Myrddin
ich packe … Weißt du, die Bücher müssen gebündelt und verschnürt werden … und die Instrumente. Das nautische Gerät … Wo habe ich es nur gelassen? Und Lebensmittel … Wir müssen an Lebensmittel denken, findest du nicht auch?“ stotterte er wirr zusammen.
„Merlin! Wache auf!“ sagte Hörn ruhig. „Trinke etwas und dann sehen wir, was du brauchst.“
„Ja, was ich brauche … Und trinken … Wo habe ich nur die Schale gelassen?“ fragte Merlin benommen.
Die Wölfe schauten sich gegenseitig in ihre erfahrenen Jägeraugen und vermieden Gedanken, die Merlin sicherlich verletzt und gekränkt hätten. Doch sie bekamen Angst, sich und ihr Leben ihm anzuvertrauen. Dieser armselige Mann wollte Großes tun? Wie sie ihn erlebten, war er dazu nicht in der Lage. Und sein Hirsch schien ihnen plötzlich nur die Amme eines überalterten Greises zu sein. Merlin wirkte auf sie wie ein vereinsamter Eremit, dem seine Gedanken Streiche spielten, und sie glaubten nicht, sich zu irren. Sie sahen den schrulligen Alten über Berge von Büchern stolpern, eine Schale Wasser suchen, die für alle anderen erkennbar auf dem Tisch stand. Hatten sie sich wirklich bereit erklärt, diesem Wunderling zu helfen? Was war über sie gekommen? War das der Sar Merodak ihrer Geschichten und Legenden, die Melchor und Samael verbreitet hatten? Eher schien er ihnen ein witziger, alter, vielleicht größenwahnsinniger Gnom zu sein, der unter den Jahren der Einsamkeit gelitten hatte. Doch sie vermieden möglichst ihre trüben Gedanken, wendeten sich ab und blickten traurig in die aufziehende Nacht.
Hörn mußte Merlin ermahnen, die Lichter zu entzünden, so daß er die Wasserschale auf dem Tisch stehend sehen würde, und Merlin tat, was Hörn empfahl. Dann erst entdeckte er die Schale und trank in großen Zügen, bevor er die Gesellschaft seiner Freunde wahrnahm, die nach Nordkvaloy zurückgekehrt schienen. Warmes Licht in der Höhle zeigte ihm das Gefecht, das er gefochten haben mußte. Natürlich wunderte auch er sich über sich selbst, und trotzdem vermochte er keine Entscheidung zu treffen, die auch nur halbwegs vernünftig gewesen wäre. Merlin wendete sich hilfesuchend an Hörn, der über das angerichtete Chaos gnädig schmunzelte.
„Weißt du, Merlin, du machst es dir unnötig schwer. Warst du jemals ein Krämer? Wir wollen nicht über Land fahren und Wundermittelchen verkaufen oder die Kuriositätensammlung eines verstaubten Antiquitätenhändlers feilbieten. Deine Aufgaben werden andere sein. Wir wollen nach Britannien! Mein Freund, du hast eine Mission, von der niemand weiß, was sie uns abverlangt. Merlin, wir werden zum Hart Fell aufbrechen … und das schon morgen. Was also brauchen wir?“
„Schaue dich um, Hörn, und sage selbst, was wir mitnehmen wollen“, erwiderte Merlin überfordert. „Ich weiß es einfach nicht mehr. Wir sind zu lange hier gewesen … und die Reise … sie kommt für mich überstürzt.“
„Und hättest du vor Wochen gewußt, daß wir morgen aufbrechen wollen, Merlin, wärest du heute nicht weiter gewesen, wenn du ehrlich zu dir selbst bist, oder …?“
„Wahrscheinlich stimmt das.“
„Gehen wir die Sache also langsam an. Wir brauchen Lebensmittel und du brauchst deinen Eschenstab. Nimm dir Salben gegen Frost und einige Kräuter für einen wärmenden Tee mit. Doch wirst du noch deine beiden Felle mitnehmen müssen. Und was fehlt sonst noch?“
„Mein Buch!“ sagte Merlin und dachte an jenen schweren Band, der mit den wundervoll keltischen Ornamenten und den strahlenden Seiten auf dem Tisch gelegen hatte.
„Gut, Merlin. Schau, haben wir alles beisammen? Vergiß nicht, daß wir die ganze Zeit draußen sein werden. Denke also auch an deine Handschuhe, deine schweren Stiefel und an die Fellmütze. Bevor du deine Sachen zusammensuchst, kannst du die Vorräte aus den Verschlägen holen, die wir dann schon zu dem Boot bringen. Melchor erzählte mir, daß wir über das Eis laufen werden. Das Boot hast du also nicht vergebens geholt. Wir können die Vorräte und dich in ihm wie auf einem Schlitten verstauen“, meinte Hörn und teilte Merlin ganz konkrete Aufgaben zu.
Es sollte geschehen, wie Hörn vorgeschlagen hatte, und bis tief in die Nacht liefen die Wölfe den langen Weg über die Geröllhalde zu HAMAMELIS und zurück und packten Beutel mit Nüssen, Äpfeln, Trockenobst, Brot, einen Tonbottich mit Honig und Säcke mit Trockenfleisch in das Boot. Merlin suchte derweil sein Seeotterfell,
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