MyLady Weihnachtsband 2009 Band 18
und die zarten Träume, die sie um ihn gewoben hatte, weiter von ihr …
„Wo lebe ich denn?“
„Bis vor kurzem hielten Sie sich auf der Iberischen Halbinsel auf, wo wir gegen Napoleon gekämpft haben, Sir, aber als vor ein paar Monaten Ihr Bruder starb, haben Sie Ihren Abschied genommen und sind nach Hause zurückgekehrt. Nach Rothbury. Klingelt da was bei Ihnen, Sir?“
Ellie kannte den Ort. Er lag eine halbe Tagesreise im Nordwesten.
Daniel schüttelte den Kopf.
„Nein? Ach, na ja, es wird schon alles wiederkommen.“ Der Sergeant hielt inne und sagte dann bedächtig: „Sie haben familiäre Verpflichtungen in Rothbury, Captain.“
Familiäre Verpflichtungen. Ellie wurde noch kälter ums Herz.
„Familiäre Verpflichtungen?“, wiederholte Daniel schließlich. Er hielt Ellies Hand so fest umklammert, dass es schmerzte, aber sie hätte es nicht ertragen können, wenn er sie losgelassen hätte. Das würde nur zu bald geschehen.
„Dann habe ich also eine Frau?“
Sag nein, sag nein, sag nein! , betete Ellie im Stillen. Sie bekam kaum noch Luft.
Der Fremde ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Er sah Ellie an, dann Amy und schließlich Daniel. Und dann sagte er ganz unbefangen: „Ja, Captain, klar haben Sie eine Frau. Eine wunderschöne, prima Lady, Sir.“
Ellie blieb die Luft weg. Etwas blockierte ihr die Kehle. Klar hatte er eine Frau. Sie hatte es doch von Anfang an gewusst. Wie dumm von ihr, sich innerhalb weniger Tage in einen geheimnisvollen Fremden zu verlieben.
Er war stark und rau und attraktiv, er war ehrenhaft, wusste Frauen zu beschützen und liebte Kinder. Natürlich hatte er eine Frau. Wie hätte man ihn nicht lieben sollen?
Und natürlich war seine Frau eine wunderschöne, prima Lady, und dazu sicher auch noch warmherzig und intelligent. Sicher war sie keine verarmte, schäbig gekleidete Witwe. Wie furchtbar naiv von ihr zu glauben, sie hätte endlich die Liebe gefunden. Was für eine alberne, dumme Gans sie doch war – einfach zu vergessen, dass sie selbst als sorglose junge Frau, als sie noch halbwegs hübsch und sehr gut angezogen gewesen war, vergeblich nach der Liebe Ausschau gehalten hatte. Sie hatte das Geld ihres verstorbenen Vaters gebraucht, um sich einen Ehemann zu kaufen. Und dabei hatte es sich nicht mal um einen besonders guten Ehemann gehandelt.
Schon vor langem hatte sie lernen müssen, dass das Schicksal ihr nicht wohlgesinnt war. Sie hatte die Lektion nur vergessen.
Der Sergeant fuhr fort: „Und natürlich hat sich Ihre … ähm, Mrs. Ambrose furchtbar aufgeregt, als Sie einfach so verschwunden sind.“
Daniel nickte vage. Er umklammerte Ellies Hand immer noch so fest, dass sie davon bestimmt blaue Flecken davontragen würde. Trotzdem hielt sie sich an seiner Hand fest wie ein Ertrinkender an einem Ast. Wenn ein blauer Fleck alles war, was ihr von ihm blieb, nun, dann wollte sie eben einen blauen Flecken haben. Den könnte sie dann stattdessen mit ins Bett nehmen. Das und ihre Träume und Erinnerungen. Und ihr Bedauern.
Ihr Bedauern.
Wie sie sich jetzt wünschte, dass er sich heute Morgen nicht als solcher Gentleman erwiesen hätte! „Mr. Bruin, du drückst zu fest zu“, beschwerte Amy sich. „Entschuldige, Prinzessin“, murmelte er und umarmte sie leicht. „Lauf und spiel mit deinen Puppen, während deine Mutter und ich mit Sergeant Tomkins reden.“
„Kann ich aber nicht. Der Squire hat sie kaputtgetreten und dann ins Feuer geworfen.“ Zögernd fasste Amy ihn am Arm. „Wirst du Mama und mich jetzt verlassen, Mr. Bruin?“ Ihre Stimme schwankte.
Das war Ellies Signal. Amy zuliebe musste sie jetzt stark sein. Sie würde nicht zusammenbrechen. Sie würde ihren Gefühlen nicht nachgeben, auch wenn sie jetzt am liebsten geweint und sich an ihn geklammert hätte und gegen das Schicksal gewütet hätte, das einfach zuließ, dass sie sich in einen verheirateten Mann verliebte. Er war nicht ihr Mr. Bruin, er war ein Mr. Daniel Ambrose, auf den eine liebende Ehegattin wartete. Sie hatte ihren Stolz. Sie musste an ihre Tochter denken. Sie würde sich zusammennehmen.
Sie riss sich von Daniel los, sprang auf und sagte munter: „Ja, Liebling, ist das nicht wunderbar für Mr. Bruin? Allerdings heißt er gar nicht Mr. Bruin, sondern Mr. Ambrose. Und Sergeant Tomkins ist sein Freund und ist gekommen, um ihn nach Hause zu seiner Familie zu holen, die schon auf ihn wartet und ihn sehr lieb hat und ihn schrecklich vermisst. Ist das nicht aufregend? Und jetzt komm und
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