My Story - Streng geheim - Kein Kuss fuer Finn
hindern, aus mir herauszusprudeln.
Stattdessen sagte ich nur: »Gern.«
Als er sich hinsetzen wollte, fiel sein Blick auf meinen Schreibtisch. Dort lag eine der Kopien seines Gedichts. Ich war heilfroh, dass ich das Original versteckt hatte. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn er das gefunden hätte! Allerdings wurde mir schon mulmig, als er die Kopie betrachtete. Immerhin war ich die Einzige, der er erzählt hatte, dass er schrieb.
»Ich finde es sehr gelungen«, sagte ich schnell.
»Danke.« Diesmal war sein Lächeln ein wenig schief. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie peinlich mir diese ganze Nummer war!«
»Peinlich?«
»Ich wäre beinahe im Erdboden versunken. Am liebsten hätte ich die Flucht ergriffen!«
Ich war so nah dran! »Warum bist du es nicht? Geflohen, meine ich?«
»Damit sich alle über mich das Maul zerreiÃen und sich kaputtlachen?« Er schüttelte den Kopf. »Ne, echt nicht.« Eine Weile schien er nachzudenken. Während er schweigend vor sich hin starrte, wartete ich darauf, dass er jeden Moment aufspringen und mir vorwerfen würde, dass nur ich es getan haben konnte. Stattdessen zuckte er die Schultern. »Ich habe mich gefragt, wer diese Kopien verbreitet hat.«
Gleich würde er mit dem Finger auf mich zeigen und »Schuldig!« rufen.
»Das Blatt muss mir aus dem Ordner gefallen sein«, meinte er stattdessen. »Ich habe es nach der Schule nur schnell zwischen die Seiten geschoben, statt es einzuheften. Das war wohl die Strafe für meine Schlamperei.«
Ich hatte alle Mühe, nicht lautstark auszuatmen, so erleichtert war ich.
»Jemand muss es gefunden und beschlossen haben, mir eins auszuwischen«, überlegte er weiter. »Bestimmt Lukas. Dem sollte man echt einmal eine Lektion verpassen.«
»Ja, das hätte was.«
»Zu schade, dass sich keiner traut, ihm die Stirn zu bieten.«
Du schon, dachte ich. Deswegen saà ich ja so in der Klemme.
An diesem Nachmittag konnte ich mich nur schwer aufs Lernen konzentrieren. Einerseits war ich einfach nur erleichtert, dass er gar nicht auf den Gedanken kam, ich könne etwas mit der ganzen Sache zu tun haben. Andererseits spukte mir ständig durch den Kopf, wie nah ich dran gewesen war, Lukasâ Forderung zu erfüllen.
Während der nächsten Tage kam Finn jeden Tag nach den Theaterproben mit zu mir. Er schien sich bei mir zu Hause wohlzufühlen. Meine Eltern hätten ihn wohl am liebsten adoptiert, denn es verging kaum ein Tag, an dem sie ihn nicht beinahe nötigten, noch zum Abendessen zu bleiben. Mit jedem Nachmittag, den ich mit Finn verbrachte, gefiel mir der Gedanke weniger, ihm noch einen Streich zu spielen. Sein Geständnis, dass ihm die Aktion mit dem Gedicht sehr wohl peinlich war, fand ich einfach zu süÃ. Und ihn sowieso.
Schon bald sprach niemand mehr über Finns Gedicht. Einige Tage noch waren in der Schule Kopien unterwegs, doch auch die verschwanden bald.
Bis zum Mittwoch der darauffolgenden Woche gelang es mir nicht, Anne auch nur in ein Gespräch zu verwickeln.
Ãbermorgen wäre der Schwimmunterricht. Das war meine Gelegenheit! Aber konnte ich das wirklich tun, solange noch die Hoffnung bestand, über Anne an Lukas - oder besser, den iPod- heranzukommen?
Was aber half es mir, auf etwas zu hoffen, das womöglich nie eintreten würde, wenn ich dabei meine vielleicht einzige Chance verschenkte, Lukasâ Forderung zu erfüllen?
»Es ist Zeit für Referate«, sagte die Fechtner dann auch noch.
Als ob ich nicht schon genug an der Backe hatte! Ein Deutschreferat war so ziemlich das Letzte, womit ich mich jetzt noch herumschlagen wollte.
Doch das allgemeine Stöhnen, das ihr aus dem Klassenzimmer entgegenschallte, konnte unseren Deutschdragoner nicht erweichen. »Wir haben uns ja in den letzten Stunden ausführlich über den Kriminalroman unterhalten«, fuhr sie unbeirrt fort. »Damit ich mir nicht immer wieder dasselbe anhören muss, vergebe ich drei Themen: Die Fensterreihe wird sich mit Arthur Conan Doyle, seinem Leben und seinen Werken befassen.« Welche Themen die anderen Reihen bekamen, hörte ich gar nicht mehr. Zu wissen, dass Finn, der ja in der Mittelreihe saÃ, ein anderes Thema bekam und wir uns nicht zusammentun konnten, reichte, um meine Laune auf den Tiefpunkt zu drücken. Dann jedoch sagte die Fechtner etwas, womit sie meine volle
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