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Muttersoehnchen

Muttersoehnchen

Titel: Muttersoehnchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Fink
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Earth die Parkmöglichkeiten erkunden. Das war für ihn Stress pur, weil ich abweichend zum Alltag nun geführt werden wollte. In ein gutes Restaurant zu einem Tisch am Fenster, mit Blick auf den Eiffelturm oder über die Themse, je nachdem. In jedem Fall aber mit einer Spielecke für die Kinder. Wenn eine der Komponenten fehlte, konnte ich sehr unleidlich reagieren.

    Ich gehe mit der Schüssel Trostpudding wieder zu Lysa ins Zimmer. Die hat nun Schluckauf. Unter Schniefen und Schluchzen erfahren wir so allmählich, was passiert ist. Patrick hatte ihr für die Zeit nach ihrer Party ein Gespräch angekündigt. Schluss machen wolle er nicht, vielleicht etwas mehr Distanz, aber darüber würden sie noch reden. Und dann hatte sie vorhin auf Facebook gesehen, dass er den Beziehungsstatus schon von Liiert auf Single umgestellt hat. Ich halte meiner kleinen Großen einen Löffel hin, aber sie dreht den Kopf zur Seite.
    Patrick ist nicht unsensibel, er ist ängstlich. Weil er Lysa nicht wehtun wollte, sandte er diffuse Signale, wollte sich offenbar scheibchenweise trennen. Er ist ein Weichei, das macht es für meine Tochter besonders hart. »Ey, shit, der Typ. Das ist ja ’ne echte Pussy«, sagt Maik. Und dass Facebook genauso Shit ist, sagt er auch. Nur weil es Millionen benutzen, glauben alle, dass es gut sein muss. Er erscheint mir plötzlich männlich-pragmatisch: »Kann ich deinen Pudding haben, Lysi?«

    Ministerin Schröder will mit dem Boys Day auch die sozialen Kompetenzen der Jungs fördern. Noch vor ein paar Jahren hätte ich über den Satz hinweg gelesen, so selbstverständlich erschien mir, dass diese sozialen Kompetenzen prinzipiell unterentwickelt sind. Das Gemüt eines Metzgerhundes ist den Knaben in die Wiege gelegt, zunächst und vor allem sind sie rücksichtslos. Dem kann
man nur entgegenwirken, indem man ihnen zum Umbau eine weibliche Hand reicht. So wird Konkurrenz zur Kooperation, aus Prahlerei ein Stück Bescheidenheit und aus jedem Kampf ein Gespräch. So die Prämisse.

    Ich hielt Maik für unsensibel, weil er auf viele meiner Anforderungen nicht sofort und für mich sichtbar reagierte. Oft dachte ich, ich erreiche ihn gar nicht, weil er kaum mit der Wimper zuckte. Dass meine Appelle trotzdem in ihm arbeiteten, konnte ich mir nicht vorstellen. Den Mann vom Typ Clint Eastwood, der erstmal auf dem Streichholz kaut und überlegt, bevor er ins Dorf reitet, um zu tun, was getan werden muss, hatte ich aus meinem Stammhirn gelöscht.
    Der kleine Maik wurde bereits groß mit einem gehörigen Respekt vor Mädchen. Sie machen ihm Angst seit er drei Jahre alt ist. Aber er lernte von mir wie von jeder Lehrerin, dass wir das Opfergeschlecht sind. Die Unterlegenheit seiner Spielkameradinnen und Mitschülerinnen konnte er bis auf den körperlichen Unterschied nie so richtig erkennen, aber irgendwie musste er immer Rücksicht nehmen und sich darüber hinaus mädchenhafte Attitüden aneignen.

    Am Montag stellt Lysa ihren Patrick, der ihrer nicht mehr sein will, in einem Vier-Augen-Gespräch zur Rede. Sie erfährt, dass es ihm zu eng geworden sei mit ihr. Natürlich habe er sie noch lieb, ja, ganz bestimmt. Aber er brauche mehr Freiraum und wolle es deshalb erstmal allein versuchen. Am besten, sie warte darauf, dass er sich wieder melde, sagt er. Auf keinen Fall solle sie ihn anrufen, und auch in der Schule will er die Pausen nicht mehr mit ihr verbringen.
    Ich dachte, Lysa verliebt sich, aber zerbricht nicht daran. Jetzt erlebe ich sie tief verzweifelt. Sie ist am Limit. Diese Lysa hat nichts mehr mit dem Bild einer toughen Frau zu tun und schon gar nicht mit dem Bild, das Frauen in den Medien abgeben und mit denen sich Leserin und Zuschauerin identifizieren soll.
    Da muss ich tollen Kommissarinnen mit dümmlichen Assistenten bei ihren Ermittlungen folgen, fröhlich chaotische Alleinerziehende
in Führungspositionen beklatschen und von betrogenen Ehefrauen lernen, die ihr Leid kapitalisieren, sprich: ihn ausnehmen. Frauen, die das Leben so schwer durchwirbelt, bis sie endlich erkannt haben, was für Scheißkerle die Männer sind. Frauen, die eigentlich besser ohne Mann klarkommen, aber trotzdem im Film den einen kennenlernen, der ganz anders ist als alle anderen. Den, der sie aufrichtig liebt. Ihn nehmen sie großzügig in ihr Leben auf, damit sie ihn liebhaben können wie einen kleinen Hund. Mr. Right bewohnt ein großes Haus und fährt ein schnelles Auto. Erreicht hat er Reichtum und Status mit ungebrochenem

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