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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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gegen ihn.
    Was waren das für Zeiten. Was war es für ein wildes, kriegerisches Europa. Die Dänen verbündeten sich mit den Norwegern und überzogen England und Irland mit Kriegen und dabei traf es die irische Bevölkerung am ärgsten. Ihre religiöse Vereinsamung und ihr Unglück hatten mit den Christen begonnen. Sie waren zu den Gärtnern ihres neuen, schwächlichen Glaubens geworden und hatten ihre Natur vergessen. Eine Jahrhunderte währende Kultur wurde ausgelöscht – als Krönung durch Olaf den Weißen, der die wütenden Dänen von der Insel vertrieb. Bis sich dann die Norweger selbst zu bekämpfen begannen, Nordengland sich in die Kämpfe einmischte und ein vollendetes Chaos geschaffen war.
    Erst zur Zeit, als sich Merlin auf den Weg nach Norwegen aufgemacht hatte – war es um die Jahrtausendwende? –, fanden die Iren ein ruhiges Leben wieder, indem ihr Oberkönig Brian die Wikinger vertreiben konnte – durch furchtbare Schlachten und einen unerträglich grimmen Sinn. Doch das Land hatte seinen Frieden gefunden, und Merlin streunte durch die Zeit. Er saß auf seinem Boot, aß das Honigbrot und hätte sich über etwas Met gefreut. In Gedanken murmelte er vor sich hin … quod enimlaicali ruditate turgescit non habet effectum nisi fortuito … die einfältige Rohheit … Deshalb wahrscheinlich hatten sich die Christen durchsetzen können. So primitiv sie in ihrem selbstgestrickten Glauben auch waren – sie waren zur richtigen Zeit weich und verständnisvoll, gaben sich gut und aufopferungsbereit. Und was gab es nicht für wunderbare Mönche, die einen strahlenden Glauben hatten, klare Augen, gute Streiter, nur dem falschen Gott dienend, da er seinen wahren Thron in Rom hatte … und natürlich in zweiter Linie im Himmelreich, das hinter dem Polarlicht liegen sollte. Dabei kannten die ungebildeten Pfaffen den Himmel nicht im geringsten. Eiligst hatten sie Kenntnisse kopiert und sie zu ihren eigenen gemacht. Sie hatten die Quellen verschleiert und sich ein Weltbild zurechtgelegt, dem auch der Kosmos entsprechen mußte, weil ihr Gott ja ihrem Anspruch gemäß allmächtig und allgegenwärtig sein sollte.
    Die Christen hantierten mit Begriffen und definierten sie, egal zu welchen Grotesken. Sie verzerrten die Inhalte und stellten sie dann als Kerzen unter ein Gottesbild. Sie stahlen die Erkenntnisse von anderen, zu denen sie selbst nicht fähig waren, und gaben ihnen neue Namen, während die Entdecker und Wissenskundler dieser getötet wurden. War das Verdrehen der Inhalte nicht eine Schande gewesen? Nur ein Verdauungslüftchen aus Rom und das Grunzen eines Papstes, und die Gelehrten dieser Welt mußten eilen, um daraus eine in ein Gottesbild passende Enzyklika zu verfassen. Und ihr systematisches Morden sollte erst noch beginnen, als sie sich in den Völkern etabliert hatten.
    Merlin biß in sein Brot und dachte, daß es gut für ihn gewesen sei, die Brutalität und Menschenverachtung der Christenheit, die sie nun Brüderlichkeit und Nächstenliebe nannten, nicht unmittelbar erlebt zu haben. Vor Zorn über ihre Falschheit hätte er sich den meuchelnden Horden blutgierig brüderlicher Christen gestellt und sie wenigstens gefragt, ob sie wahrhafte Barbaren kennen würden! So hatte er nur davon gehört. Er wußte, wie sie sich in die Königshöfe – die damaligen Zentren der Macht – eingeschlichen und die alten Rituale übernommen hatten, wie sie ihnen neue Namen gaben, Christi Blut aus Weinfässern in die offenen Hälse gossen und das zügellose Herz der Menschen auf ihre Weise heimtückisch ausnutzten.
    Merlin war in der ersten Nacht nicht einmal dreißig Kilometer gelaufen, hatte sich dann in sein Boot gesetzt und war mit dem zweiten Honigbrot in seiner Hand eingeschlafen. Das beugte seinem tieferen Groll vor, der von größerer Verachtung für den Menschen war und von dem er niemals wußte, inwiefern er ihn vor sich selbst rechtfertigen konnte.
    Der Morgen war gekommen und die Tage würden bald spürbar länger werden. Sie würden ihr Licht über Wälder ergießen, über hügeligen Landschaften werfen und mit dem Morgennebel über den Horizont steigen. Die Vögel würden ihn wecken, und Norwegen wäre dann auch vergessen, endlich im Kiwitt-Kiwitt der Kiebitze ausgelöscht.
    Doch der Himmel hatte sich bezogen und ein schweres Sturmtief würde bald über das Eis rasen. Merlin sah sich, nachdem er aufgewacht war, einem kommenden Gegenwind gegenüber, der sichtlich an seiner Kraft zehren würde.
    „Ich esse

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