Myanmar - Stefan Loose Reisefuehrer
nationaler Minderheiten vertreten, in den Regionalparlamenten erhielten die größeren sogar Ministerposten. Doch alles in allem ist ihre politische Einflussnahme in diesem militärischdemokratischen Parlamentshybrid äußerst gering. Die von Bogyoke Aung San verfolgte Vision einer multiethnischen „Einheit in Vielfalt“ liegt noch in weiter Ferne.
Wirtschaft
Wachstum: 5 %*
Inflation: 7,5 %*
BIP pro Kopf: 455 US$
Agrarsektor: 50 %
Industriesektor: 15 %
Dienstleistungen: 35 %
Export: 6,5 Mrd. US$
Import: 6,9 Mrd. US$
* Schätzungen der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB)
Das ressourcenreiche Myanmar ist heute eines der ärmsten Länder des Kontinents und rangiert laut Entwicklungsbericht der Vereinten Nationen an 132. Stelle von 169 gelisteten Staaten. Dies hat mehrere Ursachen.
Weg in den Ruin
Birma litt mehr als die anderen südostasiatischen Staaten unter den Folgen des Zweiten Weltkriegs . Bei den militärischen Auseinandersetzungen waren die meisten Fabrikanlagen vernichtet, ein Großteil der Flotte versenkt und 70 % der Infrastruktur zerstört worden.
Myanmar, Birma oder Burma?
Am 27. Mai 1989 änderte die Regierung die offizielle Bezeichnung des Landes in
Pyidaungsu Myanma Naingngandaw
, Union von Myanmar, um. Seitdem herrscht ein Namenschaos, denn nun werden im Deutschen sowohl Birma, Burma und Myanmar verwendet. Der Name ist zudem ein Politikum. Da er von der Militärregierung eingeführt wurde, verwenden oppositionelle Gruppen weiterhin
Burma.
Das Militär wiederum argumentiert, dass die alte Bezeichnung aus der britischen Kolonialzeit stamme und sich nur auf die Volksgruppe der Birmanen, die
bamar
, beziehe. Tatsächlich leiteten die Briten von diesem Begriff den Landesnamen
Burma
ab. Das erste gedruckte birmanische Wörterbuch von 1776 hieß
Alphabetum Barmanum seu Bomanum Regni Avae
, das „barmanische oder bomanische Alphabet des Königreichs Ava“. Von
bama
ist in vielen Schriften der Konbaung-Zeit die Rede. Der Name
myanma
ist Historikern zufolge erstmalig in einer Bagan-Inschrift aus dem Jahr 1190 nachgewiesen. In chinesischen Chroniken wird das Land
Myan Tin
genannt. Die 1868 gegründete erste Zeitung in birmanischer Sprache nannte sich
Myanma Thandawzin
, übersetzt wurde sie von den Briten allerdings mit
Burma Herald.
In diesem Buch verwenden wir sowohl Myanmar als auch die verbreitete deutsche Bezeichnung
Birma
, denn die deutsche Aussprache des englischen
Burma
ist nun sprachlich vollkommen falsch. Mit „Birmanen“ oder „bamar“ meinen wir die Volksgruppe, mit „Bewohner Birmas“ die gesamte Einwohnerschaft des Landes.
Die erste unabhängige Regierung unter U Nu versuchte – wie andere blockfreie Staaten aucheinen dritten Weg zwischen Kommunismus und Kapitalismus. U Nu hatte die Vision eines buddhistisch inspirierten Wohlfahrtsstaates vor Augen und formulierte 1952 den sogenannten Pyidawtha-Plan („Glückliches erhabenes Land“). Die Verbraucherpreise wurden vom Staat vorgegeben,in dessen Eigentum auch die wichtigsten Industriebetriebe lagen. Doch die Konflikte mit den ethnischen Minderheiten sowie Ineffizienz und bürokratischer Filz ließen die Umsetzung des Plans nur schleppend vorankommen.
Am fatalsten wirkte sich jedoch der „Birmanische Weg des Sozialismus“ unter Ne Win aus. Der General ließ ab 1962 fast alle klein- und mittelständische Unternehmen verstaatlichen. Innerhalb weniger Jahre war das isolierte Land durch Inkompetenz, Korruption und die maßlose Selbstbereicherung des Militärs heruntergewirtschaftet. Zweimal, 1964 und 1987, erklärte Ne Win bestimmte Banknoten für ungültig, woraufhin Millionen von Menschen ihre Ersparnisse verloren.
Wirtschaft zwischen Markt und Willkür
SLORC, die neue Militärjunta, führte 1989 die Marktwirtschaft ein. Es folgte in den 1990er-Jahren ein solides Wirtschaftswachstum von jährlich 7–8 %. Vor allem flossen dringend benötigte ausländische Investitionen ins Land. Doch das Engagement internationaler Unternehmen stagniert. Vor allem westliche Firmen halten sich wegen der Sanktionen zurück. Viele stellten ihr Engagement ganz ein, im Textilbereich etwa wurden 160 Fabriken geschlossen. 80 000 Arbeiterinnen verloren ihren Job und damit ein Monatseinkommen von umgerechnet US$20.
Abführmittel als Biodiesel
Seit 2005 fördert die Regierung den Anbau der Purgiernuss
(Jatropha curcas)
, einer aus dem tropischen Amerika stammenden Nutzpflanze mit ölhaltigen Samen. Sie ist anspruchslos und wächst hervorragend in
Weitere Kostenlose Bücher