Myanmar - Stefan Loose Reisefuehrer
verstehen sich als das „Lieblingsvolk Buddhas“ und leiten sogar ihre Herkunft von einem Zweig seiner Sippe, den Shakya, ab. Dieser Zweig soll Chronikberichten zufolge bereits in vorchristlicher Zeit ins heutige Birma eingewandert sein. Auch in vielen Legenden wird eine direkte Beziehung zu Buddha hergestellt, man denke nur an die Entstehungsgeschichte der heute in Mandalay verehrten Mahamuni-Statue (s. S. 335) oder an die Gründungslegende der Shwedagon, in welcher von den beiden aus Okkala stammenden Kaufleuten Tapussa und Bhallika erzählt wird. Sie reisten nach Indien, trafen dort auf den Erleuchteten und wurden zu seinen ersten Laienanhängern. Als Geschenk brachten sie acht Haarreliquien des Buddha zurück in ihre Heimat.
Tapussa und Bhallika werden bereits im Mahavagga, einer Schrift aus dem Palikanon, erwähnt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass das dort ebenfalls erwähnte Okkala wirklich im heutigen Birma lag. Für glaubhafter halten Historiker den Bericht aus dem Mahavamsa, einer aus Sri Lanka stammenden Chronik über die Geschichte des Buddhismus aus dem 6. Jh. Dort wird berichtet, dass nach Beendigung der von König Ashoka (reg. ca. 268–239 v. Chr.) im indischen Pataliputra einberufenen Dritten Buddhistischen Synode, um 250 v. Chr. der Mönch Moggaliputta Tissa die gelehrtesten Mönche zur Verbreitung des Buddhismus in die Nachbarländer geschickt habe: „Der Thera (Älteste) Moggaliputta ... entsandte Thera Majjhima in das Land im Himalaya und zusammen mit Thera Uttara reiste Thera Sona mit wundersamer Macht nach Suvannabhumi.“
Das Land Suvannabhumi (Goldenes Land) wird in Chroniken der Mon und Birmanen mit dem Mon-Reich in Verbindung gebracht, allerdings ist die Beweisdecke für diese Annahme dünn. Aber man kann davon ausgehen, dass bereits vor 2000 Jahren die in den Küstenregionen und an den Flussläufen Birmas siedelnden Mon und Pyu in Kontakt mit dem Buddhismus kamen, denn der Seehandel mit dem indischen Subkontinent und mit China war zu jener Zeit bereits sehr ausgeprägt. Vielleicht aufgrund der engen Beziehungen mit Südindien und Sri Lanka setzte sich vor allem der Theravada-Buddhismus immer mehr durch. Denn anders ist nicht zu erklären, warum in der Bagan-Zeit ausgerechnet dieser Zweig des Buddhismus zur dominierenden Religion des Landes wurde. Allerdings lassen sich in Bagan und bei den Pyu auch Spuren des Mahayana-Buddhismus finden.
Ursprung und Lehre
Die „Lehre
(vada)
der Älteren
(thera)“
stützt sich weitestgehend auf die überlieferte Lehre Gautama Siddhartas . Der spätere Buddha wurde in das Adelsgeschlecht der Shakya hineingeboren, weshalb ihm auch der Titel Shakyamuni, „der Weise (aus dem Stamm) der Shakya”, verliehen wurde. Am Hof seines Vaters, dem König von Kapilavashtu, führte der Prinz ein bequemes Leben. Alles deutete daraufhin, dass Gautama in die Fußstapfen seines Vaters treten würde, doch im Alter von 29 Jahren verließ er seine Frau Yashodhara und ihren gemeinsamen Sohn Rahula. Da er erkannt hatte, dass alles mit Leiden behaftet ist, wollte er das Leben eines Hauslosen führen und zog als Wanderasket in der Region umher, besuchte berühmte Gurus (Lehrmeister), um von ihrer Weisheit zu lernen, doch immer wieder enttäuscht und unbefriedigt suchte er weiter. Eine Zeit lang übte er mit fünf Gleichgesinnten extreme Hungeraskese, doch dem Tode nah verwarf er diesen für ihn falschen Weg.
Endlich, nach Jahren harter Übung, wurde der mittlerweile 35-Jährige unter einem Ficus religiosa im heutigen Bodhgaya zum Erwachten, zum Buddha (von
bodhi =
erwachen). Er hatte die Ursachen allen Leidens und den Weg zu deren Überwindung erkannt. Seine neue Lehre von den „Vier edlen Wahrheiten“ und dem „Achtfachen Pfad“ legte er erstmalig in Sarnath bei Varanasi (Benares) seinen damaligen fünf Mitstreitern dar. Immer mehr Anhänger schlossen sich ihm an, so dass er einen Mönchs-
(bhikkhu sangha)
und später auch einen Orden für die Frauen
(bhikkhuni sangha)
gründete. Seine Lehre
(dharma)
verbreitete sich sehr schnell und gewann auch unter Königen und Fürsten Anhänger, die seine Asketenbewegung – seinerzeit eine unter vielen – unterstützten und Buddha immer wieder in ihr Herrschaftsgebiet einluden. Über 40 Jahre lang zog er mit seinen Mönchen von Ort zu Ort, um den
dharma
darzulegen.
Die Vier edlen Wahrheiten
In seiner ersten Predigt im Ishipatanapark (Gazellenhain) von Sarnath legte Buddha die Lehre von den „Vier edlen Wahrheiten“ dar.
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