Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)
des Sorgerechts angedroht wurde, lenkte sie ein.
Ab da lief es besser für alle Beteiligten, vor allem auch für die Kinder. Der Sohn konnte endlich zugeben, wie sehr er unter dem »Auftrag« seiner Mutter gelitten hatte und wie wohl er sich jetzt fühlte, wo er auch erzählen durfte, wie toll es beim Papa und seiner »Neuen« gewesen sei.
Eric fühlte sich zunehmend wohler in seiner Haut, seine neue Frau und seine Kinder profitierten sehr von den klaren Verhältnissen, die er geschaffen hatte. Bis in seinen beruflichen Alltag hinein strahlte sein neues Verhalten positiv aus. Sogar seiner Exfrau ging es besser, nachdem er ihr ihre dunkle Macht aus der Hand geschlagen hatte. Sie lernte nämlich Vertrauen zu fassen, dass weit und breit niemand existierte, der ihr die Kinder wegnehmen wollte.
Eine Erfolgsgeschichte? Nicht ganz. Zwar schlägt sich Eric tapfer, doch es fällt ihm heute noch schwer, nicht in alte Verhaltensmuster zurückzufallen. So wie vielen schon in der Kindheit schwer geschädigten Menschen wird es ihm vermutlich nie gelingen, mit einer ganz selbstverständlichen, gesunden Portion Selbstvertrauen und ohne ständigen Energieaufwand auf sich selbst zu achten und seinen Weg zu gehen. Was für Menschen, die in liebevoller und zugewandter Atmosphäre aufwachsen durften, selbstverständlich ist, wird für ihn wohl immer ein Kraftakt bleiben.
Viele von Muttis domestizierte Männer kennen ihre eigenen Bedürfnisse nicht. Wenn sie aufgefordert werden, »mal hinzufühlen«, wie es ihnen geht, was ihnen guttut, sind sie völlig erstaunt. Sie schauen, als ob sie gerade mit dem achten Weltwunder konfrontiert würden: Was, das soll wichtig sein? Oh, ich habe ja tatsächlich eigene Gefühle!
Dass die meisten Männer rational und gefühlskalt sind oder ihre Gefühle zumindest kaum zeigen, ist gesellschaftlicher Konsens. Ein »typischer« Mann interessiert sich eben mehr für das Getriebe seines Wagens als für den Streit zwischen seiner Frau und ihrer Schwester. Wenn er vom Tod eines früheren Nachbarn erfährt, schaut er seine Frau an, um aus ihrer Reaktion zu erfahren, wie er sich verhalten soll. Und er kann nicht unterscheiden, ob sein Herzrasen jetzt von einer körperlichen Krankheit kommt oder daher, dass er nervös und gestresst ist. Dieses Verhalten wird von Männern geradezu erwartet.
Für mich als Beziehungsfachmann ist das ein Ergebnis der weitverbreiteten Mutti-Diktatur in den Familien. Menschen sind vielschichtig, und es gibt viele Gründe für ein schwaches Selbstwertgefühl, aber wenn ein Mann in seinen ersten 20 Lebensjahren von Mutti vorgeschrieben bekommt, was er zu fühlen hat, und wenn dann seine Partnerin diese »Therapie« virtuos weiterführt, ist es kein Wunder, dass er jedes Gespür für sich verloren hat. Er stellt wie gelernt seine eigenen Emotionen zurück und tut ein Leben lang nur das, was von ihm erwartet wird.
Oft merken diese Männer erst an einer Depression oder einem körperlichen Zusammenbruch, dass sie mit ihrer Arbeit und ihrem Leben nicht glücklich sind. Dass ihnen die Rolle nicht passt, in die sie sich so widerspruchslos gefügt haben. Wenn so einer es dann tatsächlich schafft, den Beruf oder seine Partnerin zu wechseln, ist das schon ein Riesenerfolg. Nicht nur für seinen Lebensweg, sondern auch für die eigene Persönlichkeitsentwicklung.
Aber nur wenigen gelingt der Absprung. Viele fürchten sich vor dem Schritt in die Freiheit oder versuchen es zwar, halten aber die resultierenden Konflikte nicht aus. Sie flüchten sich wieder zurück in die warme Umklammerung des gewohnten Systems. Einmal eingeprägte Abhängigkeitsmuster im Verhalten sind nur sehr schwer zu überwinden.
Das ist eine Katastrophe für die Männer. Aber nicht nur für sie. Abgesehen vom Schaden an der eigenen Person: Wer als Mann kuscht, wird seiner Rolle als Vater nicht gerecht.
Vater sein dagegen sehr
Der Vater ist der Dritte im Bunde der Familie. Er macht aus der linearen Beziehung Mutter-Kind ein Dreieck, er erschafft also Fläche, eine Handlungsebene. In der Psychologie heißt dieser Prozess »Triangulierung«. Es ist für die Entwicklung des Kindes ungeheuer wichtig, dass der Vater ihm zeigt, dass seine Emotionen sich von der seiner Mutter unterscheiden können. Das Kind lernt: Ich kann mich auch mal von der Mutti ab- und meinem Vater zuwenden, kann auch mal wütend auf sie sein, ohne dass ich dadurch jeden Halt verliere. Dies ist unbedingt notwendig, damit das Kind sich allmählich von der
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