Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)
dem Jahr 2011 unter 1000 Männern im Alter zwischen 20 und 55 Jahren äußerten 45 Prozent der Befragten ihre Furcht vor »sehr oder eher negativen Konsequenzen«, wenn sie in Elternzeit gehen würden. Laut einer Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung rechneten sogar 80 Prozent jener Männer, die in Elternzeit gingen, mit negativen Reaktionen im Unternehmen.
Kein Wunder, dass nur knapp ein Viertel der Väter das Elternzeitangebot annimmt – und das meist in banger Sorge, was sie am Arbeitsplatz erwartet, wenn sie wieder zurückkehren. Viel mehr als die vorgeschriebene Mindestzeit von zwei Monaten in Anspruch zu nehmen, trauen sie sich nicht: 3,4 Monate betrug im Schnitt die Bezugszeit des Elterngeldes für Väter bei der letzten Erhebung; Mütter dagegen blieben durchschnittlich knappe zwölf Monate beim Kind. Nicht zuletzt die Angst vor Karriereeinbußen hindert Väter also daran, die Kindererziehung auf ihrer Prioritätenliste weit nach oben zu schieben.
Dies alles ist ein Spiegel dessen, wie die Gesellschaft die Rollenverteilung von Männern und Frauen sieht. Dieser Einschätzung entsprechend findet schließlich die politische Willensbildung statt; Förderprogramme werden angeschoben, Gesetze auf den Weg gebracht. Dass die Gesellschaft die Erziehung der Kinder immer noch in erster Linie als Sache der Mutter ansieht, zeigt sich besonders deutlich darin, wem die Kinder zugewiesen werden, wenn eine Beziehung auseinandergeht.
Das Imperium schlägt zurück
Bei unverheirateten Eltern hatte bis vor Kurzem noch automatisch die Mutter das Sorgerecht. Der Vater bekam es (allein oder gemeinsam mit der Mutter) nur, wenn er es beantragte – und die Mutter damit einverstanden war. Bis 2010 hatte ein unverheirateter Vater überhaupt keine Chance, wenn die Mutter sich dagegen aussprach. Ein Wort von ihr genügte, und der Vater war draußen. Ohne Möglichkeit, vor Gericht angehört zu werden.
Seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts kann er neuerdings das Sorgerecht einklagen. Aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass nach langem Rechtsstreit doch die Mutter recht bekommt – warum auch immer. Einer der Gründe dafür, dass es in Deutschland 1,4 Millionen alleinerziehende Mütter, aber nur 154 000 alleinerziehende Väter gibt. Wir werden sehen, ob sich daran in den nächsten Jahren etwas ändert.
Auch nach Scheidungen ergibt sich ein ähnliches Bild: Zwar verbleibt in neun von zehn Scheidungsfällen das Sorgerecht bei beiden Eltern. Wenn die Eltern sich darum streiten, sieht es aber düster aus für den Vater. In jedem zweiten Fall, der vor Gericht landet, bekommt dem Statistischen Bundesamt zufolge die Mutter das alleinige Sorgerecht zugesprochen. In jedem fünften Streitfall bekommen es weder Vater noch Mutter, sondern zum Beispiel andere Verwandte des Kindes oder ein amtlicher Vertreter. In jedem sechsten Fall wird das Sorgerecht auf beide Eltern verteilt, und nur in jedem siebten bis achten Fall erhält es der Vater allein.
Im Klartext bedeutet das: Dass ein Vater in einem Sorgerechtsstreit vom Gericht das alleinige Sorgerecht zugesprochen bekommt, ist noch unwahrscheinlicher, als dass das Kind im Heim landet. »Im Grunde hat man als Mann nur eine Chance, das alleinige Sorgerecht zu bekommen, wenn die Frau sich prostituiert, geistig krank ist oder trinkt«, sagt ein Amtsgerichtspräsident aus Nordrhein-Westfalen hinter vorgehaltener Hand.
Und selbst wenn der Vater das Sorgerecht mit der Mutter teilen darf, heißt das nur, dass er in wichtige Entscheidungen mit einbezogen werden muss. Die Entscheidung etwa, auf welche Schule das Kind geht oder ob es im Krankheitsfall operiert wird. Auch, ob die Mutter mit dem Kind um- und also womöglich vom Vater wegziehen kann. Nur wer das Sorgerecht hat, kann hier mitentscheiden. Ob die Mutter seine Meinung dann de facto auch berücksichtigt, ohne dass wiederum die Gerichte bemüht werden müssen, ist eine andere Frage.
Und das Sorgerecht zu haben heißt für einen Trennungsvater noch lange nicht, dass er das Kind auch sehen darf. Das wird im Umgangsrecht geregelt, und da steht zum Beispiel, dass der Vater sein Kind an jedem zweiten Wochenende für sechs Stunden abholen darf. Theoretisch.In einer Langzeitstudie begleitete die Soziologin Anneke Napp-Peters zwölf Jahre lang 150 Scheidungsfamilien. Sie fand heraus, dass ein Drittel der Väter, die kein Sorge-, aber ein Umgangsrecht für ihre Kinder hatten, nach der Trennung ihre Kinder deutlich seltener sahen als vom
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