Myrddin
waren, als sie gegen die See zu kämpfen begannen, da sie zu beschäftigt gewesen war, um auf sie zu achten.
Myrddin fragte Tralee, die in der Außennok stand und ihm nur erwiderte, daß es ihr gotterbärmlich gehe und seine Puppen sie nicht interessierten. Myrddin mußte sie finden, darüber war er sich im klaren, und er verließ nach Absprache mit Brian die Brücke, um die Vanyar auf dem Schiff zu suchen.
Ein kräftiger Wind riß ihm die Brückentür aus der Hand und er taumelte über das seifige Deck. Der Meerschaum prasselte wie zischende Glut, und Myrddin hörte trotz aller Geräusche die kristallklare Stimme von Caspar aus dem Mast. Die Blondelfen konnten sich in dem Wind nicht bewegen. Wie Staub hätte es sie davongetragen und solche Aussichten konnten den Vanyar nicht gefallen. Unsichtbar in ihren Graumäntel hatte sie sich an den Mast geklammert und Caspar war über die Fahrlässigkeit Myrddins empört. Er sollte sich mit den Elfen mehr Mühe geben, als sie wie klamme Hummeln dem Morgentau zu überlassen, schimpfte Caspar. Das wollte er sich zumindest von einem Menschen nicht gefallen lassen. Myrddin rief zurück, daß er kommen würde, um sie zu holen.
Er kletterte auf das schwankende Dach der Brücke, auf dem es einen Ausguck gab, und fühlte sich wie auf einem wildgewordenen Schlachtroß, das unter ihm in Kapriolen auskeilte, die er nicht verhindern konnte. Von dort konnte der den Mast umklammern und zog sich langsam an ihm hoch, vorbei an dem Typhon, und griff höher in die Dunkelheit, in die die Toplichter der SOUNDLOVE gesetzt waren. Mit einem Arm und seinen Beinen klammerte er sich fest in das Gehörn des Schiffes und spürte dann etwas, was eine Blondelfe hätte sein können – und flugs ließen sich Elwe, Halvdan und Caspar auf seinen Rücken fallen, da ihre Flügel zum Fliegen zu naß waren. Myrddin konnte sie nicht sehen und fragte in die Finsternis, ob sie den Mast schon losgelassen hätten, und an seinem Ohr hörte er die versöhnliche Stimme von Elwe, die ihm riet, wieder hinunterzuklettern. Myrddin rutschte an dem breiten Eisenmast hinab, nahm die Elfen dann in den Arm und entschuldigte sich bei jeder einzeln. Dann brachte er sie in die Kajüte zu seinem Stab und dem in Leder eingeschlagenen Buch und bat sie, ihre Graumäntel wieder auszuziehen, damit sie zu sehen seien.
„Und trocknet euch eure Flügel“, sagte Myrddin. „Ich werde wieder auf die Brücke gehen und wohl das Ruder übernehmen müssen, damit wir nach Lindisfarne kommen. Es sind noch gut fünfhundert Kilometer, schätze ich …“ Myrddin war in Gedanken bereits weit weg von den Shetlands, irgendwo in der Nordsee.
Er konnte sich ausgezeichnet an die Küste Nordbritanniens erinnern und hatte einige gute Karten im vorigen Jahrhundert gefunden, die ihm seine Erinnerungen aufgefrischt hatten und die ihm auch heute noch verläßlich erschienen. So hatte er eine Karte vor Augen und wollte sie mit den Karten vergleichen, die er auf der Brücke zu finden hoffte.
XXIV
Brian hatte die Brücke unter ihr Kommando gestellt. Myrddin hatte die auf dem Boden verstreuten Karten unsortiert wieder in die Schubladen gelegt und sie in den Kartentisch zurückgeschoben. Er hatte eine Seekarte gesucht, die den 55. und 56. Grad nördlicher Breite darstellen würde, doch er konnte sie nicht finden.
Brian erwähnte, daß sie gerade Bressay passieren würden und ein ausgesprochenes Glück mit der Strömung hätten, so daß sie den Treibstoffverbrauch reduzieren könnten.
„Aber wo fahren wir eigentlich hin, William?“ fragte sie.
„Patty, wenn wir schon unterwegs sind, werden wir mit dem Boot nach Schottland fahren. Dort geht ihr zu dem Advokat von Jeremiah und ich werde meiner eigenen Wege ziehen. Auf den Shetlands kann ich als Puppenspieler nichts mehr werden … Und ich muß nach Lindisfarne.“
„Lindisfarne …? Kenn ich nicht.“
„Aber du wirst Holy Island kennen, nicht wahr?“
„Schon … aber mit Charles Trawler komme wir da nicht hin. Außerdem kann ich nicht navigieren, William. Hab ich dir doch schon gesagt …“
„Das Navigieren übernehme ich … Hatte ich dir das nicht gesagt? Mache dir also keine Gedanken darüber.“
„Und was glaubst du wird in Voe los sein, wenn die bemerken, daß die SOUNDLOVE bei dem Unwetter ausgelaufen ist? Da schippert doch keiner Touris zum Angeln raus, zumal Charles ja noch auf Mainland ist. Die wissen doch sofort, wer sich den Kahn unter den Nagel gerissen hat. Natürlich seine kleine,
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