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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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zur Hölle und jagen dich, bis sie dich haben. Bishop sitzt hier mit ihrem Arsch am längeren Hebel“, führte die kleine Brian aus.
    „Sie hat wirklich recht. Ganz gleich, was geschehen ist – du mußt weg von hier. Wäre der Nebel nicht, hätten sie dich schon lange erwischt.
    „Ohne euch kann ich aber diese Insel nicht verlassen. Das habe ich Jeremiah versprechen müssen. Er hat etwas für euch hinterlegt“, sagte Myrddin. „Hat er dir das nicht geschrieben?“
    „William, kapier es doch endlich. Du mußt hier schleunigst weg. Sofort! Meinst du, ich würde die Schule einfach so schwänzen, wenn es nicht brenzlig wäre?“
    „Und wir machen uns alle zu Mitwissern, William. Von Patty werden sie noch nichts wissen. Aber sie wissen von mir und meiner Freundschaft zu Jerry“, fügte Leslie hinzu.
    „Also reden können wir später, finde ich. Packt die Sachen, die ihr braucht, und wir verschwinden erst einmal von hier. Ich kenne ’ne kleine Höhle. Da könnt ihr unterkriechen, bis wir uns was Besseres ausgedacht haben“, schlug Brian vor, die sich über ihre neue Position freute, als wäre sie plötzlich der Vormann einer Senioren-Pfadfindergruppe und könne den Weg bestimmen, auf dem sie weitergehen sollten.
    Was konnte Myrddin anderes tun, als Tralee und Brian zu glauben? Eine Treibjagd wollten die Menschen veranstalten und ihn gefangennehmen? Sie wollten einen Täter, einen Schuldigen und ein Opfer in einer Person finden? Die Jagd sollen sie bekommen , dachte Myrddin.
    Tralee packte eilig einige Konserven in ihre Tasche, griff sich einen dicken Mantel von Palluck und nahm zwei Becher von ihm mit. Danach ging sie zu den Wänden und suchte sich zum Andenken an ihren langjährigen Freund mehrere Photographien aus, die sie sich einsteckte. Brian drängelte, und in ihrer Schuluniform sprang sie wie ein kleines Mädchen von einem Bein auf das andere. Myrddin wollte sich seine Rentierkleidung anziehen, wurde jedoch angehalten, ein Hemd und eine normale Hos e zu nehmen, die er von Palluck bekommen hatte. Darüber zog er sich den dunkelblauen zerschlissenen Troyer. Seine Fellkleidung rollte er zu einem Bündel zusammen, packte sein Buch und den Katalog mit Kraftausdrücken von Brian ein, nahm die Vanyar unter den Arm, griff seinen Stab mit der linken Hand und war gutgelaunt fertig für die Wanderung zu der Höhle, die Brian kannte. Er kannte die Aufregung und die Angst der Frauen, teilte sie aber nicht mit ihnen. Myrddin glaubte, daß er in der Flucht vor den Menschen erprobt sei. Und seine Erfahrung würde es den Häschern schon schwierig machen. Sie sollten an ihren Lügen ersticken und sie sollten es nur wagen, zu kommen. Er war bereit für sie.
    Im Grunde aber war der Gedanke an die Flucht für Myrddin reizvoll, konnte er doch die Menschen um sich herum besser einschätzen lernen. Jäger offenbaren während ihrer Jagd ihre Stärken und Schwächen, und war er nicht in die Gegenwart gekommen, um genau das von den Menschen sehen zu können? Waren es nicht die neuen Stärken und Schwächen der Menschen, die er begreifen wollte?
    Myrddin schloß die Tür hinter sich und spürte, daß Tralee sich von der Baracke innerlich nicht trennen wollte. Er dachte an Hörn und die Wölfe und daran, daß sie empfinden mußte wie er damals, als er sich von Nordkvaloy nicht trennen wollte. Und er lachte über das Leben. Er lachte darüber, wie die Dinge wiederkehren, wie sie sich wiederholen würden, bis sich die Sonne eines fernen Tages aufblähen und die Erde in einen glühenden Feuerball verwandeln würde. Solange würden sich die Ereignisse der Menschen wiederholen, die Zwiespalte, die Lügen wiederkehren, die Ängste und die Freuden – und für jeden Menschen wären sie immer wieder neu, einzigartig und grandios und so unbedeutend bedeutend. Dabei war doch all das Neue schon so abgegriffen.
    Den Menschen war jetzt nach Jagd zumute – also sollten sie sie bekommen. Und ihre Flucht aus der Baracke Pallucks kam einem Schuldeingeständnis gleich, dachte Myrddin weiter. Es würde ihnen die Argumente für ihr Recht liefern, und Recht war immer schon gewesen, was man deutlich sehen und erkennen konnte. Es entsprach der Wahrheit, nicht aber der Wirklichkeit. Und die Menschen gaben sich offensichtlich immer noch nicht mehr Mühe mit der Wirklichkeit.
    Also floh Myrddin mit Tralee und Brian, weil er fliehen wollte. Er floh, weil er unter Menschen geraten war, die sich von ihrem Augenschein leiten ließen. Und er floh, weil er andere

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