Mutterliebst (German Edition)
anders?“
Jojanovich schüttelt den Kopf. „Die Computerversion – diejenige, die zur offiziellen Patientenakte wurde – stimmte nicht mit meinen Notizen überein. In manchen Fällen waren die Veränderungen ganz subtil, in anderen nicht so sehr.“ Sein Kiefer verkrampft sich. „Es gab Fälle, in denen zwar der Zustand des Patienten korrekt beschrieben war, aber nicht die Behandlung oder die Medikamente, die ich verordnet hatte.“
Danielle atmet scharf ein. Sie kann nicht anders. Plötzlich kommt ihr in den Sinn, dass Marianne das Passwort der Krankenschwestern gekannt und ganz genau Bescheid gewusst hatte, über welches Sicherheitssystem die Klinik verfügte. Sie stellt sich vor, wie Mariannes Finger über die Tastatur des Computers in Maitland fliegen. Ob sie Jonas’ Einträge verändert hat? Vielleicht auch die von Max?
Jojanovich bemerkt ihre Reaktion nicht. „Viele der Medikamente, die in der Computerversion verordnet waren, waren sogar kontraindiziert für die spezifische Diagnose, die ich gestellt hatte.“ Seine Stimme senkt sich zu einem Wispern. „In manchen Fällen hätten die Medikamente, die sie aufschrieb, den Patienten ernsthaft gefährden können.“
Oh, mein Gott, denkt sie. Jonas. Max. Sie schaut Jojanovich fest in die Augen. „Warum sollte sie so etwas tun, Doktor?“
Seine Miene verdüstert sich. „Darauf komme ich gleich. Ich habe auch herausgefunden, dass Sharon eigene Aktenblätter mit meinem Namen angelegt hat. Dort trug sie den Patientennamen, die Krankengeschichte, das Datum, wann der Patient in der Praxis war und Ähnliches ein. Nachdem dieses Papier meine Unterschrift erhalten hatte, wurde es eingescannt und im Computer gespeichert.“ Danielle wirft ihm einen fragenden Blick zu.
„Sharon hat einen Stempel mit meiner Unterschrift anfertigen lassen“, erklärt er. „Damit ich nicht jede routinemäßige Korrespondenz oder dergleichen extra unterschreiben musste. Mit anderen Worten, sie hat Symptome und Behandlungsprotokolle fabriziert. Zuerst konnte ich es nicht glauben, aber als deutlich wurde, dass mindestens zwanzig meiner Patientenakten gefälscht waren, hatte ich keine Wahl.“ Er nimmt einen Schluck seines jetzt wässrigen Drinks.
„Haben Sie tatsächlich Rezepte für die Medikamente ausgestellt, die sie in den gefälschten Akten aufgeführt hat?“
„Ganz ehrlich, Miss Parkman?“, antwortet er gequält. „Ich weiß es nicht. Jeder Arzt, der eine kompetente Mitarbeiterin hat, lässt sie die Rezepte einfach auf einem bereits unterschriebenen Rezeptblock ausstellen. Sie war eine exzellente Krankenschwester. Ich hatte überhaupt keinen Grund, ihr zu misstrauen.“ Er stockte. „Zumindest bis später.“
„Hat sich einer Ihrer Patienten über ungewöhnliche Symptome oder wegen anderer Probleme beklagt?“ Sie denkt an Max in seiner künstlichen Benommenheit, der sich aggressiv gebärdet und vielleicht sogar Jonas tötet? Sie schaudert.
„Nachdem sie gegangen war, berichteten ein paar von ihnen über irreguläre Symptome verglichen zu dem, was ich erwartet hätte, aber ich habe allen eine kostenfreie Behandlung angeboten“, sagt Jojanovich. „Ich musste mehrmals Medikamente ändern, die Sharon ohne mein Wissen ‚verschrieben‘ hatte. Glücklicherweise, trug keiner der Patienten ernsthaften Schaden davon. In allen Fällen war ich in der Lage, die Probleme zu beheben.“ Er schaut aus wie ein Prügelknabe, der bereit ist, seine Strafe zu empfangen.
„Aber warum sollte sie das tun?“, lässt Danielle nicht locker. „Welchen Grund könnte es dafür geben, dass sie Ihren Patienten falsche Medikamente verschrieb?“
„Das alles klingt natürlich so lange sehr merkwürdig“, erwidert er sanft, „bis eine Frau in Ihre Praxis spaziert und Informationen zu einem Patienten haben will, den Sie nie gesehen haben – einen, der ermordet wurde – und Ihnen dann auch noch ein Dokument mit Ihrer Unterschrift darauf zeigt.“
Danielle überdenkt seine Worte. Dieselbe Frage quält auch sie. Warum musste Marianne eine Überweisung fälschen, damit Jonas nach Maitland kam? Und weshalb wählte sie dazu ausgerechnet einen Arzt aus, dessen Praxis sie an den Rand des Ruins getrieben hatte? Das war dumm. Und wenn Marianne eins nicht war, dann dumm. „Wieso sollte … Sharon … Sie als überweisenden Arzt für ihren Sohn benutzen, wenn ihr doch klar sein musste, dass Sie nach ihrem Weggang herausfinden würden, was sie getan hatte?“
Verlust und Furcht zeichnen sich
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