Myron Bolitar 03 - Der Insider
weil du die Story wolltest, sondern weil du Greg finden willst. Du liebst ihn.«
»Das ist doch lächerlich«, sagte sie.
»Die Polizei wird Gregs Haus durchsuchen, Audrey. Sie werden Haare von dir finden.«
»Das heißt gar nichts«, sagte sie. »Ich hab ihn ein paar Mal interviewt ...«
»Im Schlafzimmer? Im Badezimmer? In der Dusche?« Myron schüttelte den Kopf. »Wo sie jetzt von dir wissen, werden sie den Tatort ganz genau untersuchen. Auch da wird es Beweismaterial geben. Ein Haar oder so was.« Er ging einen weiteren Schritt auf sie zu. Mit zitternder Hand hob Audrey die Waffe.
»Hüte dich vor den Iden des März«, sagte Myron.
»Was?«
»Du hast mich darauf gebracht. Die Iden sind der fünfzehnte März. Dein Geburtstag war am siebzehnten. Der siebzehnte März. Drei-Eins-Sieben. Das ist der Code, den Greg für die Fernabfrage an seinem Anrufbeantworter eingestellt hat.«
Sie richtete die Waffe auf seine Brust. »Stell das Diktiergerät ab«, sagte sie. »Und mach das Handy aus.«
Myron griff in seine Tasche und tat wie befohlen.
Eine Mischung aus Tränen und Regen lief ihre Wangen hinab. »Wieso konntest du nicht einfach die Klappe halten?«, klagte sie. Sie deutete auf den reglosen Körper im nassen Gras. »Du hast doch gehört, was er gesagt hat: Außer ihm wusste keiner was davon. Die anderen Erpresser sind tot. Ich hätte das ...«, sie hob die Schachtel in ihrer Hand, »... ein für allemal zerstören können. Dir hätte ich nichts tun müssen. Es wäre endlich vorbei gewesen.«
»Und was ist mit Liz Gorman?«
Audrey schnaubte verächtlich. »Die war doch nur eine hinterhältige Erpresserin«, sagte sie. »Man konnte ihr nicht trauen. Das habe ich Greg auch gesagt. Was hätte sie davon abhalten sollen, Kopien zu machen und ihn ausbluten zu lassen? Ich bin an dem Abend sogar bei ihr gewesen und habe mich als Exfreundin von Greg ausgegeben, die noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen hat. Ich habe behauptet, dass ich eine Kopie kaufen will. Kein Problem, hat sie gesagt. Verstehst du das nicht? Es hätte nichts genützt, sie zu bezahlen. Es gab nur eine Möglichkeit, sie zum Schweigen zu bringen.«
Er nickte. »Du musstest sie umbringen.«
»Sie war bloß eine heimtückische Kriminelle, Myron. Herrgott noch mal, sie hat eine Bank ausgeraubt. Greg und ich ... das hat perfekt gepasst. Was meine Karriere als Reporterin angeht, hast du natürlich recht. Wir mussten die Beziehung geheim halten. Aber nicht mehr lange. Ich sollte ein anderes Themengebiet kriegen. Baseball. Die Mets oder die Yankees. Dann hätten wir offen damit umgehen können. Alles lief so gut, Myron, und dann kommt diese niederträchtige Schlampe daher ...« Ihre Stimme erstarb, und sie schüttelte heftig den Kopf. »Ich musste an unsere Zukunft denken«, sagte sie. »Nicht nur an Gregs. Nicht nur an meine. Auch an die des Babys.«
Myron schloss schmerzerfüllt die Augen. »Du bist schwanger«, sagte er leise.
»Verstehst du's jetzt?« Ihre kindliche Begeisterung war wieder da, wenn auch auf eine etwas verdrehte Weise. »Sie wollte ihn vernichten. Uns vernichten. Welche Wahl hätte ich denn gehabt? Ich bin keine Mörderin, aber es gab nur uns oder sie. Und ich weiß auch, wie das aussieht - Greg ist abgehauen und hat mir nichts davon gesagt. Aber so ist er nun mal. Wir sind schon seit mehr als sechs Monaten zusammen. Ich weiß, dass er mich liebt. Er braucht nur etwas Zeit für sich.«
Myron schluckte. »Es ist vorbei, Audrey.«
Sie schüttelte den Kopf und umklammerte die Pistole mit beiden Händen. »Tut mir leid, Myron. Ich will das wirklich nicht tun. Fast würde ich lieber selber sterben.«
»Das spielt keine Rolle.« Wieder trat Myron einen Schritt näher an sie heran. Sie wich zurück. Die Waffe zitterte in ihren Händen. »Es sind nur Platzpatronen«, sagte er.
Sie blinzelte verwirrt. Der Mann mit der Skimaske richtete sich auf wie Bela Lugosi in einem alten Draculafilm. Er nahm die Maske ab und wies seine Dienstmarke vor. »Polizei«, sagte Dimonte. Win und Krinsky kamen aus der Dunkelheit. Audreys Mund formte sich zu einem perfekten Kreis. Win hatte den falschen Erpresseranruf getätigt; Myron hatte sein Handy extra laut gestellt, damit Audrey alles mithören konnte. Der Rest war einfach gewesen.
Dimonte und Krinsky nahmen Audrey fest. Myron sah zu und spürte den Regen nicht länger. Als Audrey auf dem Rücksitz eines Polizeiwagens saß, ging er mit Win zu seinem Ford.
»Ihr Partner, dieser Superheld?«, sagte
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