Myrddin
Meinung?“
„Was kann ich sagen.“
„Wie weit wird es zum Festland sein? Was meinst du?
„Nicht sehr weit“, erwiderte Halvdan.
„Ich will mich beeilen …“, sagte Caspar, „… damit ich zu Elwe zurückfliegen kann. Vielleicht hat er dann einen Vorschlag.“
„Ja. Setze mich nur auf dem erstbesten Stein ab, den wir finden, und fliege dann zurück. Caspar, ich bin dir sehr dankbar.“
„Weißt du viel über die Menschen?“
„Einiges schon, doch falls du Myrddin meinst, glaube ich nicht, daß er nur ein Mensch ist, wie wir andere kennengelernt haben. Oder vielleicht ist er viel mehr Mensch als all die anderen.“
„Menschen sind sehr kränkliche Wesen, nicht wahr?“
„Das kann schon sein – es kann aber auch nicht sein. Was Myrddin betrifft, so habe ich ihn sprechen hören, und ganz offensichtlich schien er zu glauben, in unsere Welt gereist zu sein. Und das ist, soweit ich es weiß und soweit ich den Verstand der Menschen einschätzen kann, schon sehr bedenklich für sie. Wenn sie glauben, an einem anderen Ort zu sein als an dem, an dem sie sich wahrhaft befinden, haben sie ihre Gegenwart eingebüßt. Doch inwiefern das krank ist, kann ich nicht sagen.“
„Meinst du, wir werden uns mit ihm verständigen können?“
„Das ist wirklich sehr schwer zu beantworten, Caspar. Dafür kenne ich seine Beschaffenheit zu wenig. Jedenfalls müssen wir tun, was wir tun können. Wir haben es dem Großen Rat gelobt und unser Geschlecht ist es diesem Menschen irgendwie schuldig, glaube ich.“
„O ja, das werden wir!“ meinte Caspar, der eine dunkle Küstenlinie sich erheben sah, die er selbst in der Nacht als zerklüftet erkennen konnte.
Die Vanyar entdeckten einige ferne Lichter im Norden, sahen eine kleine Insel, die sich flach über dem Meeresspiegel erhob, und im Südosten eine größere, die ihnen jedoch auch nicht für eine Landung geeignet schien. Hinter dem größeren Eiland, das man Whalsay nannte, was die Elfen nicht wissen konnten, fanden sie einen langen, schluchtigen Strand, der auf einer der See zugewandten Seite lag. Caspar schwirrte vorsichtig herab, erkannte in dem Land eine lange Landzunge, auf deren gegenüberliegender Seite eine Ortschaft zu liegen schien. Zumindest hatte er Lichter gesehen, die wahrscheinlich zu einer Menschensiedlung gehörten. Der schmale Strand lag unterhalb einer klippigen Küste, in der die See, der Wind und häufiger Regen ihre Namen verewigt hatten. Trotz Finsternis sahen sie die vereisten Felsen wie schlafende Riesen vor einer höheren Steilklippe hocken, sahen aufgetürmte Schollenberge als Zeugen einer anderen Zeit liegen, und Caspar setzte Halvdan vorsichtig an der fremden Küste auf eine hohe Felszacke, damit er seine Flügel im Wind trocknen konnte und sich rechtzeitig im Windschatten des Felsens in Sicherheit bringen könnte, sollte es abermals einen Sturm geben, den sich die Vanyar nicht wünschten.
„Ich fliege zu Elwe zurück, Halvdan – und rufe uns nur, sollte dir Böses widerfahren. Dann eile ich und hole dich“, sagte Caspar, verneigte sich nach Elfenart vor seinem Freund und verschwand gegen den Wind in Richtung Osten.
Verglichen mit der Vornacht war der Wind nur eine flaue Brise, doch diese Brisen konnten bereits die Vanyar versprengen lassen. Und mit großer Kraft flog Caspar zurück zu Elwe, der tiefbesorgt bei Myrddin ausgeharrt hatte.
„Gut, daß du kommst, Caspar. Sieh dir die Gesichtsfarbe von Myrddin an. Es sieht aus, als würde sie blau werden, und ich kann mir nicht vorstellen, daß das ein gutes Zeichen für Menschen ist. Wir müssen etwas unternehmen.“ Caspar betrachtete Myrddins Haut, die sich wahrhaft verfärbt hatte. Der Blondelfe schien es darüber hinaus, daß die Haut wie die pralle Knospe eines Enzians aufgedunsen war.
„Wir müssen ihn aus dem Wasser holen … irgendwie an Land bringen. Caspar, hast du nicht eine Idee? Ich bin ratlos. Wie weit ist das Land entfernt?“
„Es ist nicht sehr weit im Westen, Elwe. Doch was können wir unternehmen?“
„Ja … was kann für diesen Mensch getan werden?“ grübelte Elwe, der sich auf den Kopf Myrddins gesetzt hatte. Caspar war auf dem Holzkiel gelandet und beide Elfen tanzten mit den Wellen in der böigen Dunkelheit.
„Der Wind kommt aus dem Osten … und wir, wir müssen in den Westen. Das ist schon günstig. Der Wind wird ihn treiben können …“
„Was hältst du davon, wenn wir Hölzer, die wir finden, an ihn binden? Der Wind würde sie vor sich
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