My Story - Streng geheim - Kein Kuss fuer Finn
still. Dann hörte ich Schritte auf der Treppe. Ich fragte mich, ob ich die Zeit nutzen sollte, die er brauchte, um den Teller nach unten zu bringen. Ein kurzer Blick. Wenn ich den iPod nicht sofort sah, würde ich zu Anne zurückgehen, ohne dass jemand etwas bemerkte. Aber mich hatte der Mut verlassen. Als ich meinen Plan ausgeklügelt hatte, war ich nicht einmal auf den Gedanken gekommen, dass Lukas zu Hause sein könnte. Natürlich suchte ich mir genau den Moment aus, aus dem Bad zu kommen, in dem Lukas wieder nach oben kam.
»Ich will dich nicht in meinem Haus haben, Gruft-Charlotte.«
»Das trifft sich gut - wie wäre es damit: Du verschwindest aus meinem Leben und ich aus deinem Haus!« Ohne eine Antwort abzuwarten, machte ich kehrt und ging zu Anne zurück. »Wie hältst du es mit dem unter einem Dach aus?« Die Frage beschäftigte mich tatsächlich. Mir reichte es schon, ihn fünf Tage die Woche in der Schule zu sehen. Aber ständig?
»Man gewöhnt sich an alles.«
Sie wirkte allerdings ganz und gar nicht, als hätte sie sich
tatsächlich mit Lukas abgefunden. Plötzlich wurde mir klar, wie wenig ich über Anne wusste - und dass es einige Dinge gab, die mich tatsächlich interessierten. »Was hast du eigentlich gegen mich?«
Anne sah mich mit groÃen Augen an, und ich rechnete schon damit, dass sie mich hochkant rauswerfen würde. »Du bist so anders«, sagte sie nach einer Weile. »Ich weià gar nicht, ob ich das sagen soll.«
»Komm schon«, munterte ich sie auf. »Das ist deine Gelegenheit! Ich nehme dich nicht mit in die Gruft. Versprochen.«
»Das ist es nicht. Klar hat mich dein Aussehen schockiert - zumindest als du noch die toupierten Haare und die schwarzen Lippen hattest«, gestand sie erstaunlich freimütig. »Aber schlimmer fand ich, glaube ich, dass du Lukas die Stirn bietest.«
»Du findest es schlimm, wenn sich jemand nicht alles von diesem Trottel gefallen lässt?« Musste ich das verstehen?
»Ich dachte, jemand, der sich von ihm nicht einschüchtern lässt, muss noch übler sein als er.«
»Das ist deine Logik?«
»Als Erstes sollten wir Infos über Doyle sammeln«, sagte sie und war sofort wieder bei unserem Referat. »Ich würde vorschlagen, du kümmerst dich um eine Liste seiner Werke und ich google sein Leben.«
Da wurde die Tür aufgerissen und Lukas platzte ins Zimmer. »Wo ist dein Ordner?«
Anne, die erschrocken zusammengezuckt war, fing sich wieder. »Welcher?«
»Blöde Frage! Der mit den Hausaufgaben natürlich!« Lukas sah sich um, entdeckte, wonach er suchte, auf dem Schreibtisch. Er schnappte sich den Schnellhefter und einen
Schokoriegel, der daneben lag, und zog ohne ein weiteres Wort wieder ab.
»Würdest du dem nicht manchmal gerne eins reinwürgen?«, fragte ich, in der Hoffnung, sie dazu zu bringen, den iPod für mich zu holen.
»Das bringt doch nichts«, dämpfte sie meine Hoffnungen. »Er würde mir das Leben nur noch mehr zur Hölle machen.«
»Wenn sich niemand traut, mal etwas gegen ihn zu tun, wird sich daran auch nie etwas ändern.« Ich wollte einfach nicht aufgeben. »Wir müssen ihm seine Grenzen zeigen!«
»Lass uns weitermachen«, wechselte Anne das Thema und steckte ihre Nase wieder in die Notizen, die wir bereits gemacht hatten. Ich setzte zu einem weiteren Angriff an, merkte aber schnell, dass das Thema für sie erledigt war. Von ihr konnte ich keine Hilfe erwarten - auÃer beim Referat.
Eine Hoffnung blieb mir noch: Für morgen Nachmittag plante ich, das Treffen zwischen Anne und Mehli zu arrangieren. Wenn Anne mitbekam, dass Mehli mir ebenfalls helfen wollte - wovon ich ihn allerdings noch überzeugen musste -, würde sie sich vielleicht noch erweichen lassen. Ich hatte Anne versprochen, das Treffen möglichst unauffällig zu gestalten. Deshalb hatte ich mich mit Mehli im Café verabredet und ihm gesagt, dass Anne mich begleiten würde. Er hatte so nervös herumgezappelt, dass das Treffen der beiden unterhaltsam zu werden versprach.
»Cora wollte wissen, wo du deine Klamotten kaufst«, meinte Anne auf dem Weg zum Café. Cora war eines der beiden Mädchen, mit denen Anne sonst immer herumhing. Barbie-Style, kein bisschen gruftmäÃig!
»Sag ihr einfach, ich hab das Zeug aus den Gräbern geklaut, in denen ich sonst
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