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Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)

Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)

Titel: Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Lawrence
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keine Gefahr lauern.
    »Kommst du mit?«
    Er schüttelt den Kopf. »Ich werde versuchen, die anderen aufzuhalten, wenn sie merken, dass du nicht mehr da bist. Aber viel Zeit werde ich nicht rausschlagen können.«
    »Okay«, sage ich. »Danke.«
    Ich nehme die Perücke ab und stopfe sie in die Tasche. Dann hole ich die Schwimmbrille heraus und setze sie auf.
    Jarek drückt meine Hand. »Überleg nicht zu lange, sonst ziehst du noch den Schwanz ein.«
    »Keine Sorge.«
    »Dann spring«, sagt er.
    Also springe ich.
    Das Wasser ist überraschend warm, wie Badewasser. Als ich nach unten tauche, sehe ich das Schlupfloch vor mir, einen leuchtend grünen Kreis in der trüben Dunkelheit. Ich strampele kräftig mit den Beinen, dass das Wasser nur so sprudelt, strecke mich – und tauche luftschnappend auf.
    Ich werfe den Kopf in den Nacken, spüre Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht und die vertraute, drückende Hitze.
    Ich öffne die Augen und sehe mich um. Ich bin mitten in der Tiefe in einem Kanal.
    »Guck mal, Mama!«, sagt ein Mädchen in einer Gondel zu seiner Mutter. »Da drüben schwimmt jemand!«
    Ich strampele mit den Beinen, spucke braune Brühe aus und reibe mir die Augen.
    »Raus da!«, schreit mich ein Gondoliere an. Dann sehe ich auch die anderen Gondolieri in ihren Booten. Sie rufen mir etwas zu und fuchteln mit den Händen, Zigarettenrauch steigt in kleinen Kringeln auf. »Was machst du denn da, Mädchen?«
    Der Kanal liegt an einer belebten Straße, auf der Menschen hin und her eilen. Die Gebäude sind schmutzig, sehen aber unversehrt aus. Wo bin ich?
    Ein Stück weiter sitzen zwei Kinder am Ufer und lassen die Füße ins Wasser baumeln. Ich schwimme zu ihnen, wobei ich den schnellen Gondeln und Wassertaxis ausweichen muss.
    »Warum bist du so nass?«, fragt mich der kleine Junge, als ich mich ihnen nähere.
    »Na, weil sie im Wasser ist, du Doofi«, sagt das Mädchen neben ihm. Ihm fehlen die vorderen Milchzähne. Beide Kinder tragen schmutzige Kleidung, zerrissene T-Shirts, Hosen mit Löchern und Flecken. Ihre Gesichter sind verschmiert, und sie haben beide die gleichen schokobraunen Augen. »Wir dürfen nicht im Kanal schwimmen. Weiß doch jeder.«
    »Könnt ihr mir vielleicht raushelfen?«, frage ich.
    Aufgeregt nicken sie. Ich ziehe mich an der Kante hoch, und die Kinder helfen mir aus dem Wasser.
    Auf dem Pflaster bleibe ich liegen und atme tief durch. Der Junge und das Mädchen stehen neben mir und starren mich von oben an. Die Sonne ist hinter ihren Köpfen verschwunden und eine Sekunde lang fühlt sich die Welt kühler an. Ich schließe die Augen.
    »Bist du tot?«, fragt der kleine Junge.
    »Natürlich ist sie nicht tot«, sagt das Mädchen. »Sie atmet ja noch.«
    »Finde ich nicht«, widerspricht der Junge. »Kein bisschen.«
    Ich öffne die Augen wieder. Der Junge schreit.
    »Ich lebe noch«, sage ich und setze mich auf. »Mach dir keine Sorgen.«
    Das Mädchen tätschelt seine Schulter. »Er hat immer Angst.«
    »Gar nicht wahr!«, kreischt der Junge.
    Die beiden sind süß. Kurz denke ich an Kyle und mich, als wir Kinder waren. »Vielen Dank für eure Hilfe«, sage ich und hole die Perücke aus der Tasche. Sie ist feucht, aber nicht durchnässt. Nachdem ich die Schwimmbrille abgenommen habe, setze ich mir die Perücke wieder auf.
    »Das sieht ja cool aus«, sagt das kleine Mädchen. »Danke«, erwidere ich. »Kannst du mir sagen, wo ich bin?«
    »West Side«, erklärt das Mädchen. »Die Houston Street ist gar nicht weit.«
    Ich bedanke mich nochmals und wundere mich, wie weit ich durch das Schlupfloch nach Süden gelangt bin. »Ihr beiden passt gut auf euch auf, ja?«
    Die Kinder nicken artig.
    Ich stehe auf und wische mir die Hände an der Hose ab. So wie die Sonne brennt, dürfte sie bald wieder trocken sein.
    Während ich mich vom Kanal entferne, starren mir die Gondolieri hinterher. Als ich die Schwimmbrille in die Tasche stecke, überprüfe ich, ob das Reliquiar und der Beutel mit den Münzen noch drin sind. Sind sie. Meine nassen Sneakers schmatzen bei jedem Schritt. Glücklicherweise scheint sich hier niemand sonderlich für pitschnasse, platinblonde Mädchen zu interessieren, die über das kaputte Pflaster stolpern.
    Als ich den Ausgang des Schlupflochs weit hinter mir gelassen habe und kreuz und quer durch die Straßen gelaufen bin, sehe ich den nächsten Kanal und halte darauf zu. Jetzt muss ich nur noch jemanden finden, der mir helfen kann, Davidas Herz aufzuspüren.

17
    Ich hetze

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