Mutterliebst (German Edition)
seiner Zigarre, atmet kleine, dunkle Rauchwolken aus. Seine Augäpfel scheinen sich komplett in die Höhlen zurückzuziehen. „Sie ist … aus verschiedenen Gründen gegangen.“
Danielle spürt ein Kribbeln im Nacken. „Haben Sie sie gefeuert?“
„Nein“, entgegnet er. „Aber ich schätze, ich hätte es tun müssen.“
„Warum?“
Er weicht ihrem Blick aus. „Miss Miller hat meine Praxis verlassen, ohne zu kündigen. An dem einen Tag war noch alles in Ordnung, und am nächsten war sie plötzlich verschwunden.“
„Ich bin verwirrt, Doktor“, versetzt sie. „Sie sagen, dass sie aus einer Reihe von Gründen gegangen ist. Dann behaupten Sie, dass sie plötzlich verschwunden ist.“
Der Arzt schaut sie an. Sein Gesicht drückt Verzweiflung aus. „Ich habe die Gründe erst herausgefunden, nachdem sie gegangen war.“
Danielle streckt die Hand aus und berührt seinen Arm. „Ist schon in Ordnung. Erzählen Sie mir einfach, was passiert ist.“
Er strafft die Schultern. „Also gut. Aber bevor ich es Ihnen erzähle, müssen Sie mir versprechen, dass Sie diese Informationen nicht dazu benutzen werden, um Miss Miller gerichtlich zu belangen.“
Danielle stutzt. „Warum?“
„Was ich damit meine, ist, selbst wenn Sie die Informationen benutzen, um Ihrem Mandanten zu helfen, müssen Sie mir versprechen, dass die Justizbehörden nicht auf Miss Millers Aktivitäten hier in Chicago aufmerksam gemacht werden.“ Seine Stimme hat den ganzen Abend noch nicht so stark geklungen wie in diesem Moment. „Ich möchte nicht, dass sie sich vor Gericht verantworten muss. Verstehen Sie das?“
Danielle geht alle möglichen Fallstricke durch. Was auch immer diese Frau – selbst wenn es sich um Marianne handelt – in Illinois getan hat, es spielt keine Rolle für sie. Was sie braucht, sind Informationen. Jetzt. Sie wählt ihre Worte mit Bedacht. „Wie Sie wissen, habe ich keine Kontrolle darüber, was die Behörden in Illinois vielleicht tun oder auch nicht, aber ich hege nicht die Absicht, sie zu kontaktieren. Reicht Ihnen das?“
„Ja.“ Er wirkt erleichtert. Als er wieder zu sprechen beginnt, tut er es schnell. Es ist, als könnte er jetzt, wo der Damm einmal gebrochen ist, die Flut nicht mehr aufhalten. „Als Miss Miller ging, war ich schockiert. Diese Frau hatte dafür gesorgt, dass alles in meiner Praxis absolut glattlief, sodass ich keine Ahnung hatte, was ich tun sollte, als sie fort war. Sie haben den Computer auf meinem Schreibtisch gesehen?“ Danielle nickt und erinnert sich daran, wie merkwürdig sie es gefunden hatte, dass er nicht einmal eingestöpselt gewesen war.
„Nun, nachdem sie gegangen war, konnte ich nicht mal rausfinden, wann ich Termine hatte, geschweige denn welche Rechnungen bezahlt werden mussten oder wie ich an meine Patientenakten komme. Als Sharon noch da war, habe ich einfach meine Kommentare während der Untersuchung auf die Patientenkartei geschrieben, und sie hat danach alles in den Computer eingegeben.“ Er zuckt die Achseln. „Ich weiß nicht. Ich hielt es immer für völlig in Ordnung, die Patientenkarten in einer Aktenmappe aufzubewahren, doch Sharon wollte alles im System haben. Nachdem sie fort war, musste ich eine Computerfirma anrufen, nur um meine eigene Praxis wieder ins Laufen zu bringen.“ Zum ersten Mal zeigt sich ein Funke Leben in seinen Augen.
„Es hat Wochen gedauert, alles so zu entwirren, dass ich meine Praxis wieder halbwegs normal führen konnte. Ich habe eine neue Arzthelferin eingestellt und eine Sprechstundenhilfe für den Empfang.“ Seine großen Hände baumeln hilflos über den Sessellehnen. „Ich wollte alles wieder auf Papier umstellen – Papier kann ich sehen. Ich habe dem neuen Mädchen aufgetragen, die ganzen alten Karteikarten und Akten aus dem Keller zu holen, wo Sharon sie eingelagert hatte, nachdem sie alles in den Computer eingegeben hatte.“
„Was ist dann passiert?“
Der Arzt seufzt. „Das neue Mädchen hat die Akten in mein Büro gebracht. Sie bat mich, sie durchzusehen, weil sie verwirrt war. Nun, ich habe sie mit nach Hause genommen und Seite für Seite durchgelesen. Jede einzelne Akte war verändert worden.“
„Was meinen Sie damit, verändert?“
Wieder weicht er ihrem Blick aus. „Als ich die Patientenakten und die Notizen, die ich während der Untersuchungen gemacht hatte, verglich, fiel mir auf, dass die Computerversion desselben Vorgangs … anders war.“
Danielle beugt sich vor. „Inwiefern
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