Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)
Schmutz an ihr hängen bleibt und ihr keine Last, die die Allgemeinheit tragen muss, angerechnet wird. Das ist der beste Mutti-Trick für dauerhaften Machterhalt: Schuld sind immer die anderen, und seien es nur die Umstände.
Das Problem dabei: Solange die Muttis regieren, wird alles verschleppt und verzögert, Entscheidungen warten jahrelang auf das Eintreten der Alternativlosigkeit, die Gesellschaft wird eingelullt und in den künstlichen Tiefschlaf versetzt, während die Umfragewerte der Mutti, die mit der Stagnation überall scheinbar nichts zu tun hat, strahlen und glänzen. Machiavelli könnte heute von Mutti Merkel noch so manches lernen.
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Die Erziehungskatastrophe
Uwe freut sich auf den gemeinsamen Samstag. Er will Jochen zu einer Fahrradtour abholen, anschließend gehen sie noch zusammen in den Biergarten. Jochen ist ein netter Kerl; Uwe hat ihn im Sportverein kennengelernt, beim Basketball. Heute treffen sie sich zum ersten Mal außerhalb dieses Rahmens.
Hausnummer 12, 14 – ah, hier ist ja die 16. Uwe drückt auf die Klingel. Jochen macht ihm freudestrahlend auf; er trägt ein verwaschenes T-Shirt mit der Aufschrift: »Jochen, der Super-Zivi«. Uwe stutzt kurz. Sein Kumpel ist wie er selbst Anfang 30, seine Zivizeit dürfte gute zehn Jahre zurückliegen. Offenbar hat er das T-Shirt als schöne Erinnerung aufgehoben.
»Komm rein«, sagt Jochen. »Ich pumpe gerade noch das Rad auf.« Uwe folgt ihm in den Flur. Dort sind mit Reißnägeln »Star Wars«-Poster aufgehängt. Unwillkürlich fragt sich Uwe, ob hinter der geschlossenen Schlafzimmertür eine mit kleinen Raketen und Sternschnuppen bedruckte Tapete und »Die wilden Kerle«-Bettwäsche warten. Im Wohnzimmer steht Jochens Fahrrad auf Sattel und Lenker, daneben liegt Flickzeug. Was wie eine tote Ratte neben dem Sattel auf dem Dielenboden liegt, ist ein Fuchsschwanz. Jochen hat ihn wohl vom im Halbstarkenalter genutzten BMX -Rad in die Shimanoära hinübergerettet. Mit Pokerfacemiene setzt sich Uwe aufs Sofa – und schaut frontal auf einen riesigen Flachbildschirm, an dem eine PlayStation 3 hängt. Im Regal daneben steht eine beeindruckende Auswahl von Spielen.
»Cool, was?«, fragt Jochen, der neben Uwe getreten ist. »Hier habe ich Diablo III , und die neuste Folge von Resident Evil, und Lollipop Chainsaw, und Grand Theft Auto V. Wenn du magst, komm doch mal am Abend zum Zocken vorbei. Aber jetzt können wir los, mein Rad ist so weit.«
Land der Nesthocker
Manche Menschen werden zwar volljährig, aber einfach nicht erwachsen. Eine Wohnung wie die von Jochen ist die Kulisse für eine Lebenshaltung, die Muttis Zöglinge pflegen, auch wenn sie den Kinderschuhen schon längst entwachsen sind. Die Symptome sind deutlich: Kleidung, für die man längst zu alt ist; Poster von Musikern und Filmen, für die man schon mit 16 schwärmte; Hobbys, die eher für Teenies als für gestandene Erwachsene taugen; Plüschtiere auf der Sofalehne aufgereiht. Die Requisiten der Jugend werden aufbewahrt und weiterbenutzt, auch wenn auf dem Spielplan des Lebens längst ein anderes Stück steht.
In die Gesellschaft hat sich ein merkwürdiges Phänomen eingeschlichen: Nicht die ältere Generation verliert sich in Nostalgie, sondern die jungen Erwachsenen sehnen sich nach ihrer Jugend zurück. Sie schauen mit Begeisterung die Fernsehsendungen, die sie als Kinder geliebt haben, verehren die alten Boygroups und ziehen weiterhin jedes Wochenende durch die Discos. »Die rückblickende Verklärung der Jugendzeit sagt weniger über die tatsächliche eigene Jugend, sie sagt mehr über die Ängste des Erwachsenendaseins aus. Teenager selbst sind nur selten der Meinung, sie verbrächten gerade die herrlichste Phase ihres Lebens. Die Nostalgie für die Jugend wird ausgelöst durch die ungemütliche Gegenwart des Erwachsenenlebens«, schreibt Frank Furedi, Soziologieprofessor in Kent, in seinem Artikel »Nesthocker im Nimmerland«.
Aber was genau ist es, was das Erwachsenenleben für die Peter Pans so abstoßend erscheinen lässt?
Der Kernpunkt der verlängerten Jugend ist die Unverbindlichkeit. Alles ist revidierbar. In jedem Lebensbereich. Bloß nicht dauerhaft festlegen! Jede Aussage wird so formuliert, dass sie problemlos wieder zurückgenommen werden kann. »Ich sag jetzt mal …«, ist so eine Phrase, die gerne dem eigentlichen Inhalt vorangestellt wird. Sie hält die Möglichkeit offen, in zwei Wochen, morgen oder in fünf Minuten etwas ganz anderes zu sagen. Mit
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