Myrddin
dauern würde. Das glaubte auch Myrddin. So waren sie vollkommen sicher und meinten, daß keine Küstenwache der Welt sie aufhalten würde, ja bei einem solchen Wetter noch nicht einmal auf die Nordsee wagen würde, die Tücken barg, von denen die Havarien in der christlichen Seefahrt Zeugnisse ablegen konnten.
Das arhythmische Klopfen der Geräusche aus dem Maschinenraum verstärkte sich am Nachmittag. Die Regenwolken wollte die Dunkelheit schneller hereinbrechen lassen und der Sturm fegte die Schauer fast waagerecht über die See.
Brian machte sich ernste Sorgen wegen der wachsenden Maschinengeräusche, die sie von der SOUNDLOVE nicht kannte. Sie hatte einmal erlebt, daß ein Zylinderkopf gerissen war, was sich aber anders angehört und angedeutet hatte. Auch waren damals die Vibrationen in der Brücke nicht vorhanden gewesen. Sie hatte immer gerne in der Brücke gesessen, kannte also die abnormalen Geräusche genau, und sie hatte gesehen, wie die tiefen Grundnetze über die beiden Setzmasten fast automatisch in die Tiefe glitten und die riesigen Netzknäule, die jetzt festgezurrt auf Deck lagen, in die See gerissen wurden. Es hatte ihr das Gefühl des Mitgerissenwerdens gegeben, das Gefühl, in den schwerelosen Tiefen des Wassers zu schweben.
Myrddin stellte fest, daß sie gerade den Firth of Forth passiert hatten, und wußte, daß sich an ihm Edinburgh angesiedelt hatte. Er ahnte wohl, daß er das Funkfeuer von Isle of May auf dem Radarschirm sehen konnte, als sich die schon lauten Vibrationen schlagartig noch verstärkten.
Patty schrie ihm zu, daß es sich bestimmt um die Antriebswelle für den Propeller handeln müsse, und er fragte, was zu tun sei. Sie rief ihm zu, daß die Maschinen augenblicklich abgestellt werden müßten, weil ihnen andernfalls die ganze SOUNDLOVE um die Ohren fliegen würde, wie sie es ausdrückte.
„William, die Maschine kann explodieren …!“ rief sie.
„Du bleibst am Ruder … auf dem gleichen Kurs, Patty! Ich bin gleich wieder zurück!“ schrie er, da man sich nicht mehr leise verständigen konnte. Er nahm Tralee am Arm und ging von der Brücke.
Die kleine Sheannad spielte in der Kajüte, in der auch die Vanyar lagen und seine Sachen warteten. Er erklärte Tralee, daß sie mit der Kleinen und seinem Gepäck auf Deck gehen solle, damit ihnen nichts geschehen würde, falls die Maschine des Schiffes detonieren sollte.
Auf dem Deck war es naß und rutschig. Sie sollten sich so weit wie möglich zum Bug begeben und sich dort festleinen.
Dann wickelte Myrddin seine Puppen vorsichtig in ein Leinentuch, das Rhys als Tischdecke verwendet haben mußte, und gab auch diesen Beutel in Tralees Obhut. Sie sollte besonders vorsichtig mit seinen Puppen, seinem Paket und dem Eschenstab sein, bat er und schickte sie dann an Deck. Er selbst stieg aus der Kajüte durch den Aufgang zurück auf die Brücke.
„Leslie und Sheannad sind an Deck! Ich werde jetzt wieder das Ruder übernehmen, und du … du wirst Leslie Gesellschaft leisten!“ rief Myrddin energisch.
„Was hast du vor, William …?“
„Frage mich nicht! Sondern geh endlich! Okay!“ meinte er lachend.
„Nicht, bevor du mir gesagt hast, was du vorhast, klar!“
„Ich komme sofort nach, Patty. Und du wirst jetzt gehen. Ich will dich nicht noch einmal bitten müssen!“ befahl er ihr, und Myrddin war für sie wieder der Fremde – ein alter furchterregender Mann.
Brian ging und rutschte den Abgang hinunter. Die Gischt schlug nicht mehr über den Bug, doch die See brodelte wie ein graugrüner Absud. Der Abend würde kommen, von dem sie nicht wußte, ob sie sich über ihn freuen sollte. Falls es einen Maschinenschaden geben sollte, wären sie manövrierunfähig, und das bedeutete, sie wären in großer Not. Sie hätten die Wellen nicht mehr anfahren können – und würden sie längsseits von nur einer Woge erwischt, bekämen sie Schlagseite, und die darauffolgende Welle würde sie versenken. Sie mußten unter allen Umständen ihrer Ruderfähigkeit behalten – und dies auch nur mit mindestens einer Maschinenleistung, wußte Brian. Aber sie ging zu Tralee und ihrer Schwester, die sich mit einer Leine an der Steuerbordseite neben dem Auslegermast befestigt hatten, damit sie nicht von dem Wasser über Bord geschwemmte werden konnten. Brian tat es ihnen gleich und schaute zur Brücke hoch, auf der noch die Rotationsscheibe drehte. Die Wassermengen des Regens und des Sprühwassers der Nordsee wurden von den
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