ein Frauending. Dann hätten wir Sie ein paar Tage in Ruhe gelassen.“
„Ich hatte eine Spur“, erwidert sie. „Ich habe Sie gebeten, ihr nachzugehen, aber Sie wollten nicht.“
„Eine Spur, hm?“ Er verdreht die Augen. „Scheiße, Sie klingen schon wie der verdammte Perry Mason. Also ist es das, was Sie den ganzen Tag gemacht haben – Sie sind Ihrer ‚Spur‘ gefolgt?“
Sie nickt.
„Und hat es sich gelohnt?“
Sie schüttelt den Kopf.
„Oh-oh.“ Er zuckt mit den staubigen Schuhen, die auf dem Glastisch liegen, und blickt sich im Zimmer um. „Sagen Sie, haben Sie hier was zu trinken? Meine Kehle ist völlig ausgetrocknet.“
Danielle steht auf und holt eine Auswahl kleiner Flaschen mit Alkohol aus der Minibar. Doaks deutet auf zwei von ihnen. Sie stellt die Gläser auf den Tisch, worauf er ihnen beiden einschenkt. Nach dem ersten langen Schluck schaut er auf die Papiere auf ihrem Schreibtisch und auf ihren Koffer. Er deutet auf Letzteren. „Okay, Miss P., trinken Sie aus und packen Sie Ihre Sachen zusammen. Wir verschwinden von hier mit dem Sechs-Uhr-Flug. Wenn es mir gelingt, Sie in Ihr Apartment zurückzuschmuggeln, ohne dass diese Schwachköpfe unten auf dem Revier etwas davon mitkriegen, retten wir beide vielleicht noch mal unseren Arsch.“
Sie trinkt ebenfalls einen ordentlichen Schluck ihres Drinks. „Ich fliege nicht zurück. Ich muss noch einer Sache nachgehen.“
Doaks wedelt mahnend mit dem Finger vor ihrer
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