Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)
attraktiv, sehr unerfahren, streng katholisch, den Kochlöffel schwingend. Sie führte ihr absolutistisches Regime ein, feuerte unsere Kinderfrau und ließ uns taufen. Sie war das krasse Gegenmodell zu meiner leiblichen Mutter. Zunächst verwöhnte sie mich, und ich konnte so ungezogen sein, wie ich wollte – ich war ja ihr Liebling. Sie dominierte meinen Vater und machte ihn zum Pantoffelhelden. Nur weil er alles zuließ, konnte sie nach Belieben schalten und walten. Die Firma ging durch sie rasch den Bach runter. Als ich elf Jahre alt war, wurde das Verhalten meiner Stiefmutter zu mir schlagartig anders – sie bekam ihren eigenen Sohn. Unter meinem Protest wurde ich ins katholische Internat abgeschoben. Sie war eben eine Mutti.
Aber sie konnte mich nicht brechen, die acht freien Jahre hatten mich gefestigt. Ich erlebte ernste Schwierigkeiten im Leben, aber ich blieb mehr oder weniger heil. Es hatte auch sein Gutes: Durch ihre destruktive Terrorherrschaft weiß ich heute, wie sich viele Kinder fühlen. Ich kenne beide Seiten, ich kenne die liebende, zugewandte Mama, und ich kenne die oberflächlich lächelnde, innerlich aber kalte und gefühllose Mutti – und beides sehr genau. Leider kennen die meisten unterdrückten Kinder nur die eine, die schlimme Seite und können deshalb nicht ermessen, wie schön es ist, eine echte Mama zu haben.
Mit diesem Buch will ich Ihnen die Augen öffnen: Unsere Gesellschaft ist infiziert mit Mutti-Systemen. Mittlerweile hat die Zunahme von psychischen Erkrankungen dramatische Formen angenommen. Immer mehr Fälle von Depressionen, Ängsten und Burn-out sind der Grund für dramatisch gewachsene Krankenhauseinweisungen, Millionen von Fehltagen, Verdopplung der Arbeitsunfähigkeitstage und Erwerbsminderungsrentner in zehn Jahren. Um etwas zu tun und nicht immer nur zu schimpfen, habe ich versucht, in Medien und Parteien konstruktiv mitzuarbeiten, um gesellschaftliche Veränderungen dort anzustoßen, wo sie am notwendigsten wären – aber ich bin krachend vor die Mutti-Wand gelaufen. Von offener, an der Sache orientierter Diskursfähigkeit sind wir in Deutschland Lichtjahre entfernt. Die politische und mediale Meinungsbildung ist ein Machtprozess, kein ergebnisorientierter Umgang mit Themen oder Inhalten. Unser Regierklub und die Medienmacher ließen verlauten: kein akuter Handlungsbedarf.
Ich habe mich mit führenden Persönlichkeiten unserer Gesellschaft getroffen und über die Probleme gesprochen, die in der Keimzelle unserer Gesellschaft bestehen, nämlich in der Familie. Dafür bin ich ausgewiesener Fachmann und habe etwas zu sagen. Immerhin werden meine langjährigen Diagnostik- und Therapieerfahrungen durch repräsentative Ergebnisse der Empathie- und Psychopathieforschung bestätigt. Zum Beispiel: Frauen und Männer können von ihrer Anlage her ähnlich empathisch und psychopathisch, ehrlich und verlogen, liebevoll und gewalttätig sein. In modernen Gesellschaften haben Frauen und Männer daher bei ähnlicher Sozialisation und kultureller Entwicklung auch ähnliche Möglichkeiten und Grenzen in Familie, Beruf und Gesellschaft.
Auf diesen fundierten Erkenntnissen basierend, habe ich konkrete Lösungsansätze und Vorschläge jenseits aller Parteigefüge und des medialen Mainstreams ausgearbeitet. Immer ging es mir um Verbesserungen der Persönlichkeitsentwicklung von Jungen und Mädchen sowie der Beziehungsbildung für passende Partnerschaften von Frauen und Männern, Müttern und Vätern in Familie, Beruf und Gesellschaft. Darauf basiert doch alles, was unsere Gesellschaft ausmacht – besonders die qualifizierte frühkindliche Erziehung und Bildung unserer Kinder. Aber ich habe in Medien und in Parteien außer Ablehnung, Gleichgültigkeit, Schulterzucken oder ohnmächtigem »Sie haben ja recht« hinter vorgehaltener Hand nichts erreicht.
Warum sind wir so machtlos und so veränderungsresistent?, habe ich mich gefragt. Meinen Patienten und Klienten konnte ich doch helfen. Aus der Weiterentwicklung von Persönlichkeiten und Paarbeziehungen konnte ich viel lernen, Muster und Erfolgsfaktoren, Hemmnisse und Lösungsansätze analysieren und aufdecken. Es geht doch! Ich weiß, wenn wir die zwischenmenschlichen Probleme in den Familien offen beim Namen nennen und an der Wurzel packen, lösen wir den Knoten.
Der Grund der meisten unserer Probleme liegt im Umgang bestimmter Mütter und ihrer Stellvertreterinnen mit unseren Kindern. Hier gibt es zu wenige Mamas und zu viele Muttis.
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