Mystery Thriller Band 224
würden sie genau diesen Eindruck an ihre Familie, ihre Freunde und Bekannten weitergeben, sodass das Bild von einer randalierenden Horde hoffentlich schon bald aus allen Köpfen verschwand.
„Aber es stimmt doch, dass die Spieler, die an diesen Conventions teilnehmen, Waffen tragen, oder nicht?“, fragte der Bürgermeister.
Ein Raunen ging durch den Schankraum. Zwar hatte der eine oder andere schon mal davon gehört, wie es auf einer LARP-Convention zuging – oder besser angeblich zuging –, doch das meiste war ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Ein weiterer Grund, warum diese Infoveranstaltung so wichtig war.
„Wenn Sie Schwerter und Äxte aus Fiberglas oder Schaumstoff und Polsterpfeile so bezeichnen wollen“, entgegnete Daphne gelassen, „dann kann ich Ihre Frage nur bejahen.“ Sie seufzte. „Wie ich Ihnen schon sagte, wird bei uns größter Wert auf Sicherheit gelegt. Das Ganze ist ein Spiel, verstehen Sie? Niemand, der daran teilnimmt, möchte eine Verletzung riskieren. Zusätzlich werden alle Waffenattrappen noch einer genauen Überprüfung unterzogen, ehe der Startschuss fällt.“
„Da ist die Gefahr größer, dass sich jemand auf einem deiner klapprigen Fahrgeschäfte verletzt, Jonas Dawson“, meldete sich eine ältere Dame aus dem Publikum zu Wort und erntete dafür ein paar Lacher. „Gab es da nicht neulich erst einen Zwischenfall in der Geisterbahn …?“
Daphne jubelte innerlich. Sie hatte diesen Punkt nicht vorbringen wollen, denn es war schlechter Stil, seinen Gegner verbal mit Dreck zu bewerfen. Und nur weil Dawson und Bürgermeister Cooper das taten, musste sie sich noch lange nicht auf deren Niveau hinabbegeben. Dass der Einwand jetzt aus dem Zuschauerraum kam, machte es ungleich wirkungsvoller.
Das begriff auch Jonas Dawson, der seine Wut ganz offensichtlich nur mühsam im Zaum hielt. „Das Pirates Adventureland steht hier nicht zur Debatte“, entgegnete er steif.
„Nun, vielleicht sollte es das aber“, gab die ältere Dame zu bedenken. „Immerhin wollen du und der Bürgermeister uns doch weismachen, dass euch die Sicherheit und das Wohl unserer Jugend am Herzen liegen. Ich finde, man sollte lieber erst einmal vor seiner eigenen Haustür kehren, ehe man anfängt, andere Leute mit Schmutz zu bewerfen.“
Dafür gab es verhaltenen Applaus, und es folgten auch endlich ein paar Fragen aus dem Publikum, die weiter vom Thema Kronleuchter wegführten.
„Es nehmen also ganz normale Leute an euren Veranstaltungen teil“, meldete sich Mrs Devereaux, die Postbotin von Dedmon’s Landing, zu Wort. „Wie muss ich mir das vorstellen? Kommt der Banker wirklich in Anzug und Krawatte zu euch und schlüpft dann in einer Umkleidekabine in das Kostüm eines wilden Kriegers?“
„So ungefähr spielt es sich in der Regel ab“, bestätigte Daphne. „Es gibt natürlich auch Rollenspiele, bei denen die Mitspieler um einen Tisch herumsitzen, und bei denen sich alles in der Fantasie jedes Einzelnen abspielt. Wir gehen einfach einen Schritt weiter und schaffen uns mit Kostümen und Kulissen eine eigene Welt, in die man für ein paar Stunden abtauchen und den Alltag vergessen kann.“ Sie lächelte. „Sie glauben ja nicht, wie ungemein entspannend das manchmal sein kann. Ich …“
Sie wollte noch weitererzählen, brach aber ab, als die Tür des Burger Shack aufgestoßen wurde und ein halbes Dutzend zotteliger, in verfilztes, schmutziges Fell gehüllte Gestalten in das Diner drängten.
Im nächsten Moment brach das Chaos aus.
6. KAPITEL
Daphne wusste nicht, wie ihr geschah, als die Neuankömmlingen, die Gummimasken trugen, lautstark anfingen, die Besucher anzupöbeln. Sie kippten Stühle um und brüllten Beleidigungen. Einen Mann, der aufstand, um für Ruhe zu sorgen, stießen sie brutal zu Boden.
„Aufhören!“, schrie Daphne, die absolut keine Ahnung hatte, was hier vor sich ging. „Sofort aufhören!“ Ihre Gedanken rasten. Wer waren diese Leute? Und was wollten sie hier? Und warum trugen sie die Ork-Kostüme, die Daphne bei einer Schneiderin hier im Ort in Auftrag gegeben hatte, und mit denen sie ihren Fundus für die NSCs – die Nichtspielercharaktere – aufrüsten wollte?
Louis drängte sich an ihr vorbei und sprang von der Bühne. Kurz danach folgte ihm Jack. Gemeinsam versuchten sie, die Störenfriede aus dem Diner zu befördern, während die ersten Gäste bereits die Flucht ergriffen. Doch zu zweit hatten sie kaum eine Chance, sodass bald auch Daphne und die
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