My Story - Streng geheim - Sechs Kuesse für Lulu
Und sich demnächst die Radieschen von unten angucken.
Aber vielleicht war das ja die Chance, endlich mal mein gesamtes Wissen in Sachen »Wiederbelebungsversuche« einzusetzen. Also Pablo kurz entschlossen das Hemd aufzureiÃen und unverzüglich eine professionelle Herzmassage zu starten. Und ihm anschlieÃend mit geübtem Griff die Zunge aus dem Mund zu zerren, den Kopf nach hinten zu kippen, die Nase zuzuhalten und meine Lippen auf seine zu pressen. Und ihm neues Leben einzuhauchen. Oder so ähnlich jedenfalls.
Ich meine, immerhin hatte ich gerade erst einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert, und mit beachtlichem Erfolg! Die Versuchspuppe hatte zumindest überlebt, und es reizte mich durchaus, so eine kleine Mund-zu-Mund-Beatmung zur Abwechslung auch mal an einem echten Notfall auszuprobieren. Und Pablo war ein echter Notfall, keine Frage!
Weshalb ich es auch fast bedauerte, als Pablo sich nur die Tränen aus den Augen wischte und japste: »Mann, du spinnst doch echt, aber voll!«
»Findest du?«, fragte ich unschuldig. Und dachte im Stillen, dass meine Lippen vielleicht gar nicht reichen würden, um seine vollständig abzudecken. Bei einer Mund-zu-Mund-Beatmung zum Beispiel. Und dass es deshalb vielleicht sinnvoller wäre, wenn ICH in Ohnmacht fallen würde und Pablo dann â¦
»Ich glaube, so jemanden wie dich habe ich noch nie kennengelernt«, unterbrach Pablo meine Gedanken. »Ich blicke nur noch nicht so ganz durch, wie du wirklich bist.«
»Willst du das denn wissen?«, fragte ich.
Pablo nickte. Seine Augen leuchteten wie bei einem kleinen Jungen, kurz bevor der Weihnachtsmann kommt.
Ich musste schon wieder an Mund-zu-Mund-Beatmung denken.
»Ich kann auch anders sein«, erklärte ich. »Es hängt immer davon ab...«
»Wovon?«
»Also, ich meine, es kommt ganz darauf an!«
»Worauf?«
»Ob alles passt und so.«
Pablo musterte mich, als würde er ernsthaft überlegen, was wie passen müsste. Ich brauchte nicht zu überlegen. Ich wusste es schon.
»Kannst du vielleicht ein bisschen konkreter werden?«, fragte Pablo.
»Die Wahl der Unterhose spielt zum Beispiel eine nicht unerhebliche Rolle dabei«, sagte ich. Weil ich beim besten Willen nicht wusste, was ich überhaupt sagen sollte. Und eigentlich wollte ich ja sowieso nichts sagen. Eigentlich wollte ich nur ganz schnell in Ohnmacht fallen und â¦
»Verstehe«, nickte Pablo ganz ernsthaft.
»Und Zeitpunkt und Ort, an dem sie gezeigt wird«, stammelte ich. »Auch nicht unwichtig...«
»Verstehe«, wiederholte Pablo. »Und du meinst, ein Supermarkt ist da vielleicht nicht unbedingt...?«
»Nicht unbedingt«, bestätigte ich.
»Aber es gibt bessere Gelegenheiten?«
»Das käme eventuell auf einen Versuch an«, stimmte ich ihm zu.
Ich merkte, dass sich unser Gespräch gerade gefährlich in eine bestimmte Richtung bewegte, dir mir doch ein bisschen Angst machte. Aber ich konnte es nicht ändern. Es war schon zu spät.
»Dann sollten wir vielleicht...«, setzte Pablo wieder an.
»Vielleicht klingt nicht schlecht«, sagte ich schnell.
»Es bleiben aber noch ein paar Fragen offen«, meinte Pablo.
»Es ist nie so einfach, wie man denkt«, erwiderte ich.
(Mann, vielleicht sollte ich im nächsten Schuljahr tatsächlich Philosophie als Wahlfach belegen!)
»Denken ist Glückssache«, behauptete Pablo.
(Er hatte offensichtlich nicht Philosophie gewählt!)
»Glück ist, den Flug eines Marienkäfers zu verfolgen...«, klärte ich ihn auf.
(Ich MUSSTE Philosophie wählen, unbedingt sogar!)
»Ich steig bei dir nicht mehr durch, echt«, stöhnte Pablo verzweifelt.
»Ich auch nicht«, gab ich zu.
Dann guckte er mich an und ich guckte zurück. So etwa volle zehn Minuten lang. Okay, wahrscheinlich waren es nicht ganz zehn Minuten. Aber es kam mir vor, als wären es zehn Minuten. Pablos Augen waren fast grün. Mit einem goldenen Rand um die Pupille.
Es gongte. Die Pause war zu Ende. Pablos Augen waren immer noch fast grün. Der goldene Rand war auch noch da.
»Ich muss los«, sagte ich leise.
»Ich auch«, sagte Pablo.
»Klopapier kaufen«, sagte ich.
»Dachte ich mir«, sagte Pablo.
»Also, ich bin dann mal weg.«
»Nimm nicht das Papier mit dem Eisbären drauf, das taugt nichts.«
»Hat mir neulich schon mal so ein Typ
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