Mutti packt aus
Bosheit, dann kichern sie verächtlich und tun ganz harmlos. »Wieso denn nicht? Ist doch nix dabei, Frauenarbeit zu machen.« Er baut eine Burg aus seinem Oberkörper und funkelt drohend in die Runde: »Könnt ihr vergessen.«
Was tut man da als politisch korrekte Mutter, wenn man dem guten Gedanken, wonach das Potenzial gehoben werden muss, grundsätzlich nicht abgeneigt sein will und steinzeitliche Unterscheidungen wie Frauen- und Männerarbeit am Familientisch noch immer mit milder Strenge zu korrigieren weiß? Auch würde ich nie wagen, die »Tipps zu gendersensiblen Sprache und Kommunikation« zu ignorieren, die das Familienministerium auf der Boy’s-day-website anbietet. Ich bitte also meinen großen Jungen beim Abendessen höflich, mir die Salzstreuerin zu reichen und werbe in warmen Worten für die schöne Idee, dass es doch gut wä re, wenn jeder alles werden und alles machen könnte und nicht nur die Mädchen Lehrerin und die Jungen Ingenieu re, sondern auch umgekehrt. Blankes Unverständnis schaut mich an. »Wieso kann nicht einfach jeder machen, was er will?«, popelt meine Tochter im Urschlamm geschlechtlicher Diskriminierung. »In unserer Klasse will kein Junge Friseurin werden und die Mädchen Bauarbeiterin? Nee, ohne mich.« Sie schüttelt sich angeekelt. Jedenfalls plant sie, ihren Girl’s day im Friseurgeschäft zu absolvieren, auch wenn die Lehrerin den Mädchen in der Klasse ans Herz gelegt hat, einen Tag lang wacker auf Bau- und Tankstellen, in Kasernen, Werkstätten, Chefetagen und Fabriken ihre unterdrückten Talente spielerisch zu erkunden.
Die Sache mit dem Potenzial haben sie nicht gelten lassen. Auch wofür man jetzt einen Extra-Tag braucht, der Jungen und Mädchen die Vorzüge des jeweils gegengeschlechtlichen Berufsrollenentwurfs veranschaulicht, ist ihnen nicht plausibel zu machen. »Wäre das nicht toll, wenn ihr mal Chefinnen werden würdet?« Ich locke und balze, was das Zeug hält. »Sind wir doch schon!«, winkt die Große ab und die Kleine nickt feierlich dazu. »Mach’s doch einfach selbst!«, knarzt mein Junge und funkelt angriffslustig. »Sei du doch einfach mal für einen Tag – Papa!«, verlangt er und weidet sich an meinem Entsetzen. Wie jetzt? »Alles erlauben, nett sein und mit mir ins Stadion gehen!« Ich fass es nicht. »Und abends trinkst du dann Bier und wir gucken Sportschau.« In Windeseile bringe ich meine Abwehr in Stellung. »Ausgeschlossen. Das ist kein Beruf! Außerdem, wer kontrolliert dann die Hausaufgaben, wer macht die Wäsche, und einer muss euch ja schließlich erziehen!« Er ringt sich ein nachsichtiges Lächeln ab, an dem meine Parade zerschellt. »Wieso sollte ich wohl?«, trotze ich noch ein wenig hilflos herum. »Damit du mal siehst, wie das ist!«, mahnt er nachsichtig in meinem Tonfall. Honigsüß tropft es aus seinem Mund, dass es doch schön wäre, wenn auch ich alles könnte. Sorgfältig platziert er das k.o.-Argument. »Ich würde dann auch für dich die ganze Wäsche bügeln! Und die da erziehen«, er deutet mit dem Kinn in Richtung seiner Schwestern, »das mache ich mit links.«
Wollen wir was spielen?
»So, meine Lieben, heute bleibt die Glotze kalt«, habe ich am Samstagabend geflötet und beherzt dem Jüngsten die Fernbedienung aus der runden Faust entwunden. Ich bin kein Unmensch. Zur »Maus«-Zeit am Sonntagmorgen hätte ich das schließlich nie gewagt.
»Heute Abend spielen wir mal was!« Abgrundtiefe Verachtung schlägt mir dunkel aus acht Kinderaugen entgegen. Protest flammt auf. »Oh nee, ne?« – »Manno!« – »Na toll« – »Hallo! Mama! Jetzt kommt »Wetten, dass ..?«! Man tippt sich an die Stirn. »Wetten, dass nicht?« gebe ich angriffslustig zurück. »Ihr seid Kinder! Und Kinder spielen gern!«, trumpfe ich auf und berufe mich auf neueste Umfragen, wonach Kinder vor allem gemeinsame Spielabende mit ihren Eltern schmerzlich vermissen. »Aber doch nicht mit dir!«, jault meine Tochter und versucht gar nicht erst, diplo matisch zu wirken. »Du kannst doch gar nicht spielen!«
Zugegeben, ich bin nicht gut im Veranstalten imaginärer Tortenschlachten mit Teddys. Ich werde beim Barbiepuppenumziehen schnell müde. Ja, ich hege einige erwachsene und deshalb spielstörende Vorbehalte gegen das Ansinnen, mich im einen Moment als Hund an die Leine legen zu lassen und im nächsten als ICE-Schaffner meinen Text aufzusagen, damit der Legozug losfahren kann. Meistens finde ich es wichtiger, die Wäsche aufzuhängen, den
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