Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)
ich.
Turk schüttelt den Kopf. »Du hast dich in ziemliche Schwierigkeiten gebracht, Aria. Du hältst dich nicht an Regeln, was ich okay finde, aber ich will nicht die Verantwortung dafür tragen, wenn du gekidnappt wirst – oder dir noch Schlimmeres zustößt. Tut mir leid.«
Er lächelt zaghaft, dreht sich um und geht hinaus.
Turk ist nicht schuld, tief in meinem Inneren weiß ich das. Und wahrscheinlich ist er auch gar nicht sauer auf mich wegen des verunglückten Kusses. Wahrscheinlich hat er einfach nur Mitleid mit mir. Obwohl ich das alles weiß, bin ich sauer auf ihn. Weil es leichter ist, sauer auf ihn zu sein.
»Gut!«, schreie ich. »Dann hau doch ab!« Ich knalle die Tür zu. Hoffentlich fühlt er sich scheußlich.
Was mache ich jetzt? Warte ich, bis Hunter zurückkommt und sich gnädig dazu herablässt, nicht mehr wütend auf mich zu sein? Ob er mich überhaupt hinauslassen wird, nachdem ich jetzt über die Bombe Bescheid weiß? Unwahrscheinlich.
Es kommt mir so unwirklich vor, dass ausgerechnet Hunter, der derjenige gewesen war, der mich befreit und vor meinen Eltern gerettet hat, mich nun einsperrt. Erst auf der Farm und jetzt hier.
Er ist nicht mehr der Junge, in den ich mich verliebt habe. Und ich bin nicht mehr das Mädchen, in das er sich verliebt hat. Haben wir uns nicht längst viel zu weit voneinander entfernt, um noch ein Paar zu sein? Vielleicht war unsere Liebe ja einfach nicht dazu bestimmt, ein Leben lang zu halten.
In diesem Augenblick schiebt sich ein Kopf durch das offene Fenster.
Jarek. Seine breiten Schultern füllen den Rahmen aus.
»Pst!« Er legt den Zeigefinger an die Lippen. »Ich kann dir helfen.«
16
Ich habe keine Ahnung, warum Jarek mir helfen will, aber ich werde ihn auch nicht fragen. Nicht, dass er es sich am Ende noch anders überlegt.
Er umfasst die Fensterkante und zieht sich vorsichtig ins Zimmer, darauf bedacht, keine Geräusche zu machen. Niemand darf wissen, was wir vorhaben.
Ich nehme mein Medaillon ab und stecke es in die Tasche eines alten Sweatshirts, das im Schrank liegt. Da man den Unterschlupf der Rebellen nicht aufspüren kann, lasse ich es hier. Wer immer mir den Sender angehängt hat, wird so nicht merken, dass ich unterwegs bin.
Da es sich bei dem Betreffenden vermutlich um Hunter handelt, wird er glauben, ich wäre noch im Haus. Er wird glauben, sein hübsches Vögelchen säße brav im Käfig.
»Aria, beeil dich!«, sagt Jarek nervös. »Wir müssen los.«
Ich ziehe die Tasche unterm Bett hervor, hole die blonde Perücke heraus und setze sie auf. Dann stecke ich noch einen Beutel mit Münzen ein und bin bereit zum Aufbruch.
»Wow!« Jarek stößt einen Pfiff aus. »Du siehst …«
»… komisch aus«, ergänze ich und mustere im Spiegel das Mädchen mit meinem Gesicht und den platinblonden Haaren. Sofort muss ich an meine Mutter und ihre Freundinnen denken, für die es nichts Schöneres gibt, als sich beim Friseur die Haare mit mystischen Farben färben und anschließend zu skulpturartigen Gebilden auftürmen zu lassen.
Ich habe nie viel Aufhebens um mein Äußeres gemacht. Ich könne mich sehen lassen, hat mir mein Vater bei meiner Verlobung gesagt. Kiki dagegen liebt mystische Haut- und Haarbehandlungen, und sie könnte Tausende von Dollar für ein Outfit ausgeben. Einmal wollte sie mich überreden, mir das Haar mystisch färben zu lassen, aber ich wollte nicht. Wir haben uns gestritten und drei Tage lang nicht miteinander geredet.
»›Abgefahren‹ wollte ich sagen«, verbessert mich Jarek.
Ich sehe wieder in den Spiegel. Warum habe ich mir keine unauffälligere Perücke ausgesucht?
»Fertig?«, fragt Jarek. »Wir müssen los, bevor irgendwer auf die Idee kommt, nach uns zu suchen. Die anderen sind duschen oder trainieren, und Diamond und Roderick sind unterwegs. Heißt, wir haben freie Bahn.«
»Wer sind Diamond und Roderick?«, frage ich.
»Na diese älteren Typen, die nie mit uns sprechen.«
Ach, die . Hunters Gefolgsleute. »Und wohin geht’s? Die Fenster und Türen sind mit Schleifen versehen. Zumindest behauptet Turk das.«
»Im ganzen Haus, ja«, sagt Jarek. »Und aufs Dach zu gehen, hat auch keinen Zweck, weil uns das Kraftfeld von der Außenwelt abschirmt. Das hat Hunter garantiert auch gesichert, damit du nicht runterspringst oder so.«
Verwirrt blicke ich Jarek an.
»Fragst du dich gerade, warum ich dir helfen will?«
»Ja, genau das habe ich mich gerade gefragt.«
Er seufzt tief. »Hunter hat sich nicht
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