My Story - Streng geheim - Sechs Kuesse für Lulu
gesagt.«
»Der Typ hatte recht. Wahrscheinlich jemand, der voll durchblickt.«
»Unbedingt.«
»Immer gut, so jemanden zu kennen.«
»Vielleicht gehe ich ja mal mit ihm ins Kino.«
»Zoo ist auch nicht schlecht. Affenhaus und so. Mal andere Gesichter sehen.«
»Oder auf eine Party oder so was.«
»Auch gut.«
»Am Freitag soll eine Party sein, habe ich gehört.«
»Vielleicht hat der Typ am Freitag ja Zeit.«
»Obwohl ich da eigentlich schon mit einem anderen Typen verabredet bin.«
»Ganz schlecht.«
»Aber manchmal muss man eben auch Leute enttäuschen und Verabredungen fallen lassen.«
»So ist das Leben. Pech für den anderen, würde ich sagen...«
Pablo zuckte mit den Schultern, während sich ein verklärtes Lächeln in seinem Gesicht ausbreitete.
In meinem auch.
Es gongte zum zweiten Mal. Die Stunde fing an. Pablo sagte leise: »Tschüs, wir sehen uns.« Dann drehte er sich um und ging ins Schulgebäude rein.
Während ich ihm nachschaute und versuchte zu verstehen, was das alles zu bedeuten hatte, kam der Hausmeister mit einer Sackkarre über den Pausenhof. Auf der Sackkarre waren Kartons mit Kakaotüten gestapelt. Am liebsten wäre ich in diesem Moment eine Kakaotüte gewesen, die sich um nichts weiter kümmern musste, als nicht aus dem Karton zu fallen. Obwohl ich mich fühlte, als wäre ich längst aus dem Karton gefallen, und jetzt war niemand da, der mich wieder einsammeln konnte. Weshalb mir nichts anderes übrig blieb, als hinter dem Hausmeister herzulaufen. So als Tüte auf Beinen gewissermaÃen. Was sogar erstaunlich gut funktionierte. Für eine Tüte, die gerade erst runtergefallen war, funktionierte das sogar erstaunlich gut.
Aber wenigstens war ich nicht geplatzt, dachte ich noch. Und eigentlich war ja auch gar nichts weiter passiert. Ich hatte nur gerade eine Wette versemmelt. Und ein leicht merkwürdiges Gespräch mit einem leicht merkwürdigen Typen mitten auf dem Pausenhof geführt. Ãber Unterhosen und Klopapier! Irgendwie hatte ich das deutliche Gefühl, dass ich jetzt nicht unbedingt in der Lage war, mich in angemessenem MaÃe auf den Unterricht zu konzentrieren. Dazu kribbelte es viel zu sehr in meinem Bauch.
Ich wusste noch nicht mal mehr, welches Fach ich eigentlich gerade hatte. Wahrscheinlich Englisch! Was die Sache nicht unbedingt besser machte. Ich meine, mal ganz ehrlich, ich hatte keine Ahnung, was »Unterhose« eigentlich auf Englisch hieà (undertrousers?)! Und Klopapier schon gar nicht (dabbeljuzie-paper etwa?)! Deshalb gab es auch nur eine einzige Lösung für mein Problem â¦
Ich folgte dem Hausmeister bis zur Pausenhalle, dann machte ich wieder kehrt. Ich guckte nicht links und nicht rechts (und ich guckte auch nicht hinter mich, um zu sehen, ob der merkwürdige Typ mit dem verklärten Lächeln mir vielleicht hinterherguckte). Ich durchquerte den Schulhof und steuerte, ohne zu zögern, auf das Eingangstor zu, holte tief Luft und haute ab.
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DIE FREIHEIT LAG VOR MIR!
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Ein endloser Vormittag ohne Unterricht, den ich, unbeschwert von irgendwelchen bescheuerten Gedanken an bescheuerte Freundinnen, mehr oder weniger bescheuerte Freunde (oder mögliche Kandidaten für diese Rolle) und bescheuerte Wetten, einfach nur mit einem kleinen Bummel durch die FuÃgängerzone verbringen würde. Ich ganz alleine. Und vielleicht noch der eine oder andere Marienkäfer, der mich, taumelnd vor Glück, auf meinem Weg ins Abenteuer begleiten würde â¦
Doch noch eine Verzögerung. Sorry!
M it anderen Worten: Die Freiheit lag direkt vor meinen FüÃen, ich musste nur mit beiden Händen beherzt zugreifen und sie nicht mehr loslassen! Was ich dann aber angesichts der toten Taube, die mit verdrehtem Kopf im Rinnstein lag, lieber erst mal bleiben lieÃ. Marienkäfer waren übrigens kaum unterwegs, dafür aber jede Menge älterer Damen mit kleinen, kläffenden Hunden, die die Laternenpfähle anpinkelten (nicht die älteren Damen, sondern die kläffenden Hunde), und das Auto einer Fahrschule, das mich bei dem Versuch, rückwärts einzuparken, fast zu Boden gestreckt hätte (so wie die Taube, die wahrscheinlich auch einem Fahrschulwagen zum Opfer gefallen war).
Aber vielleicht lag es auch an mir. Dass ich nicht so richtig bei der Sache war, meine ich. Und ganz bestimmt nicht
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