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Muttersohn

Muttersohn

Titel: Muttersohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
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aufkreuzt, ist schon mal gut. Ich geb dir die Unterlagen mit, du liest dir das durch. Und wenn du dich bewirbst, bist du mein Kandidat. Jeder Neuling braucht einen Mentor. Dann bist du ein Jahr lang Kandidat und tust alles, was an niederem Zeug anfällt, dann wird abgestimmt, und ich sage dir voraus: Du wirst gewählt. Du hast in der ersten Show bewiesen, du kannst Leute begeistern. Und genau das brauchen wir. Ich sag dir schnell auf die drei Gebote der Jollynecks.
    1. Gebot: Wir sind gegen die Armen und gegen die Reichen.
    2. Gebot: Wir sind gegen alles außer gegen uns selbst.
    3. Gebot: Hasse deinen Nächsten statt dich selbst.
    Weil Percy nichts sagte, sagte Katze: Und?!
    Ja, sagte Percy, es ist so. Dann wartete er, bis drüben die gerade aufschwellende Lachsalve vorbei war, und sagte: Ich bin gegen nichts. Darum bin ich natürlich auch nicht gegen euch.
    Katze sagte: Das passt.
    Jetzt lachten mehrere.
    Katze sagte: Die lachen, weil du sagst, du seist gegen nichts. Das erste Jollyneck-Gebot, auf das jeder, der aufgenommen werden will, schwören muss, dass er gegen alle sei, außer gegen sich selbst. Brüder, sagte er dann, dass er gegen nichts ist, gefällt mir. Ich weiß noch nicht, warum, aber ich spür’ da was. Was Verwandtes. Zweistein, sagte er zu einem hin, der kahl geschoren, aber bärtig war, du denkst das mal durch, klar!
    Zweistein, überprompt: Alles klar, Katze.
    Der fuhr fort: Vielleicht sollte ich ihm noch unseren Praxistext aufsagen, was meint ihr.
    Allgemeine Zustimmung.
    Also, pass auf, Praxistext, Satz Nummer eins: Wir erledigen etwas.
    Der zweite Satz: Für Geld tun wir fast alles.
    Der dritte Satz: Wir nehmen Ihre Aufträge entgegen. Unsere Web-Site ist dem Andrang kaum noch gewachsen. Nur dass du begreifst: Wir fällen Urteile. Über Gott und die Welt. Jeden Freitag. Jeder kann sagen, was er verurteilt sehen will. Dann wird diskutiert. Dann entscheide ich: Freispruch oder Urteil. Wir vollstrecken noch keine Urteile. Beispiel: Der Professor, der schuld ist, dass meine linke Hand samt Unterarm nicht repariert wurde, ist von uns verurteilt worden. Wir hacken ihm die linke Hand samt Unterarm ab. Noch nicht gleich. Aber sobald wir aus der Epoche der Urteile in die Vollzugsepoche eintreten, ist er dran. Da drüben siehst du unsere Rechner, unsere Drucker, unsere Technik. Da wird alles gespeichert. Alle Anfragen, alle Aufträge, alle Urteile. Wir werden jetzt schon mit Anzahlungen honoriert. Sobald die Aufträge ausgeführt werden, wird die Bezahlung verfügt. Dann wird bezahlt, das ist sicher. Die drei Jollynecks-Gebote und der Praxistext stehen im Internet. Das sind die Texte der Austrian Action. Und die sind so attraktiv, dass ich uns bald als vollprofessionelle Erlediger sehe. Die Sponsoren rennen uns nach. Die Auftraggeber stehen Schlange. Es herrscht ein verstörender Mangel an Gerechtigkeit. Allzu lange können wir unseren Zulauf nicht mehr mit der Epoche der Urteile hinhalten. Die Exekutionen müssen folgen. Wenn du mitkriegen willst, wie wir wachsen, draußen auf den Straßen, die Bikes, auf jedem Bike mit dem extrahohen Lenker und mit dem verlängerten Chrom-Auspuffrohr sitzt einer von uns. Ein bisschen Uniform darf schon sein. Du bist, wie du da hockst, herzlich willkommen in der Hass-Burg.
    Percy: Mein Programm ist Liebe.
    Katze: Unser Programm ist Hass.
    Percy: Da passen wir ja prima zusammen.
    Katze: Sag das noch einmal?
    Percy: Da passen wir ja prima zusammen.
    Katze: Ich bin ein bisschen doof, verstehst du. Aber ich finde, das stimmt. Zweistein bringt’s heraus. Ich weiß es schon, fühl es schon: Wir passen zusammen.
    Percy: Ich habe das nur so dahingesagt.
    Katze: Nichts ist wichtiger als das Dahingesagte. Brüder, ich schlage vor, wir schaukeln ihn. Und zu Percy: Das passiert normalerweise erst nach Monaten. Aber ich habe das Gefühl, du seist reif. Wir schaukeln dich jetzt schon. Wenn du vor Angst kotzen musst, rufst du: Schluss. Und rief: Franziskus! Drück drauf!
    Der so Gerufene eilte zu einem Mischpult, drückte drauf, das Sofa ging in die Höhe und fing an zu schwanken.
    Hohe See, rief Katze.
    Yes, Sir!, rief Franziskus zurück Das Sofa schwankte etwas mehr, aber gemächlich.
    Windstärke fünf, rief Katze.
    Das Sofa schaukelte heftig.
    Neun, rief Katze.
    Das Sofa sackte links hinab, rechts hinauf und das immer schneller. Massimo klammerte sich an Percy. Percy rief: Schluss. Das Sofa stand still.
    Die drunten lachten.
    Katze rief: Percy! Wie geht’s?
    Percy: Ich will

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