Myanmar - Stefan Loose Reisefuehrer
Dharmachariya die Lehrbefugnis.
Nach der Unabhängigkeit wurden ausländische Missionare mit wenigen Ausnahmen des Landes verwiesen. Im Zuge seiner Verstaatlichungspolitik verbot General Ne Win in den 1960er-Jahren christliche Einrichtungen wie Krankenhäuser und Bildungsstätten. Daran hat sich bis heute nichts geändert, auch wenn die Christen uneingeschränkt ihre Religion ausüben können. Immerhin ist es ihnen gestattet, in begrenztem Rahmen soziale Programme durchzuführen. Mittlerweile spielen sie eine äußerst wichtige Rolle in Bereichen der Armutsbekämpfung und Aids-Prävention. Ein Großteil der Christen gehört den protestantischen Kirchen an, bei denen Baptisten und Anglikaner die Mehrheit bilden. Sie sind im Myanmar Council of Churches (MCC) zusammengeschlossen, das seinen Vorläufer im 1913 gegründeten Missionsrat hat. Auch wenn die Katholiken auf eine längere Missionsgeschichte zurückblicken können – die erste permanente katholische Mission wurde 1720 mit Stationen in Bago und Inwa gegründetbilden sie heute nur eine kleine Minderheit von etwa 600 000 Mitgliedern. Ihre Gemeinden sind im ganzen Land verstreut und in zwölf Diözesen zusammengefasst.
Mit wenigen Ausnahmen, wie etwa Rakhine, fasste der Islam erst im Zuge der Kolonialisierung Fuß in Birma. Zu seinen Anhängern gehören heute vorwiegend Abkömmlinge von Einwanderern aus Südasien. Darüber hinaus gibt es noch Panthay, chinesische Muslime, die seit Jahrhunderten den Handel auf den Landroutenzwischen China und Südostasien dominieren und sich in Mandalay oder anderen nördlich gelegenen Städten niedergelassen haben. Im Gegensatz zu den Christen sehen sich die Muslime immer wieder Übergriffen ausgesetzt. Bereits während der japanischen Besatzungszeit flüchteten Hunderttausende von südasiatischen Migranten vor der Verfolgung durch die Birmanen zurück in ihre alte Heimat. Der Flüchtlingsstrom hielt auch noch nach der Unabhängigkeit an. Bis in die jüngere Vergangenheit gibt es Angriffe auf muslimische Einrichtungen, oft auch unter Beteiligung buddhistischer Mönche. Einen Sonderfall stellen die in Rakhine siedelnden muslimischen Rohingyas dar, die als Volksgruppe nicht anerkannt und daher staatenlos sind. Nach 1977 und nochmals Anfang 1992 flohen Hunderttausende vor Pogromen ins benachbarte Bangladesch. Bis heute ist die Lage für sie äußerst angespannt.
Kunst und Architektur
Aufgrund der Jahrzehnte währenden Isolation Birmas sind die traditionellen Handwerkskünste noch nicht so stark dem Kommerz verfallen wie dies in anderen asiatischen Ländern der Fall ist. Allerdings hat der aufkommende Tourismus bereits heute zu einem enormen Qualitätsverlust geführt, etwa bei Lackwaren und Stickereien. Andererseits stellt er für die Handwerker eine gute Einkommensquelle dar und sichert den Weiterbestand der Künste. Die Birmanen unterscheiden zehn unterschiedliche Kunstrichtungen und nennen sie
pan hsae myo
, die „zehn Blumen“:
1. die Schmiedekunst
(pabae)
2. die Gold- und Silberschmiedekunst
(padein)
3. der Metallguss
(padin)
4. die Stukkatur
(pandawt)
5. die Modellierkunst
(pabut)
6. die Drechselkunst
(pabu)
7. die Bildhauerei
(pantamawt)
8. die Steinmetzkunst
(payan)
9. die Malerei
(pachi)
10. die Lackkunst
(panyun)
Zeitgenössische Kunst
Kunstinteressierte können sich heute in den zahlreicher werdenden Galerien einen Eindruck moderner und zeitgenössischer Werke verschaffen. Was 1971 mit der Eröffnung der ersten staatlich unabhängigen „Lokanat Art Gallery“ in Yangon begann und als Meilenstein in der freien Kunstszene Myanmars gefeiert wurde, setzt sich seit Anfang der 1990er-Jahre mit der Etablierung weiterer privat geführter Ausstellungsorte fort. In Yangon versuchen Galerien wie das „Studio Square“ oder die „Inya Art Gallery“ einheimischen Künstlern eine Plattform für progressive Ausdrucksformen zu bieten und ein Forum für Austausch und Ausbildung zu sein, während die staatlichen Kunstschulen immer noch stark an den traditionellen Stilen und Techniken festhalten, wie sie schon in der Kolonialzeit gelehrt wurden.
Zeitgenössische Maler bauen auf den Arbeiten der Pioniere U Khin Maung (Bank), Bagyi Aung Soe und Paw Oo Thet auf, die in den 1940er-Jahren erstmals individuelle künstlerische Wege beschritten, indem sie alte birmanische Darstellungsformen mit den Einflüssen aus Europa mischten.
Die lange Isolierung Myanmars brachte den künstlerischen Diskurs mit anderen Teilen der Welt für
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