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Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)

Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)

Titel: Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Milsch
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bleiben, und zwar dauerhaft. Sie nimmt dafür in Kauf, dass die Gesellschaft zumindest blockiert, wenn nicht zurückgeworfen wird. Mutti-Systeme wirken nivellierend. Denn die Besten oder Fähigsten werden systematisch behindert, um die Machtbasis der Mutti keiner Gefahr auszusetzen. Die Wirtschaft stagniert infolgedessen, und wichtige gesellschaftliche Reformen werden aufgeschoben.
    Das Mutti-System ist abgeschottet. Nach außen wird Harmonie demonstriert, nach innen wird Macht skrupellos ausgeübt. Wer nicht kooperiert, wird abgesetzt. Inhaltliche, offene und ehrliche Auseinandersetzungen werden unterdrückt, denn Offenheit und Ehrlichkeit könnten der Macht der Nummer eins gefährlich werden. Kritik ist nicht vorgesehen und wird gnadenlos bestraft. Niemand steht öffentlich zu seinen Fehlern, und wer es doch tut, wird umgehend von der öffentlichen Bühne entfernt.
    Mutti an der Spitze bestimmt autokratisch, wer welche Funktion einnimmt. Ihre Macht übt sie vor allem über Personalentscheidungen aus, die sie trifft, um ihre Machtbasis zu festigen. Kompetenz ist kein Kriterium, um eine Position oder Funktion zu besetzen, das wichtigste Kriterium ist Konformität. Das Mutti-System ist darum geprägt von Nepotismus – Vetternwirtschaft, Demokratie hin oder her.
    Mutti-Systeme sind von Ungerechtigkeit durchsetzt. Es wird mit zweierlei Maß gemessen, je nachdem, ob Mutti oder jemand aus ihrer Entourage zu beurteilen ist oder ob es um einen internen Gegner geht. In manchen Fällen werden beide Augen zugedrückt, in anderen Fällen werden Menschen verunglimpft, bis sie zur Strecke gebracht sind. Recht oder Unrecht werden damit zu willkürlichen Machtfestigungsinstrumenten der Mutti.
    Bei all diesen Merkmalen von Machtausübung ist für Mutti-Systeme charakteristisch, dass Mutti am liebsten im Hintergrund agiert. Nach außen wirkt sie meist sehr nett, sie trägt niemals offen Konflikte aus, Mutti streitet nicht, Mutti umsorgt rund um die Uhr und hat so ihre Schäfchen bestens unter Kontrolle. Es kann sogar sein, dass Mutti nach außen unscheinbar und farblos wirkt, während sie in Wahrheit vor Machtfülle beinahe platzt.
    Und noch einmal ganz deutlich: Muttis müssen keine Frauen sein. Es gibt auch männliche Muttis. Das vielleicht beste Beispiel ist Helmut Kohl. Der langjährige Bundeskanzler war berühmt für sein Telefon- und Adressbuch, das er persönlich führte und als sein wichtigstes Machtinstrument nutzte. Ein Kreisgeschäftsführer wurde schwer krank? Ein Bezirkschef verlor seinen Job? Einem Funktionär scheiterte die Ehe? Immer rief der Parteivorsitzende und Bundeskanzler persönlich an, tröstete, gab Ratschläge, bot Hilfen an. Die Kehrseite dieser Fürsorge war aber knallhart: Erwartet wurde unbedingte Loyalität und Treue, ja fast Ergebung. Fehler, die der »Mutti« Kohl gebeichtet wurden, wurden großmütig verziehen – Ungehorsam aber mit Verstoßung bestraft. Nicht umsonst wurde immer wieder gesagt, die CDU sei Helmut Kohls eigentliche Familie gewesen – und mit der Mutti kämpft man nicht. Genau so agierte er auch und empfand Widerspruch als Verrat, als Aufkündigung einer emotionalen Beziehung. Darin lag das eigentliche Geheimnis seiner langen Kanzlerschaft: in dem Netz von emotionalen Beziehungen, das er über die CDU warf, der Umwandlung eines politischen Verbandes in eine Familie, in der Mutti streng, aber scheinbar liebevoll bestimmt.
    Mutti-Systeme gibt es in der Wirtschaft auf der Ebene von Unternehmen oder Konzernen, es gibt sie in der Politik auf allen Ebenen, vom Bürgermeister bis zur Kanzlerin, und es gibt sie in der Kirche aller Konfessionen, von der Pastorin bis zum Papst. Und die Redaktionen, Produktionsgesellschaften und Verlage, die mit offener oder versteckter Zensur die öffentliche Meinung kontrollieren und sich dessen in den meisten Fällen gar nicht bewusst sind, agieren wie Muttis Schäferhunde: Sie beißen und bellen so, wie es Mutti gefällt.
    Kritik für Anfänger
    Christian Wulff wird den meisten Deutschen wohl weniger wegen seiner Amtsführung als Bundespräsident als wegen der Umstände seines Rücktritts noch lange ein Begriff bleiben. Mir geht es ganz und gar nicht darum, ihn rehabilitiert zu sehen oder gar zu verteidigen. Für mich ist der Fall Wulff aber ein Musterbeispiel dafür, wie eine öffentliche Person Opfer des Mutti-Systems wurde.
    Ein gemauschelter Kredit genügte, Wulff als korrupten Politiker dastehen zu lassen. Mit Wonne wurden in den Medien immer neue

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