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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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kannte – und blickte in das ferne Sternenlicht, das am Horizont vielversprechend funkelte, bevor der Nebel sich wieder zuzog und in sich die See, das Licht und Palluck begrub.
    Myrddin stand am felsigen Strand, hörte das Meer und lauschte in sich hinein. Er dachte an die Geschichte des Jack Dogherty, die Palluck für sich selbst entschieden hatte, dem Zauber einer Meeresfrau erlegen, die er gesehen haben wollte, und stand schweigend mit einem Brief in seinen Händen, als spräche er ein Gebet. Er wünschte Palluck eine gute Reise und war froh darüber, ihm noch seinen wahren Namen genannt zu haben.
    Tralee schlief nicht mehr. Sie hatte schon Kaffeewasser aufgesetzt, und ihr Blick verklärte sich verliebt, als sie Myrddin zur Tür hereinkommen sah. Sie freute sich, noch einen Augenblick mit ihm allein sein zu können, bevor Palluck kommen würde. Verstohlen lächelte sie Myrddin an und er erwiderte ihr Lächeln. Dann zog er den Brief aus seinem Anorak hervor, den er vor der Feuchtigkeit des Nebels geschützt hatte, und gab ihn Tralee mit den Worten, daß er von Palluck sei.
    Tralee betrachtete den Umschlag von der Investment-Bank in Schottland.
    „Ja, gewiß, William. Jerry bekommt jedes Jahr Post von seiner Bank. Doch woher hast du den Brief, Lieber?“ fragte sie erstaunt.
    „Leslie, es ist ein Brief für dich von Jeremiah. Ich versprach, ihn dir zu geben. Ich weiß nicht, was er dir geschrieben hat … aber bitte lies ihn …“, sagte Myrddin ernst und bemerkte ihr nervöses Mienenspiel, bevor sie den Umschlag öffnete, Geldscheine auf den Tisch fielen, sie den Papierbogen herausnahm und ihn entfaltete.
    In dem züngelnden Licht der Petroleumlampe begann sie ihren ersten Brief von Palluck zu lesen. Ihre Augen weiteten sich, das Blut wich aus ihren schmalen Lippen, und mit einer Hand fuhr sie sich durch ihre glatten Haare, öffnete ihren Mund zu einem stummen Schrei und blickte plötzlich wie versteinert zu Myrddin.
    „Was kannst du mir zu diesem Brief sagen? Habe ich das als Scherz zu verstehen?“ fragte sie entsetzt. „Solche Späße macht man nicht mit mir, William Myrddin. Auch du machst sie nicht mit mir. Und man sollte sie mit keinem Menschen machen. Das verbiete die Pietät. Also … wo ist Jeremiah …?“ fragte sie aufgebracht.
    „Er hat sich auf seinen Weg begeben, Leslie. Mehr kann ich dir nicht sagen. Er ist nicht mehr unter uns … und wird uns als Jerry niemals wieder sein“, erklärte Myrddin behutsam tröstend, obwohl es ihm nicht leicht fiel.
    „Ich glaube dir kein Wort, William!“ rief sie, schlug mit der Hand auf den Tisch und ermahnte ihn, die Wahrheit zu sagen.
    „Es gibt keine andere Wahrheit als die, daß sich Jeremiah auf die Suche nach Irene gemacht hat, durch die Nebel dieser Welt und Ozeane aller Zeiten. Er hat sich aus unserer Gegenwart genommen, und dies mit einem Glück in seinem Gesicht, das deinem gleicht, wenn sich in ihm silberglänzendes Wasser spiegelt“, offenbarte er ihr ohne Trauer.
    „Was spielst du für ein Possenspiel mit mir, William? Jerry kann Irene nicht suchen, weil sie eine Nixe ist. Das Meer und die Menschen haben nichts gemein, was selbst dir bekannt sein sollte. Also lasse deine Phrasen und verrate mir, wo Jerry ist?“ sagte sie verzweifelt, als sie ein Gefühl der Ohnmacht und der Verlorenheit spürte. Sie ahnte großes Unglück.
    „Dein Jerry ist zu Meer geworden, Leslie. Er ist fortan Schaum aller Wellen und das Salz der Gischt. Er lebt nicht mehr unter uns. Er hat sich uns entzogen und ist einziger geworden, als wir es erleben können.“
    Tralee ernüchterten die Worte von Myrddin. Sie begann zu verstehen.
    „Du warst bei ihm, William? Und er hat sich das Leben genommen?“ fragte sie.
    „Er hat sich das Leben genommen, ja. Er hat sein Leben genommen und ist in die Fluten gegangen … und ich war bei ihm.“
    „Und du hast ihn nicht aufgehalten? Du hast ihn nicht aufhalten wollen …?“
    „Weshalb hätte ich ihn aufhalten sollen, Leslie? Jeremiah ist auf seinem Weg. Und kann das nicht nur gut für ihn sein, unseren Zweifeln erhaben …?“
    „Was ist das für ein Geplapper? Bist du vollkommen verblödet, William? Jerry geht in den Tod … und du stehst dabei und applaudierst?“ schrie sie, von ihren Schmerzen überwältigt.
    „Achte auf deine Worte, Leslie. Selbst wenn es dich trifft und Tränen in dir aufsteigen, hast du nicht das Recht, mich zu beschimpfen. Und du hast auch nicht das Recht, eine Entscheidung für Jeremiah zu

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