My Story. Streng geheim. - Aller guten Jungs sind drei
Gedichte im Kopf gehabt haben«, meinte Marta versonnen.
»Stimmt. Ich denke, er suchte eine Person, die nicht über ihn lacht.«
»Ich hätte auch nicht über ihn gelacht.«
»Du bist aber nicht seine Nachbarin«, gab ich zu bedenken.
»Leider.«
Marta bewunderte Cas’ Familie ohne Ende. Ihre Mutter verdiente als Krankenschwester das Geld für die Familie, ihr Vater war Hausmann, der sich vor der Hausarbeit drückte und lieber den Nachbarinnen die Tarotkarten legte und seine Aura pflegte, anstatt sich um Marta und ihre beiden Brüder zu kümmern. Marta erledigte den Haushalt, sie kochte und wusch die Wäsche und musste täglich darum kämpfen, dass ihre Brüder ihren Teil der Hausarbeit erledigten. In Martas Familie war das Geld immer knapp, wohingegen Cas’ Familie nicht nur ein Haus in Stuttgart, sondern sogar ein zweites an der Côte sowie eine Yacht besaß.
Marta setzte sich auf und umarmte mich. »Ich verzeihe dir, Zippi. Du konntest nicht anders handeln. Aber dir ist klar, dass wir ein großes Problem haben?«
»Sag schon!«
»Wir beide werden schweigen. Aber was ist mit Nele? So wie ich sie kenne, wird sie den Mund nicht halten. Es war dumm von dir, Cas’ Gedichte in ihrer Gegenwart zu lesen.«
»Sie hat mir die Blätter einfach aus der Hand gerissen!«, rief ich wieder. »Aber das ist ja noch nicht alles. Sie hat auch erraten, von wem der zweite Brief kam.«
Marta kannte mich. »Von deiner Mutter?«
Ich nickte.
»Hat sie den auch gelesen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Aber sie hat gesagt, ich wäre herzlos. Immerhin hätte ich noch eine Mutter …«
»Warum hast du ihr nicht eine gescheuert?« Bei zwei Brüdern hatte Marta gelernt, sich zu wehren.
»Ich weiß es nicht!«
Marta rutschte zur Seite, ich legte mich, weil das Bett sehr schmal ist, mit großer Mühe neben sie. Marta deckte uns beide zu.
»Aber weißt du, was ich nach dem Heulen getan habe?«, flüsterte ich.
»Sag mir’s.«
»Ich hab meiner Mutter eine Karte geschrieben.«
»Nein! Echt?«
»Ja. Ich hab geschrieben: Ich bin hier heroben auf der Jägeralpe. Es geht mir gut. Zippi. «
»Mensch, Zippi, das ist allerhand. Das hast du gut gemacht.«
»Danke.«
»Eine Antwort hast du noch nicht bekommen?«
»Nein.«
»Zeigst du sie mir, wenn …?«
»Ehrenwort.«
Marta lachte leise. »Ich bin nicht deine Muse.«
»Nein. Du bist nur meine allerbeste Freundin.«
Obwohl es zu zweit in einem schmalen Bett nicht gerade bequem ist, war ich schon fast eingeschlafen, als Marta wisperte: »Nele … Wo wohnt Nele eigentlich?«
»Hmmm? Nicht in Stuttgart. So viel ist sicher.«
»Was für ein Glück.«
»Warum? Möchtest du noch immer, dass sich Cas in dich verliebt, Marta?«
Anstatt Ja oder Nein zu sagen, fing jetzt Marta sozusagen bei Adam und Eva an. »Weißt du, Zippi, als du Hubertus’ Angebot bekamst, die sechs Wochen auf die Alpe zu gehen, und mich gefragt hast, ob ich mitkomme, dachte ich, es würden die langweiligsten
Ferien der Welt werden: nix als Kühe, Käse, Knödel. Keine Liebe, kein Abenteuer, keine Abwechslung. Natur pur eben. Langeweile total.«
»So kann man sich täuschen. Statt Langeweile hast du ›Liebe all-inclusive‹ gefunden«, murmelte ich schläfrig.
»Genau. Ich habe mich verliebt, und ich sage dir, Zippi, die Liebe ist das schönste, tollste, aufregendste Abenteuer der Welt. Weißt du, wie ich mich fühle, seitdem Franzl und ich verliebt sind?«
»Du hast Schmetterlinge im Bauch.«
»Quatsch. Was sind schon ein paar kleine Schmetterlinge im Bauch! Nein, Zippi! Ich fühle mich wie Sterntaler.«
»Wie das Mädchen im Märchen, dem es Sterne in die Schürze regnete?«
»Ja. Jeden Tag regnet es Sterne auf mich herab: Franzls Küsse sind Sterne, sein Lachen, sein Lob, seine Bewunderung - alles eben. Ich bin so glücklich wie Sterntaler, ich werde beschenkt und kann nichts dafür. Und das Schönste dabei ist, dass Franzl so glücklich ist wie ich.«
Auf einen Schlag war ich hellwach. »In einen Jungen verliebt zu sein, ist ein wunderbares Abenteuer. Marta, das stimmt. Aber in zwei Jungs verliebt zu sein, stürzt dich ins Chaos.«
»Bist du immer noch in Emir und Ignaz verliebt?«, fragte Marta entsetzt. »Ich dachte, die Sache sei längst geklärt.«
»Das Klären geht nicht so einfach. Ich will Ignaz nicht wehtun, weißt du.«
»Das bedeutet, dass Emir und du …?«
»Wir haben beide einen Fehler gemacht. Allerdings küsse ich Ignaz immer noch.« Dass Emir sich am Moorsee von Nele küssen
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