My Story - Streng geheim - Verrueckt nach Mark
daran erinnern, dass die Kinder in der Dritten Welt froh wären,
wenn sie Waffeln und Toastbrot zum Frühstück hätten. Ja, ja, ich weiÃ, ich bin undankbar. Und deshalb nehme ich Waffeln und Toastbrot in Kauf und latsche im Nachthemd in die Küche. Und was sehe ich da?
Ein Frühstück für Spätaufsteher!
Genau das hat Mama auf den Zettel geschrieben, der vor einem groÃen abgedeckten Teller liegt. Auf der Silberfolie klebt eine Haftnotiz in Form eines Kleeblattes, darauf steht: »Mach uns heiÃ!«
Diese Bemerkung klingt ziemlich zweideutig, aber wahrscheinlich hat Mama den Kopf jetzt pausenlos in ihrer rosa Wolke.
Die Pancakes wandern in die Mikrowelle, und ich spiele derweil im Kopf fiktive Rachepläne durch, die ich sowieso nicht durchführen werde. Wenn Martin doch nicht der Richtige für meine Mutter sein sollte, wird sie ihn in den Wind schieÃen, und wir leben unser Leben weiter - bis der nächste Mann auftaucht.
Ping! Die Pancakes sind fertig. Aus der Mikrowelle sind sie nicht ganz so gut wie frisch zubereitet, aber immer noch leckerer als Toast oder Eierwaffeln.
Können Pancakes eigentlich zur Sucht werden?, frage ich mich, während ich Blaubeersirup darauf verteile. Ich habe keine Ahnung, aber wenn, dann bin ich ihnen schon rettungslos verfallen. Doch das ist immer noch besser, als alkohol- oder drogensüchtig zu sein.
Als ich mit dem Essen fertig bin, kehre ich in mein Zimmer zurück und öffne das Fenster, um ein wenig Luft reinzulassen. Dabei vernehme ich laute Stimmen von unten. Es ist Frau Jankowiak, die auf den Postmann einredet. Nicht mal trübes Wetter kann sie davon abhalten, am Fenster auf ihn zu lauern. Er hat wohl gerade so sein Fahrrad abstellen
können, bevor Frau Jankowiak ihn erwischt hat. Das kann jetzt dauern. Ich erwische mich dabei, wie ich beginne, unruhig in meinem Zimmer auf und ab zu tigern.
SchlieÃlich lässt unsere Fensterdame von ihm ab. Wahrscheinlich hat sie sämtliche Informationen aus dem Postmann gequetscht wie Saft aus einer Orange, und er sieht jetzt aus wie jemand, der frisch aus einer Waschmaschine kommt oder zwanzig Kilo abgenommen hat.
Ich höre es unten klappern und stelle mich jetzt ebenfalls ans Fenster. Ich weià wirklich nicht, was Frau Jankowiak an diesem Ausblick findet. Aber immerhin sehe ich den Postboten schlieÃlich wieder aus dem Haus kommen.
Ich will schon aus der Wohnung stürmen, da fällt mir ein, dass ich immer noch mein Nachthemd anhabe. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich einen unserer Nachbarn im Treppenhaus antreffe, ist zwar gering, denn die meisten sind auf Arbeit. Aber vielleicht habe ich Pech und treffe am Briefkasten auf Frau Jankowiak.
Ich springe also schnell in Jeans und T-Shirt (mein Glücksshirt mit den Sternen, das kam gestern frisch aus dem Wäschetrockner - ich hätte es mal anziehen sollen, als ich am Montag in die Stadt gegangen bin...) und mache mich dann auf den Weg. Der Kater zeigt sich heute nicht, wahrscheinlich hat er ein schlechtes Gewissen wegen der Haare, die er auf dem Abtreter zurückgelassen hat (Mama hat meinen Vorschlag, eine Fusselrolle zu holen, abgelehnt und die Haare mit einer alten Bürste entfernt, bevor der Kater sich hier heimisch fühlen kann.).
Unser Briefkasten quillt heute wieder über, es ist Katalogtag, der einzige Tag, an dem man erahnen kann, welche Post man bekommt, weil sie einen schon aus dem Briefschlitz angrinst.
Tatsächlich sieht es auf den ersten Blick auch so aus, als hätten wir wieder nur Rechnungen und Kataloge bekommen. Doch mitten in dem weiÃen Briefstapel leuchtet etwas Pinkfarbenes hervor. Klar kann das auch Werbung sein, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass es ein Bescheid von der Buchhandlung ist. (Einen Brief von Mark brauche ich wohl nicht zu erwarten.) Ob sie Absagen und Zusagen in verschiedenen Umschlägen verschicken?
Ich fische den pinkfarbenen Umschlag aus dem Stapel. Tatsächlich ist der Stempel der Buchhandlung darauf! Aber natürlich haben sie vorn nicht draufgeschrieben, worum es sich bei dem Inhalt handelt. Am liebsten hätte ich den Umschlag gleich aufgerissen, aber dann schrecke ich davor zurück. Was ist, wenn es eine Absage ist? Und was soll ich machen, wenn in dem Augenblick, wo mir die Gesichtszüge entgleisen, Frau Jankowiak aus der Tür kommt? Ich will jedenfalls nicht, dass mir irgendwer die Niederlage ansieht, also stecke ich den Brief wieder
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