Myrddin
Schönheit in einem mächtigen Volk. Die Elfen tanzten und sangen und Myrddin hätte sich seine Naturbühne nicht besser wählen können. Sein Kristall beleuchtete den Nebel, als säßen sie in der riesigen abgeschlossenen Kuppel einer Anderswelt, in der es keinen Frost gab, als säßen sie unter einer strahlenden Glocke – ohne Anfang und ohne ein Ende.
Die Elfen schwirrten vor ihren Augen in der Luft, kaum zwei Meter über dem Kieselstrand, und tanzten Wundervolles zu den Worten Myrddins, der sich in dem Nebel verbarg, damit er seine Bühne und die ungeteilte Aufmerksamkeit den Blondelfen ließ.
Und tatsächlich glaubten sich Palluck, Tralee und die Brians für Momente nicht mehr auf dieser Welt, nicht mehr in der Irene Bay und waren sich sicher, in eine andere Zeit gelockt worden zu sein, so fesselnd und hypnotisch wirkte Myrddins Spiel, bis er seine Geschichte und damit das Lied von der Anderswelt beendete, die Blondelfen zu Boden schwirrten, ihre Mäntel aufnahmen und plötzlich vor den Augen aller verschwanden, dafür aber Myrddin wieder vor ihnen stand, der seinen Stab in der linken Hand hielt, den Kristall in seinen Beutel steckte und aus dem Nebel lächelte, in dem die Strahlen seines Kristalls nur langsam erloschen.
Das Schauspiel war nach zwanzig Minuten vorüber. Palluck, Tralee und die beiden Brians konnten nur schwerlich glauben, was sie erlebt hatten, und hätte sie jemand gefragt, ob sie wirklich in der finsteren Irene Bay eine Puppenvorführung gesehen hätten, sie hätten es ihm nicht mit Sicherheit sagen können, so vielseitig waren ihre Eindrücke. Tralee hatte Tränen in den Augen, so ergriffen war sie von der Geschichte. Palluck saß zunächst wie starr, staunte, ging plötzlich zu Myrddin und dankte ihm handschüttelnd.
Brian bestürmte Myrddin, da sie die Tricks erfahren wollte, durch die er die Puppen fliegen lassen konnte, und womit er ihnen einen Eindruck vermittelt hatte, als besäßen sie echte Flügel, mit denen sie herumschwirrten, und sie wollte wissen, wie er das Licht und die Musik gemacht habe, das sie gesehen und die sie gehört hatte.
Dann merkte Myrddin lächelnd an, daß ihnen kalt werden würde und man lieber unter ein Dach kriechen sollte, als in der Dunkelheit zu stehen.
Brian kannte viele Effekte, das wußte Myrddin, aber sie war niemals wahrhaft verzaubert gewesen. Puppenspiel erschien ihr nicht der richtige Begriff für die erlesene Kunst Myrddins zu sei. Sie sprach von Puppenzauber, von einer feenhaften Magie unglaublicher Ausstrahlung, und Myrddins Vorführung hatte die Dichterin in Brian geweckt, so sehr rang sie nach den richtigen Worten.
Tralee weinte immer noch vor ergriffener Freude, im Glück ihrer Erlebnisse, die sie während des Schauspiels gehabt hatte, die sie aber niemandem mitteilen wollte. Ihre Augen glänzten unter den Tränen, und Myrddin war gerührt, wie sein kleiner Dank aufgenommen worden war. Brian wolle die Kunst Myrddins publik machen. Er wäre ein solcher Könner, meinte sie, daß es die Welt erfahren müsse, worüber er lachen mußte und dachte, was wohl die Welt durch ihn noch erfahren würde.
Sie nahmen die Stühle und gingen gemeinsam in die warme Hütte. Myrddin hob die Vanyar aus der Dunkelheit, nahm ihnen ihre Mäntel ab, bedankte sich bei ihnen und trug sie in die Baracke, wo er sie wieder auf sein Bett setzte.
Bis spät in den Abend sprachen sie von den vielen Unglaublichkeiten, bei denen die physikalischen Gesetze aufgehoben schienen. Brian und ihre Schwester mußten jedoch aufbrechen, da sie ihrem Onkel gesagt hatten, daß Patty zu einer Freundin gehen wolle – und Palluck brachte sie nach dem Abschiedsgruß durch die Bucht zu ihren Fahrrädern, mit denen sie gekommen waren.
Myrddin und Tralee blieben allein zurück und schwiegen. Sie wußte nicht, was sie einander hätten sagen sollen, was dem anderen nicht bereits bekannt gewesen wäre, und Myrddin – er hatte seine Vergangenheit zu verbergen.
XX
Beschwingt erschien Palluck. Er sagte, daß er die Brians durch die Bucht gebracht habe und die Nebelluft herrlich erfrischend sei.
Tralee wollte sich zurückziehen, da ihr die Aufführung von Myrddin sehr viel bedeutet hatte und sie ihre Eindrücke nicht in Gesprächen mit Palluck teilen wollte. Sie legte sich auf ihre Matratze, doch Myrddin bot ihr an, ruhig im Bett zu schlafen, da er sich erholt habe, es ihm besser gehe und er noch nicht schlafen wolle.
So legte sich Tralee in das Bett und war schon sehr bald von ihren
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