Mystery Thriller Band 224
geben würde, darauf war Daphne nicht vorbereitet gewesen. Ebenso wenig wie darauf, dass sie sich gleich mit den zwei mächtigsten Männern im Ort würde anlegen müssen.
„Ich weiß, dass sich die meisten von euch fragen, was das eigentlich ist, was Daphne, Jack, ich und unsere zahlreichen Helfer bei Dedmon House eigentlich auf die Beine stellen. Es gibt viel Gerede, das ist mir klar. Eure Nachbarn tuscheln sicher hinter vorgehaltener Hand darüber, dass wir ein Haufen von Chaoten sind, die das alte Mädchenpensionat gekauft haben, um draußen im Wald irgendwelche seltsamen Rituale durchzuführen.“ Sie lächelte. „Aber ich versichere euch, dass dies nicht zutrifft. Und damit ihr auch nachvollziehen könnt, was wir tun, möchte ich euch ein bisschen was über das Liverollenspielen erzählen. Wir …“
„Ihr wollt uns also erzählen, dass es sich bei diesen so genannten Liverollenspielen um eine ganz harmlose Freizeitgestaltung handelt?“, hakte Jonas Dawson nach. Sein Lächeln war ein bisschen zu zuvorkommend, um echt zu sein. Daphne runzelte die Stirn. Worauf wollte er hinaus?
„Allerdings“, entgegnete sie mit fester Stimme. „Das will ich nicht nur behaupten, Mr Dawson, es ist auch so. Ich betreibe dieses Hobby nun schon seit einer ganzen Weile, und in all den Jahren ist bei keiner Veranstaltung, bei der ich gewesen bin, je etwas passiert.“
Zum ersten Mal meldete sich der Bürgermeister zu Wort. „Sie sagen also, dass es absolut sicher für die Eltern dieser Stadt ist, ihre Kinder zu Ihren Veranstaltungen – Sie nennen es, glaube ich, Conventions – zu schicken?““
„Natürlich. Wir legen allergrößten Wert auf Sicherheit.“
„Ach ja? Aber es trifft doch zu, dass es bei der Renovierung zu einem Zwischenfall gekommen ist, bei dem um ein Haar ein Mensch zu Schaden gekommen ist.“
Daphne holte tief Luft. Sie hatte schon damit gerechnet, dass jemand gerade dieses Thema ansprechen würde. „Sie spielen da auf eine Sache an, die auf jeder Baustelle der Welt passieren könnte. Ein Seil, das die Last eines zentnerschweren Kronleuchters nicht tragen konnte …“
„Na, na, junge Dame“, fiel der Bürgermeister ihr ins Wort. „Das sehen Sie meiner Meinung nach doch ein bisschen zu locker. So ein Zwischenfall hätte auch jederzeit während einer Ihrer Veranstaltungen passieren können. Es war pures Glück, dass niemand verletzt worden ist. Das ist es nicht gerade, was ich darunter verstehe, wenn jemand sagt, dass er großen Wert auf Sicherheit legt.“
Daphne war nicht gerade erfreut darüber, welchen Verlauf das Gespräch nahm. Es schien nicht so, als wären Dawson und Bürgermeister Cooper sonderlich daran interessiert, eine sachliche Unterhaltung zu führen. Sie wollten die Gelegenheit nutzen, um sie und ihr Team in schlechtes Licht zu rücken.
Doch Daphne war nicht bereit, sich kampflos geschlagen zu geben. „Wie schon gesagt: Dasselbe kann auf jeder Baustelle hier im Land passieren“, gab sie zu bedenken. „Selbstverständlich wird die gesamte Anlage noch einer genauen Überprüfung unterzogen, ehe wir tatsächlich eröffnen – ist doch Ehrensache.“
„Was immer Ehre auch in einem Metier wie eurem zu bedeuten hat“, höhnte Dawson. „Nach allem, was man so hört, seid ihr Rollenspieler doch ein ziemlich chaotischer Haufen.“
„Da sind Sie aber wirklich schlecht informiert“, entgegnete Daphne mit einem leisen Lachen. „An Rollenspielen nehmen Menschen aller Alters- und Gesellschaftsklassen teil. Es gibt sowohl Schüler und Studenten, als auch Anwälte, Sekretärinnen und Uniprofessoren. In der Regel sind auch ein oder zwei Polizisten dabei, sodass man kaum behaupten kann, dass auf unseren Veranstaltungen schon per se Ruhe und Ordnung herrscht.“
Man konnte richtig mit ansehen, wie die Aufmerksamkeit des Publikums zwischen Daphne, dem Bürgermeister und Jonas Dawson hin und her wechselte. Dasselbe geschah leider auch mit den Sympathien. Während einige Leute angesichts der von Daphne vorgebrachten Argumente zunächst zustimmend nickten, reichte ein fieser Kommentar eines ihrer Kontrahenten, um die Stimmung wieder umschlagen zu lassen.
Doch wenigstens hörte man ihr zu – und das war doch schon mal ein Fortschritt. Alle Anwesenden würden am Ende der Veranstaltung mit nach Hause nehmen, dass Liverollenspieler eben keine aufbrausenden und zügellosen Chaoten waren, die das Stadtbild gefährden würden, sondern ganz normale Menschen. Und mit ein bisschen Glück
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