Myanmar - Stefan Loose Reisefuehrer
Trockengebieten. Bislang fand sie vonwiegend als Abführmittel, Pflanzenöl und Seife Verwendung. Doch nun wird ihr Potenzial zur Gewinnung von Biodiesel entdeckt. Die Entwickler der Daimler AG schätzen die günstige Zündwilligkeit des „Jatropha-Biodiesels“ und dessen fehlenden Schwefelgehalt. Er ist damit „ein sauberer und emissionsarmer Kraftstoff”, meint das Unternehmen, welches in Indien ein Forschungsprojekt mitfinanziert.
In Myanmar sind bereits auf 8000 ha Purgiernuss-Plantagen angelegt worden. Aus 1 ha können etwa 1100 I Biodiesel gewonnen werden. Das wäre eine große Hilfe für ein Land, das zwar jährlich 800 000 I Schweröl fördert, aber damit nicht einmal die Hälfte seines Kraftstoffbedarfs decken kann.
Abschreckend wirkt auch die willkürliche Handels- und Finanzpolitik der Regierung. Sie ignoriert Abmachungen, ändert kurzfristig Richtlinien, setzt Preise fest und behindert Investitionen. Die Folgen sind eine hohe Inflationsrate und ein blühender Schwarzmarkt. Nicht zuletzt lassen Vetternwirtschaft, Korruption und die Unfähigkeit der Behörden internationale Unternehmen nach günstigeren Standorten, wie gegenwärtig Vietnam oder Kambodscha, Ausschau halten.
Außenhandel
Myanmars wichtigste Handelsgüter sind: Bodenschätze (fast 50 %), allen voran Erdgas mit 37 %; Textilien (14 %); Agrarerzeugnisse (16 %), vorwiegend Kautschuk, Reis, Bohnen und Hülsenfrüchte; forstwirtschaftliche (15 %) und maritime Produkte (7 %). Der Export von Edelsteinen und Mineralien macht 1 % des Gesamtvolumens aus. Die profitabelsten Bereiche des Außenhandels wie Gas, Öl, Holz, Mineralien und Edelsteine unterliegen nach wie vor der Regierungskontrolle. Oft sind daran staatliche oder halbstaatliche Unternehmen beteiligt, die zwangsläufig enge Verflechtungen mit dem Militär haben. Der Tourismus nimmt an Bedeutung zu und führt zu einem hohen Grad an Beschäftigung. Im Jahr 2010 reisten 791 505 Besucher nach Myanmar ein, 295 174 über den Yangoner Flughafen. 17 146 Touristen kamen aus den deutschsprachigen Ländern.
Über zwei Drittel der Exporte gehen in die asiatische Region, allen voran nach Thailand (52,5 %), Indien (12 %), VR China (9,2 %) und Japan (4,4). Beim Import führen VR China (31,5 %), Thailand (20,7 %), Singapur (19,9 %) und Indonesien (5,4 %) die Liste an. Es werden vor allem Konsumgüter und Produktionsteile eingeführt. Deutschland spielt als Handelspartner eine untergeordnete Rolle. Es importierte 2009 Bekleidung und forst- bzw. landwirtschaftliche Güter im Wert von 58,7 Mio. €. Myanmar führte deutsche Industriegüter im Wert von 37,6 Mio. € ein.
Kampf ums Überleben
Bei ständig steigenden Lebenshaltungskosten kommt der Durchschnittsbürger nur mit Mühe über die Runden. An eine Einkommensverbesserung ist gar nicht zu denken. Ein Lehrer verdient monatlich 15–25 €, ein höherer Angestellter etwa das Doppelte. Dabei kostet bereits 1 kg Reis je nach Qualität über 800 Kyat. Folglich kann er mit seinem Beruf die durchschnittlich 4- bis 5-köpfige Familie nicht ernähren, denn sie verzehrt etwa 2 kg Reis pro Tag. Daher muss auch seine Frau arbeiten gehen, eventuell auch seine Kinder. Er selbst braucht einen Nebenjob, der ihm oft mehr einbringt als sein eigentlicher Beruf. So ist es nicht verwunderlich, dass er seine Hauptarbeit vernachlässigt und käuflich wird.
Korruption durchzieht alle Lebensbereiche: Der Polizist kassiert schwarz, der Arzt bittet die Patienten, abends zu ihm privat nach Hause zu kommen, um sich gegen Aufpreis behandeln zu lassen, Lehrer erscheinen nicht zum Unterricht und fordern die Schüler auf, Extrastunden zu Extrakosten zu nehmen. Es ist ein Teufelskreis, der die Entwicklung des Landes lähmt und vor allem für die Ausbildung und medizinische Versorgung fatale Folgen hat. Niemand hat Vertrauen in den Staat und sucht daher seine eigene Überlebensstrategie. Viele verlassen ihre Heimat und arbeiten im Ausland, wo sie als illegal Beschäftigte der Willkür der dortigen Regierungen und Arbeitgeber ausgesetzt sind.
Alle Wirtschaftsdaten sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, denn ein Großteil des Handels findet auf illegalem Wege statt. Die meisten Güter gelangen auf verschlungenen Pfaden ins In- und Ausland.
Unbestreitbar hat Myanmar ein enormes Wirtschaftspotenzial. Doch muss das Land noch viele Hausaufgaben machen. Ausbau der Infrastruktur, Sicherung der Energieversorgung und Ausbildung qualifizierter Fachkräfte sind nur einige der
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