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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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Seeschlachten mußte es gegeben haben. Er hatte gewaltige eiserne Festungen über das Meer ziehen sehen … doch sie hatten ihre Schätze in ihren Leibern behalten und waren wieder in den Horizont getaucht. Er hatte von ihnen nichts in Erfahrung bringen können. Und wer hätte sie herausfordern wollen? Kein Sturm hätte ihren Rost ertragen, keine See sie zu verschlingen gewollt. So war ihm nichts geblieben, als die Berichte der Tiere, der Dohlen und Gänse, die weit über die Länder gezogen waren.
    Merlin blickte sich um und suchte seine Gefährten, doch diese waren vorerst wieder verschwunden. Sie hatten sich einen anderen Esel gesucht.
    Er hielt an, wischte sich den Schweiß von der Stirn, ging zu seinem Boot und legte sich zwischen die restlichen Beutel. Er konnte keine Ruhe finden, stand auf und begann die Säcke zu sortieren, um Ballast loszuwerden. Es war schon eigenartig: auf Nordkvaloy konnte er nicht allein entscheiden, was er mitnehmen sollte, und Hörn half ihm, das Wichtigste zu finden. Das waren die Vorräte und sein Buch, von dem er sich niemals getrennt hätte. Die Vorräte hatte er gebraucht – für die Wölfe, Hörn und sich selbst. Den Fisch jedoch hatte er schon aus dem Boot geworfen und auf dem Eis liegenlassen, da er allein weiterreiste. Nun hatte er nur noch Brot, Trockenobst, Äpfel, seine Nüsse und den Honigbottich. Ja, den Honigbottich brauchte er wohl auch nicht mehr. Das schwere Steingutgefäß könnte er aus dem Boot werfen, der Honig, den er selbst geschleudert hatte, schmeckte herrlich, auch damals, nach langen Ritten durch die Länder – halb reisend, halb auf der Flucht.
    Merlin nahm den schweren Topf und setzte ihn auf das Eis. Dazu stellte er einen Sack mit Trockenobst, packte sich ein Brot aus, tauchte es in den Honig und genoß. Früher, in den großen, kalten Ritterhallen der Burgen, hatte er gerne Honigbrote gegessen und Wein getrunken. Zuweilen gab es auch Käse und gut gewürztes Fleisch mit Gemüse, phantastische Braten und Gewürzkuchen. Käse hatte er sich selbst das letzte Mal vor Jahrhunderten geschlagen. Nur selten war er an Milch gekommen. Deshalb hatte er zwei Ziegen gehabt, die er melken konnte. Doch die Wildziegen waren seitdem ausgestorben und er hatte es nicht verstanden, sie zu züchten.
    Er dachte an gutes Bier, das man in England gebraut hatte, und an den feinen Met, den er manche Nächte hindurch mit den Wikingern getrunken hatte. Es sollte etwas geben, das die Menschen Whisky nannten. Merlin kannte es nicht und erinnerte sich, was für ein gutes Gefühl es manchmal war, die Sinne und Haltung zu enthemmen, in den Strudel einer Gesellschaft zu rutschen, langsam in die lauten Stimmen zu gleiten und eins mit ihnen zu werden … gedankenlos … furchtlos. Wie schön war es gewesen, über die Gesäße der Frauen zu sprechen und ihre prallen Brüste anzufassen. War es nicht auch himmlisch, seine Verantwortung zu vergessen, sich in einer Runde von rüden Säufern derben Phantasien schamlos hinzugeben?
    Doch … es war gut gewesen … die Zeit mit den Nordmännern war eine barbarische Zeit – doch sie war gut. Die Natur lag ihnen auf der Zunge und ihre Weisheit war ihnen auf die Stirn und auf das Heft ihrer Schwerter gezeichnet. Trotz ihrer Grobheit hatten sie Anstand, einen sittsamen Ehrencodex und achteten ihre Gesetzte, die sie notfalls brutal verfochten. Und was waren es für Seefahrer, dachte Merlin schwärmerisch. Und umso hervorragender sie die Meere bezwangen, umso schlimmere Zeiten waren für Britannien, für Irland und für die gesamte nördliche Inselwelt angebrochen. Die Gottesmänner wurden verfolgt und ihre Symbole zerschlagen. Der Beute- und Entdeckerdrang der Nordmänner war grenzenlos. Sie kaperten, raubten, brandschatzten, vergewaltigten, besiedelten und kolonisierten. Sie nahmen sich die einheimischen Frauen und die Priester hatten keine Chance mehr, ihren Gott auf den strauchlosen Inseln zu finden. Sie waren geflohen.
    Und dann nahmen die Wikinger die letzte starke Bastion der Kelten und Irland wurde von hungrigen, wilden Eroberern in grausem Zorn verwüstet. Die Heiligtümer wurden zerstört, die gepflegte Ruhe und Eintracht zerschmettert und dann … dann kam der König über alle Fremden in Erin. Es war Turgeis, der mit der mächtigen Flotte in Nordirland erschien und in dem Land wütete wie kein anderer. Als sie ihn schließlich erwischten, ertränkten sie ihn wie ein schwachsinniges Kind in Loch Niar, so groß war der Haß der Menschen

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